| 27. Kapitel |

571 26 3
                                    

Achtlos hatte ich einfach meinen Zauberstab liegen gelassen und hatte mich stattdessen darauf konzentriert, nicht sofort in Tränen auszubrechen. Ich sprintete einige Flure entlang, ehe ich mit einem dumpfen Aufprall gegen eine Person stolperte und rücklings auf den Boden flog. Verschreck sah ich auf und erkannte einen Blondschopf im Slytherinumhang. Draco Malfoy sah mich erschrocken an, reichte mir dann jedoch die Hand um mir aufzuhelfen. Ich bedankte mich bei ihm und rappelte mich mit einer Hilfe auf. Stumm sahen wir uns an, ehe ich mich mit einem Nicken von ihm verabschiedete und mich auf den Weg zur Eulerei machte.

Draußen regnete es in Strömen, weshalb ich mir meine Kapuze überzog und durch einige Matschpfützen sprang. Durchnässt kam ich in dem Turm an und stürzte die Treppen hoch. Meine Augen suchten nach Clarke, die auch tatsächlich in ihrem Nest saß und sich gerade ihr Gefieder putzte. Ich trat zu ihr und strich ihr über ihre weichen Federn. Fragend legte sie ihren Kopf schief und musterte mich, dann schmiegte sie ihren Kopf gegen meinen Hals und ich schniefte auf. Langsam gaben meine Knie unter mir nach, weshalb ich mich an einer Säule hinunterrutschen ließ. Salzige Tränen traten mir in die Augen und ich schluckte schwer. Ich hatte mich immer gefreut, als ich an meinem Vater gedacht hatte, doch jetzt, da ich wusste, dass er wohl nie wieder zurück kehren würde und sich an dieser Tatsache auch nichts ändern würde, war es, als würde man mich mit einem Eimer eiskaltem Wasser übergießen.

"Kate?", ertönte es da plötzlich und erschrocken zuckte ich zusammen. Fred trat um die Treppe herum und setzte sich sofort neben mich um mich in den Arm zu nehmen, als er sah, dass ich geweint hatte. "Was ist denn passiert?", murmelte er in meine Haare hinein, und überreichte mir meinen Zauberstab. "Hier, den hast du liegen lassen", sagte er und strich mir durch mein nasses Haar. Ich klammerte mich an seine starke Brust und zog ihn fest an mich. Tränen stürzten mir in Bächen die Wangen hinunter und ich bekam kaum noch Lust, so sehr schluchzte ich. "I-Ich kann-n keinen Patronus m-mehr!", brachte ich nach geschlagenen gefühlten Stunden heraus und zog mich etwas zurück. Fred hatte sich neben mich gesetzt und mir nach und nach ein Taschentuch gegeben. Er wandte seinen Kopf fragend zu mir und strich mir eine festgeklebte Haarsträhne aus dem Gesicht. Liebevoll drückte er mir einen Kuss auf die Stirn und sagte: "Nein, sag soetwas nicht. Ich habe meine Eltern mal von etwas reden hören. Es kommt selten vor, dass sich die Form eines Patronus verändert. Hast du es vielleicht schon damit probiert eine andere Erinnerung herzunehmen?" Traurig zuckte ich mit den Schultern und sagte: "Ja, ich weiß auch nicht. Jedes Mal wenn ich an meinen Vater denke, da ... da bin ich einfach nur noch traurig. Es fühlt sich so an, als würde ich keine Luft mehr bekommen und alles würde sich in mir zusammen ziehen. Ich vermisse ihn einfach so sehr Fred!"

Federleicht legte er seine Arme um mich und drückte mich sanft in eine Umarmung. Clarke ließ einen kleinen Schrei aus, flatterte dann jedoch zu uns hinunter auf den Boden und rieb aufmunternd ihren Kopf an mein Bein. Ich lächelte traurig und strich erst Clarke und anschließend Fred durch die Haare beziehungsweise Federn. Clarke war befriedigt und flog aus dem kleinen Loch zum Turm hinaus, während Fred mit seinen großen Händen einfach nur mein Gesicht umfasste und mir einen langen Kuss gab. Ich entspannte mich ein wenig und rückte ein Stück zu ihm heran, ehe ich meine Arme um ihn schlang und den Kuss erwidere. Nach viel zu kurzer Zeit zog Fred seinen Kopf jedoch zurück und musterte mich fragend. "Vielleicht solltest du mit Professor McGonagall oder Professor Flitwick sprechen. Die kennen sich bestimmt mit soetwas aus", schlug er vor und ich nickte zustimmend. Ich wischte mir die letzten Tränen aus den Augenwinkeln und lächelte anschließend tapfer. "Vielleicht sollte ich das wirklich tun", sagte ich und langsam rappelten wir uns wieder auf. Ich schob meinen Zauberstab in meinen Ärmel und blickte anschließend zu meinem Freund an. "Danke, dass du für mich da warst", murmelte ich, stellte mich auf die Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. "Kate, ich werde auch noch in siebzig Jahren für dich da sein, du hast noch genügend Zeit dich bei mir zu bedanken", lachte er nur und wuschelte mir durch die Haare. Dass seine Wangen eine genauso rote Färbung wie seine Haare angenommen hatten, zwang mich dazu noch breiter zu grinsen.

Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zurück zum Schloss. Fred hatte seinen Arm um mich geschlungen und hielt mir seine Jacke über den Kopf, sodass ich nicht mehr all zu sehr nass wurde. Wir traten kurz vor beginn des Abendessens in die große Halle ein, und nicht mehr oder weniger Schüler sahen uns verwirrt an, als sie uns in unseren nassen Kleidungsstücken sahen. Schnell widmeten sie sich jedoch wieder ihren eigenen Sachen und senkten ihre Köpfe. Ich ignorierte das Getuschel und setzte mich an den Tisch von Ravenclaw. Seitdem Umbridge ihr Unwesen trieb, hatte ich es mir nicht mehr erlauben können am Gryffindortisch zu sitzen. Ich wollte mir nicht noch mehr arbeit einhandeln als sonst. Ich sah zum Lehrertisch hinauf und musste mit bedauern feststellen, dass sich Professor McGonagall dort noch nicht aufhielt. Enttäuscht ließ ich meine Schultern fallen, als ich ebenfalls erfasste, dass Professor Flitwick auch nicht anwesend war. Ich seufzte schwer und beschloss, dass ich einfach darauf wartete, bis sich jemand der beiden Lehrer in die große Halle traute. Dies geschah auch nach wenigen Minuten, als McGonagall den Raum betrat. Ich stand auf und ging ihr entgegen. "Professor, könnte ich kurz mit ihnen sprechen?", fragte ich sie und sofort wandelte sich ihre Miene zu einem besorgten Gesichtsaudruck um. "Selbstverständlich, folgen Sie mir in mein Büro", sagte sie und ging wieder auf der großen Halle hinaus.

Ich folgte ihr und nach wenigen Stockwerken und Treppen kamen wir auch schon in ihrem Büro an. Sie deutete mir mich auf einen Stuhl zu setzen und unwohl ließ ich mich darauf nieder. Plötzlich kamen mir Zweifel, dass ich überhaupt mit meiner Professorin darüber sprechen sollte, doch nun schluckte ich schwer und versuchte sie ein klein wenig anzugrinsen. "Was gibt es Miss O'Callaghan?", fragte sie mich mütterlich besorgt und setzte sich hinter ihren Schreibtisch. Ich druckste ein wenig davor herum, ehe ich sagte: "Ich ... Ich habe heute den Patronuszauber ausprobiert. Verstehen Sie mich nicht falsch, mein Vater hat ihn mir in den Ferien zwischen dem vierten und fünften Jahr beigebracht und damals hatte er die Form einer Eule, aber als ich ihn heute gezaubert habe, ... da war er keine Eule mehr. Kein Patronus. Nichts." Minerva McGonagall sah mich einen Moment lang abwartend an, ehe sie ihre Hände zusammenfaltete und anschließend sagte: "Ich frage nicht nach, warum Sie den Patronus Zauber ausprobiert haben, aber dennoch kann ich Ihre Sorge gut verstehen. Es besteht die Möglichkeit, einen Patronus mit veränderter Gestallt hervorzurufen. Dafür muss eine andere glückliche Erinnerung verwendet werden. Ich hatte bis jetzt nur einen einzigen Fall, und richtig erforscht ist dieser Fall von Zauberei auch noch nicht wirklich. Ich kann Ihnen jedoch sagen, dass sich der Patronus verändert, wenn schwerwiegende seelische Traumata vorliegen. Der Tod Ihres Vaters könnte ein Grund dafür gewesen sein, oder aber auch Ihre Beziehung zu Fred Weasley. Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen nichts genaueres darüber berichten kann. Aber vielleicht geht es Ihnen besser, wenn ich Ihnen eine Tasse Tee zubereite?", sprach sie und ich nickte dankend. Ich hatte schon vermutet, dass die Ermordung meines Vaters etwas damit zutun hatte, doch dass sich dieser Fall tatsächlich bestätigte, stach mir ein Messer in mein Herz.

Wir schwiegen uns einige Minuten an, ehe sie mir die Tasse Tee überreichte und wir uns ein wenig über meinen Vater unterhielten. Sie erzählte mir, wie stolz er doch auf sich gewesen war, als er seinen ersten Patronuszauber gesprochen hatte und dass es damals die Gestallt eines Hasen gehabt hatte. Der Patronus meines Vaters hatte seine Form verändert, nachdem seine Eltern ermordet wurden und er meine Mutter kennen gelernt hatte. Von diesem Zeitpunkt aus, hatte er eine Eule gehabt. McGonagall hatte dabei einen nostalgischen Gesichtsausdruck aufgehabt und selig gegrinst, als sie sich an meinen Vater zurück erinnert hatte. Als jedoch die Uhr in ihrem Raum acht Uhr abends schlug, schreckten wir auf und ich wollte mich gerade verabschieden, da sagte die Verwandlungslehrerin: "Catherine, ich weiß, wir verlangen viel von Ihnen mit der Spionagearbeit. Deswegen haben Professor Dumbledore und ich uns gedacht, wir könnten Ihnen vielleicht auch zeigen, was der Orden sonst noch tut, um die Rückkehr von dem dunklen Lord weitestgehend zu verhindern. Im Moment wird die Mysteriumsabteilung von verschiedensten Ordensmitgliedern abwechseln bewacht. Tonks hat leider keine Zeit um ihre Sicht zu übernehmen, weshalb ich vorschlagen würde, dass Sie diese Nachtschicht übernehmen könnten. Natürlich würden wir sie per Flohnetzwerk ins Ministerium bringen und für den nächsten Schultag entschuldigen. Es ist einfache arbeit, die sie mit Sicherheit hinbekommen werden", sagte die Lehrerin und ich nickte langsam. "Ich werde es mir überlegen. Morgen werde ich Ihnen bescheid geben", sagte ich und verabschiedete mich.

McGonagall hatte mein Gewissen ein wenig Beruhigt, weshalb ich mich schnell zurück auf den Weg zum Ravenclaw Turm machte. Ich legte mich in mein Bett, konnte aber lange nicht einschlafen. Viel zu viele Gedanken wirbelten mir durch meinen Kopf, ehe ich irgendwann doch eindöste und in einen tiefen und traumlosen Schlaf fiel.

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt