Alice' Geschichte Teil 3

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Ich trug meine Haare extra hochgesteckt, weil ich es so wollte. Warum sollte ich FP auch seinen Willen geben?
Ich fuhr um 13 Uhr los Richtung Pop's, ich wollte als Entschädigung zumindest etwas früher da sein, um ihm doch noch beim Aufbau zu helfen.
Als ich ankam, fiel mir auf, dass meine Hilfe längst nicht mehr nötig war.
„Alice, da bist du ja wieder. Etwas früh, nicht wahr?" Pop legte sich gerade eine frisch gewaschene Schürze um.
Verwirrt betrachtete ich das Diner. Alles war sauber und klassisch für den 4. Juli dekoriert, die Torten und Cupcakes und alles weitere standen auch schon bereit.
„Ich habe netterweise etwas Hilfe bekommen. Von diesem jungen Mann hier." Pop's deutete auf die große, schlanke Gestalt, die gerade hinter dem Tresen hervorkam.
„FP?", fragte ich eher säuerlich, statt überrascht.
„Ach, ihr zwei kennt euch?", stellte Pop fest und sah zwischen uns beiden her.
Bevor ich antworten konnte, begann FP auch schon zu reden. „Aber natürlich, es ist mir ein Privileg, die schöne Alice Smith zu kennen, gut zu kennen, wenn ich das hinzufügen darf."
Er zwinkerte mir zu.
Ich wusste, was FP da versuchte, schließlich war ich nicht dumm. Er war eben provokant, manchmal sogar gehässig. Er wollte mich unwohl fühlen lassen, aber ich würde ihm diese Chance nicht geben.
„Ja, wir kennen uns", gab ich nun auch zu. „Von der Schule, dort sehen wir uns manchmal, aber wir haben keine Kurse zusammen."
Ich starrte zurück in seine grauen Augen, die nun etwas irritiert dreinblickten. Damit hatte er nicht gerechnet.
Pop merkte die knisternde Stimmung zwischen uns nicht und verschanzte sich in dem Kühlraum, um die weiteren Gebäcke zu holen.
Sobald Pop die Tür hinter sich geschlossen hatte, kam FP auf mich zu. Ohne Vorwarnung legte er die Hände um meine Hüften und zog mich an sich.
Bevor jedoch irgendwas zwischen uns passieren konnte, stieß ich ihn brutal weg.
„Lass das!"
„Was meinst du?", fragt er gespielt neckisch.
Genervt verdrehte ich die Augen und wischte mir mein Oberteil glatt. „Das weißt du ganz genau, FP."
Sein rechter Mundwinkel zuckte. Er versuchte zwar sein Lachen zu unterdrücken, indem er seinen Kiefer anspannte, aber ich konnte ihm ansehen, wie sehr ihn meine Wut amüsierte.
„Ach, jetzt sei doch nicht so prüde, Alice", sagte er bloß. „Heute morgen hat es dir noch gefallen."
Mir platzte eindeutig der Kragen. „Woher willst du das wissen, FP? Weil sonst immer alle Mädchen auf dich abfahren?".
Ich kam einen Schritt näher und funkelte ihn böse an. „Da hast du dich bei mir geschnitten", fauchte ich. „Ich bin nicht wie die anderen. Ich halte nichts von dir, zumindest nichts gutes. Du bist Southside-Müll, weiter nichts."
Er starrte mich ausdruckslos an, nicht mal mit der Wimper zuckte er.
Trafen ihn meine Worte gar nicht?
„Gut, sonst noch was? Außer Southside-Müll fällt dir nichts ein? Schwache Leistung, Alice."
Seine Stimme war zu einem leisen Zischen geworden. Er blickte sich um, die Luft war rein, Pop war noch im Kühlraum.
Ich atmete flach ein und aus, mein Herz raste.
Was würde er jetzt tun?
„Hier", sagte er und hielt mir zwei Karten hin, die er mir unfreundlich in die Hand drückte.
Dann stieß er mich leicht zur Seite, zeigte mir die kalte Schulter und verließ das Diner.
Erst als die Tür zu fiel, schaute ich, was genau er mir so eben in die Hand gedrückt hatte.
Es waren zwei Kinokarten für das Autokino in Riverdale. Mit passendem Gutschein für eine Tüte Popcorn und ein Getränk der Wahl.
Es dauerte eine Weil, bis ich endlich verstand.
Wollte FP mich etwa um ein Date bitten?
Und ich war so abweisend und kalt zu ihm gewesen, hatte ihn aufgrund seiner Herkunft beleidigt.
Aus dem Fenster sah ich, wie er sein rostiges Motorrad startete.
Jetzt war es zu spät.
„Was? Wo ist er denn hin? Der gute Kerl, ich wollte ihm doch noch einen Lohn tun Danke geben."
Pop hielt einen Zehn Dollarschein in der Hand und sah dem aufbrausenden Motorrad traurig hinterher.
Jetzt handelte ich schnell, vielleicht zu schnell.
„Ich bring es ihm", sagte ich und griff nach meinen Autoschlüsseln.
„Das würdest du machen, echt?", fragte Pop überrascht, aber dankbar.
Ich nickte hastig. „Klar. Natürlich nur, wenn du mir vertraust."
Sofort willigte Pop ein. „Aber sicher doch, Alice. Du bist das vertrauenswürdigste und gescheiteste Mädchen aus ganz Riverdale." Er gab mir den Geldschein. „Hier, fahr vorsichtig und sei pünktlich zurück. Und bring deinen neuen Freund doch gleich mit, wenn er Zeit hat. Vielleicht biete ich ihm hier sogar eine Stelle an, dann musst du nicht ganz so viel arbeiten. Er scheint doch ein guter Junge zu sein, nicht wahr?"
Vor Aufregung stieß m ihr die Rote ins Gesicht. „Ja", stimmte ich zu. „Ja, so scheint es. Ich werde es ihm ausrichten."

Ich fuhr schneller als es für mein altes Auto ich gut war..
Ich hatte nicht mal die geringste Ahnung, wo FP wohnte. Klar, auf der Southside, aber eigentlich kenne ich nur den Wohnwagenpark direkt an der Grenze zur Southside.
Ich hoffte, dass ich zumindest irgendwo sein Motorrad finden würde, so groß ist die Southside ja gar nicht, sie grenzt gleich an den Nachbarort von Riverdale: Greendale.
Ich fuhr an einer Bar vorbei, die ziemlich schäbig aussah. FP's Motorrad sah ich nicht, was mich ziemlich beruhigt, da er ja noch nicht einmal 18 war.
Als der Trailerpark in Sicht kam, merkte ich, wie ich immer nervöser werde.
Ich parkte mein Auto ein paar Meter vor dem Eingang und schloss es ab.
Gleich am Tor, das zum Park führt, standen zwei Männer mittleren Alters, tätowiert bis zum Hals und Lederjacken mit Schlangenlogo.
„Na, Kleine, was machst du denn hier?",rief mir der Eine zu, er ist klein und dick mit Vollbart.
„Haste dich verlaufen, Süße?", rief mir der Größere zu, er hat langes blondes Haar, das im Nacken zu einem verfilzten Zopf zusammengebunden war.
„Endlich mal wieder Frischfleisch in der Umgebung", murmelt der Dicke und spuckt auf den Boden. „Findest du nicht auch, Tallboy?"
Der Blonde, der seinen Namen alle Ehre macht, lacht hässlich. „Oh ja, hübsch, blond und kompakt. Ein Engel, der die Hölle betritt."
Er zeigte auf das Schild über dem Holztor, auf dem „Sunnyside-Trailerpark" in verschmiertem Graffiti draufgeht.
„Wen suchste, Kleine?", fragte Tallboy jetzt und starrt mich mit verengten Augen an. „Oder eher gesagt: was suchste?"
Ich räusperte mich und versuchte meine Stimme wieder zu finden. „FP Jones", sagte ich laut.
Die zwei Männer tauschten einen gewissen Blick aus.
Dann fragte der Dicke: „Den Ersten oder den Zweiten?"
„Den Zweiten", entgegnete ich.
Tallboy seufzte, dann zündete er sich eine Zigarette an und nickte mir zu.
„Na, dann komm mal mit."

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