| 63. Kapitel |

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Es war die Nacht vom einunddreißigsten März auf den ersten April, und ich hatte in all den Stunden noch kein Auge zugemacht. In wenigen Stunden würden Fred und George ihren Geburtstag feiern, und ich hoffte für sie, dass sie sich von niemanden erwischen ließen. Würde ihnen wegen einer Kleinigkeit, einem unvorsichtigen Schritt etwas geschehen, so könnte ich mich wohl kaum mehr auf den Beinen halten und würde sofort zu ihnen apparieren. Wobei ich in meinem eigentlichen Zustand mich nur noch in den Krankenflügel bewegen sollte. Die Geburt stand kurz bevor, und schon in wenigen Tagen würde ich wohl die kleine Erbse auf die Welt bringen. Mein Bauch hatte mittlerweile Dimensionen angenommen, bei denen man hätte meinen können, ich würde Drillinge erwarten und nicht ein einziges Kind. Madam Pomfrey war seit einigen Monaten auch schon mit eingeweiht worden und hatte sich mittlerweile sehr gut auf die anstehende Geburt vorbereitet. Sie meinte, im Heiler Studium würde man nur beigebracht bekommen, wie man magische Tierwunden, Fluchschäden und sonstige magische Verletzungen behandelte, aber nicht die alltäglichen Wunder. Mit Episky konnte sie viele Wunden heilen und dennoch, eine Geburt war ein ganz anderes Kaliber.

Ich strich über meine Wölbung und starrte gegen die Decke. Mittlerweile waren schon ganze acht Monate vergangen, in denen ich Fred nicht mehr gesehen hatte. Ginny hatte mir nach Weihnachten erzählt, dass sie nicht mehr die Chance gehabt hatte, mit ihm zu sprechen. Drei Tage vor den Weihnachtsfeiertagen waren die Zwillinge mit Lee verschwunden und führten seitdem ihr Dasein als wandelnder Radiosender. Molly und Arthur machten sich schreckliche Sorgen um ihre Kinder. Bill, Fleur und Charlie waren einigermaßen in Sicherheit, während sich Percy ganz in den Händen des Ministeriums befand. Man wusste nicht, ob er auch dem Imperius-Fluch unterlegen war. Fred, George und Ron befanden sich auf der Flucht, während Ginny von den wohl gefürchtetsten Geschwistern des ganzen Landes unterrichtet wurde. Sie hatte auch erzählt, wie mein Name einige Male gefallen war und Tantchen Muriel nur abwertend geschnaubt hatte, während Molly in Tränen ausgebrochen war und immer wieder gemurmelt hatte, dass sie hoffte, das mir nichts passiert war. Arthur ging wohl nicht sonderlich gerne mehr zur Arbeit. Man wüsste nicht, wem man im Ministerium noch vertrauen könne und wem nicht.

Die Uhr in meinem Zimmer tickte laut hin und her, und als sie halb sieben schlug, stand ich langsam auf und versuchte, den aufkommenden Schwindel zu unterdrücken. Ich fasste mir an den Bauch, als sich ein stechender Schmerz in meinem Unterleib ausbreitete. Plötzlich eine warme Flüssigkeit an meinem Bein, und als ich einen kurzen Blick darauf werfen konnte, wich mir alle Farbe aus dem Gesicht. Ein prüfender Blick auf mein Bettlaken bestätigte meine Befürchtung. Die Fruchtblase war geplatzt. Ich stöhnte, als die Erbse gegen die Bauchwand boxte und wieder ein Schwall des Wassers aus mir hinausströmte. Mir entwicht ein erstickter Laut. Ich hatte zwar gemerkt, dass sie sich heute Nacht mehr bewegt hatte, doch nicht, dass es mittlerweile schon so weit war. Die Wehen hätten eingesetzt.

Doch ich biss meine Zähne zusammen, wechselte in eine frische schwarze Hose und warf mir meinen Umhang über. Meinen Zauberstab in der Hand verwandelte ich meine Kugel in ein flaches Brett und ging in gekrümmter Haltung aus dem Zimmer. Im Flur tummelten sich noch keine Schüler, doch als ich mich die Treppen hoch quälte, kamen mir Professor Snape und McGonagall entgegen. Sie unterbrachen ihre laute Auseinandersetzung, als sie mich erblickten. Sie eilten zu mir. „Kate, um Himmels willen, was ist los?", fragte mich McGonagall entsetzt und griff mir unter die Arme. „Das Kind. Es kommt", murmelte ich nur zwischen zusammengebissenen Zähnen und krallte mich in ihren Arm. „Das Kind? Welches Kind?", fragte sie verwirrt. Doch Severus nahm mich an der anderen Seite und murmelte: „Sie ist schwanger, und Fred Weasleys Kind wird jeden Augenblick zur Welt kommen." Minerva verstand, und obwohl sie noch ziemlich geschockt aussah, schleppten mich beide Professoren unbemerkt von allen anderen hoch in den Krankenflügel.

Madam Pomfrey sah von ihren Unterlagen auf, eilte jedoch sofort zu uns, als sie die Situation erfasste. „Legen Sie sich hier hin", forderte sie mich auf, und obwohl ich keinen Schritt mehr selbstständig machen konnte, trugen mich Minerva und Severus auf das freie Krankenbett. Poppy Pomfrey kümmerte sich sogleich um mich und zog die Vorhänge um das Bett zu. „Ich werde Miss Weasley holen. Wenn das für dich in Ordnung ist, Kate", schlug Minerva vor, und ich nickte geistesabwesend. Das Einzige, auf das ich mich im Moment noch konzentrieren konnte, waren die Schmerzen, die mittlerweile sehr regelmäßig meinen Körper durchzuckten. McGonagall verschwand, und nur noch Severus hielt meine Hand. „Bitte bleib", flehte ich ihn mit Tränen in den Augen an. Er nickte, strich mir die Haare aus dem Gesicht und hielt weiterhin meine Hand. Ich schrie.

Die Geburt an sich verlief sehr schnell. Kaum hatte McGonagall den Raum verlassen, hatte sich Madam Pomfrey an das Bettende gestellt, mir die Hose hinuntergerissen und hatte dann das Baby praktisch schon in den Händen gehalten. Ich weinte, als die Schmerzen langsam nachließen, und war ohne jegliche Kräfte, als mir das noch Nasse etwas in die Hände gedrückt wurde. „Sie haben ein wunderschönes Mädchen zur Welt gebracht, Catherine", sagte Poppy und strich der Kleinen über ihre rote Haarpracht. Ich schluchzte auf und ließ Severus Hand los, um die Kleine in Empfang zu nehmen. Sie war noch blau und hatte ihre Augen geschlossen. Ich strich ihr über ihr kleines Gesicht. „Ich werde mich weiter um das Schlachtfeld dort unten kümmern. Nicht erschrecken, ja?", sagte Pomfrey und ich nickte abwesend. Madam Pomfrey verschloss alle Wunden, verabreichte mir einen Blutbildenden Trank, Stärkungstrank und untersuchte anschließend das Kind.

„Du hast tatsächlich ein Kind zur Welt gebracht", sagte Severus. Er hatte wieder zu meiner Hand gegriffen und sie festgedrückt. „Ja, das habe ich wohl", erwiderte ich schwach und lächelte zu ihm auf. Ich spürte schon fast keine Schmerzen mehr, obwohl ich in diesem Moment einfach nur meine Tochter in den Händen halten wollte. „Es ist gut, dass der Herr nichts von all dem wusste. Wenn du Sie jetzt noch gut vor ihm verstecken kannst, so wird er euch in Ruhe lassen. Ich kann nur für euch hoffen, dass der Krieg schon bald zu Ende sein wird. Ihr würdet sicherlich eine glückliche Familie abgeben", sagte Severus und ich lächelte. Tränen drückten sich in die Augen, doch ich konnte nicht sagen, ob diese von der Geburt waren, oder ob ich von seinen Worten so gerührt war.

Madam Pomfrey legte mir gerade die Erbse wieder in die Hand, als die Tür zum Krankenflügel wieder aufgerissen wurde und Minerva zusammen mit Ginny hereinstürzten. Sofort stellte sich die Rothaarige zu uns und blickte mit Tränen in den Augen auf uns hinunter. „Das ist also meine Nichte?", fragte sie mit erstickter Stimme und ich nickte. „Willst du sie mal halten?", fragte ich sie, und das, obwohl ich die Kleine gar nicht mehr hergeben wollte. Wortlos nickte Ginny und hatte meine Tochter keine zehn Sekunden später in der Hand. „Pass auf das Köpfchen auf", murmelte ich, als ich sie ihr übergab. Ginny nickte und wog die Kleine sachte hin und her. „Sie ist hübsch. Ich glaube, sie hat die gleiche Nase wie Fred, als er ein Baby war. Wenn ich die Fotos richtig in Erinnerung habe", murmelte sie gedankenverloren und ich lächelte. Was würde ich nun alles hierfür geben, Fred neben mir stehen zu haben, und mit ihm unsere Tochter halten zu können. „Hat sie schon einen Namen?", fragte Ginny mich, was mir mein Lächeln aus dem Gesicht wischte. Wortlos schüttelte ich meinen Kopf. „Nein, Ich ... Wir hatten noch nicht die Gelegenheit, darüber zu sprechen. Wir dachten, wir hätten noch Zeit. So unendlich viel Zeit", antwortete ich. „Fred und ich haben uns leider immer lieber über Quidditch unterhalten als über Babys", meinte Ginny nur schniefend und gab mir die Erbse zurück. Ich lächelte traurig.

„So, jetzt machen wir aber noch ein Foto", ertönte da plötzlich die Stimme von Madam Pomfrey. Ich nickte. „Ja, Severus, Minerva, kommt ihr bitte auch mit auf das Foto?", fragte ich die beiden Professoren. Sie nickten, stellten sich auf die andere Seite des Bettes und Poppy drückte den Auslöser. Mit einem wohl ziemlich tränenverschmierten Gesicht blickte ich in die Kamera und anschließend auf meine Tochter, die gerade genüsslich in ihrem Traum kaute. Sie sah wunderschön aus.

Bis nachdem Abendessen blieb ich noch im Krankenflügel. Mein kompletter Unterricht war für diese Woche abgesagt worden. Stattdessen würde ich mich um meine Tochter kümmern. Als ich am Abend wieder in meinem Kerkerzimmer saß und die Kleine gerade in ihr warmes Bettchen gelegt hatte, überkam mich das Gefühl der Sehnsucht nach Fred. Ich hatte ihm eine Tochter geschenkt und dann auch noch an seinem eigenen Geburtstag. Ich zückte meinen Zauberstab und fasste den Entschluss, dass ich Fred wenigstens ein Lebenszeichen von mir geben wollte. Egal, ob er mich jetzt schon Vergessen hatte, oder ob er mich noch von tiefstem Herzen hasste.

Ich beschwor meinen Patronus herauf und sagte mit klarer und deutlicher Stimme: „Hallo Fred. Ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag, auch dir George. Es tut mir leid, dass ich einfach so gegangen bin. Aber ich wollte euch nicht noch mehr in Gefahr bringen. Ich weiß nicht, ob du mir jemals verzeihen kannst, aber ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich dich noch immer liebe. Sei vorsichtig." Das Elsterweibchen flog eine Runde durch den Raum, ehe es durch die Wand verschwand, und sich auf den Weg zu Fred machte.

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt