| 50. Kapitel |

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Ich merkte, wie mich jemand aufgerichtet hatte und mir anschließend etwas über den Kopf streifte. Erschrocken öffnete ich meine Augen, erkannte kurz darauf jedoch Fred, wie er mir hoch konzentriert versuchte einen Pullover über den Kopf zu ziehen, und sich bei diesem Versuch fast die Zunge abbiss. „Was machst du da?", fragte ich ihn belustigt und streifte mir selbst den grünen Pullover mit dem großen F darauf über. „Du hast gefroren", sagte er nur und drückte mir einen sanften Kuss auf die Nasenspitze. Ich lächelte. „Danke", murmelte ich und lächelte ihn schüchtern an. Er hatte sich nach unserer Nacht schon wieder etwas übergezogen, und durch einen prüfenden Blick durch das Fenster erkannte ich, dass die Sonne schon aufgegangen war. „Ja, du hast seit langem Mal wieder eine Nacht durchgeschlafen", sagte er und verschränkte unsere Finger ineinander. Ich schluckte schwer und sah auf unsere Finger.

Für eine kurze Weile herrschte Stille zwischen uns, doch dann nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte: „Versprichst du mir, dass du immer für mich da bist? Egal was ich dir jetzt erzählen werde?" Fred runzelte verwirrt seine Stirn. „Kate bei Merlin, wie kommst du darauf, dass ich dich im Stich lassen sollte?", fragte er. „Weil ich dir jetzt sagen werde, was an Weihnachten und davor passiert ist", hauchte ich und versuchte die Reaktion, in seinem Gesicht ablesen zu können. Doch Fred drückte nur meine Hand und strich mir über den Handrücken. „Kate, ich verspreche dir immer für dich da zu sein, egal was, sein sollte und egal was du mir jetzt erzählst. Aber bitte nur, wenn du dich dazu bereit fühlst", sagte er und brachte mich dazu, dass sich wieder Tränen in meinen Augen bildeten. Ich hatte Fred nicht verdient.

Ich holte tief Luft und fing an zu erzählen. Ich sagte ihm, wie mein Vater tatsächlich gestorben war. Sagte ihn, dass es ein Typ gewesen war, den er eigentlich hatte verklagen wollen, der jedoch schlimmeres Verhindern hatte wollen. Ich sagte ihm, was ich bei der ersten Ordenssitzung beschlossen hatte und wie ich auf das Angebot von Lucius Malfoy eingegangen war. Erzählte ihm von den Okklumentik Stunden, die ich bei Snape nehmen musste und wie ich anschließend als ordentliches Mitglied im Orden des Phönix und bei den Todessern aufgenommen worden war. Versuchte ihm klar zu machen, dass ich all das nur gemacht hatte, weil ich seine Familie und Potter schützen wollte. Dass ich Umbridge des Öfteren in ihren Nachsitzstunden beleidigt hatte und nicht klein beigeben wollte. Ich erklärte ihm, wie Sirius gestorben war und wovon meine Träume handelten. Dass es Flashbacks zu den vergangenen Situationen waren und dass ich mich nicht mehr traute einzuschlafen. Es könnte jemand kommen und uns umbringen. Ich sagte ihm, wie ich immer häufiger das Gefühl hatte, dass der dunkle Lord mehr als nur eine treue Dienerin in mir sah, und schließlich, wie er mich an Weihnachten vergewaltigt hatte und mehr als nur einmal die Unverzeihlichen Flüche an mir angewandt hatte. Letzten Endes erläuterte ich ihm die Umstände, wie Dumbledore ermorden worden wurde. Dass die Gerüchte stimmten, die Potter in die Welt gesetzt hatte, dass ich Narzissa versprochen hatte, auf ihren Sohn aufzupassen und ihm gegebenenfalls zu helfen, dies jedoch Severus übernommen hatte.

Salzige Tränen hatten sich nach und nach in meinen Augen gebildet und waren anschließend ihre Wege über meine Wangen hinunter auf das Bettlaken gegangen. Freds Hände hatten sich irgendwann von meinen gelöst, um sich verzweifelt durch die Haare zu raufen. Da waren alle Dämme in mir gebrochen. Ich wusste, dass ich ihn enttäuscht hatte, dass ich ihm einen letzten Stich verpasst hatte, ehe sein Herz in tausend Teile zersprungen war. Ich wusste, dass er mir ab diesem Moment nie mehr voll vertrauen können würde. Dass er alle Hoffnung für mich verloren hatte. Und bei Merlin, ich konnte ihn verstehen. Selbst ich würde nichts mit einer solchen von Grund auf Bösen Person zutun haben wollen. Fred war ein Reinblüter, ein Blutsverräter, wenn man ihn so nennen wollte, und doch hatte er den Mut dazu, sich gegen all das Böse in der Welt zu stellen. Doch ich war in Ravenclaw gelandet. Ich wusste, wann ich verloren hatte. Und ich überlegte mir lieber vorher, ob es mir Wert war zu kämpfen. War es die Schmerzen tatsächlich Wert, abschließend in einem Haufen voller Scherben zu liegen und sich selbst zu bemitleiden? Ich heulte Rotz und Wasser und konnte teilweise selbst nicht fassen, was ich getan hatte.

Doch irgendwann rückte er zu mir her und umarmte mich. Beruhigend strich er mir über den Rücken und wog mich sanft hin und her, so wie es mein Vater, als ich noch klein gewesen war, immer wieder getan hatte. Nur langsam versiegten meine Tränen, und es fühlte sich so an, als würden all diese kleinen Päckchen von meinen Schultern genommen werden. Es fühlte sich gut an, dass Fred nun alles wusste und es nichts mehr gab, dass ich ihm verheimlichte. Als ich aufgehört hatte zu weinen, rückte er eine Armlänge von mir ab und hielt mich an meinen Ellenbogen fest. Mit geröteten Augen sah ich zu ihm auf. Er musterte mein Gesicht, ehe er dies mit seinen großen Händen umschloss. „Danke", flüsterte er, als er seine Stirn gegen meine lehnte und ausatmete. „Wofür?", fragte ich stockend. „Der Schmerz ist weg. Jetzt, da du mir alles erzählt hast, weiß ich, was du für mich und meine Familie getan hast. Das hätte sonst niemand getan. Ich danke dir. Für alles", murmelte er und zog mich zu sich auf den Schoß.

„Das ist doch selbstverständlich, oder?", fragte ich und schlang meine Arme um seinen Oberkörper. „Nein überhaupt nicht. Und noch mal, ich verspreche dir, immer für dich da zu sein. Egal, wie viele Menschen noch meinen, dich zu verletzen und dir wehzutun. Hauptsache, das bin nicht ich", ich lächelte, als er dies sagte. Ich blickte ihm in die Augen und schüttelte ungläubig meinen Kopf. Was hatte ich nur getan, damit ich einen Menschen wie diesen verdient hatte. „Du siehst aber traurig aus", meinte ich und fuhr ihm über seine von mir nass geweinte Schulter. „Ich bin nicht traurig. Ich bin nur verdammt hungrig", protestierte er und grinste mich frech an. „Wird wohl Zeit, dass wir in den Fuchsbau gehen. Sonst verpassen wir wohl noch Mollys ausgewogenes Frühstück", sagte ich und streckte mich. „Frühstück? Meine liebe es ist schon nach Mittag", erwiderte Fred nur und deutete auf die Uhr, die neben der Tür hing. Es war vierzehn Uhr nachmittags.

„Bei Merlin, warum hast du mich nicht geweckt? Oder dir selbst etwas zum Essen gemacht?", fragte ich und stieg langsam aus dem Bett. „Wieso? Dir hat es doch gutgetan, mal wieder zu schlafen. Außerdem habe ich meinen Hunger letzte Nacht schon gestillt", meinte er und grinste feixend. „Oh, du fieser", sagte ich und grinste ihn an. Wir wussten beide, wovon er sprach. „Komm. Molly macht sich bestimmt schon Sorgen", sagte ich, als ich mir eine frische Unterhose und anschließend Hose überstreifte. Den Koffer, den ich für Bill und Fleurs Hochzeit benötigen würde, hatte ich gestern Nachmittag schon fertig gepackt. „Keine Sorge, wir haben Zeit. George hat uns abgemeldet und gesagt, dass es wohl länger dauern könnte", er lächelte dreckig, als er auf mich zuging und mich in eine Umarmung drückte. Ich grinste ihn ungläubig an. „Fred", meinte ich nur leise und legte meine beiden Hände auf seine Brust. Betreten sah ich zu Boden. Im Moment hatte ich ihm gerade die schlimmsten Ereignisse meines Lebens gebeichtet, und er konnte einfach so darüber hinwegsehen? Bei Merlin, da würde sicherlich Dumbledore sich noch im Grab umdrehen. 

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt