| 59. Kapitel |

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Der zweite September war bisher ziemlich ungewöhnlich verlaufen. Den Erstklässlern hatte ich klar gemacht, dass das Fach Zaubertränke mit einer etwas außergewöhnlichen Küche zu vergleichen war. Den Fünftklässlern hatte ich gesagt, dass sie fleißig für ihre ZAGs lernen sollten, und mit den Sechstklässlern endete mein langer Schultag. Die Klasse kam mehr oder wenig pünktlich von ihrer Freistunde zu mir in den Klassenraum. Ich zog jedem Haus fünf Punkte ab, pro Schüler, der zu spät kam. Ich konnte es mir nicht erlauben, jemanden im Glauben zu lassen, dass ich eine freundliche und nette Professorin war. Zumal hatte sich Amycus Carrow für die letzte Doppelstunde angekündigt, meinen Unterricht zu verfolgen. Er stand in dem hinteren Eck und hatte seine Hände hinter seinem Rücken verschränkt. Seinen kurzen Zauberstab konnte ich jedoch hinter ihm erkennen.

Als alle Schüler im Raum waren, fing ich an, mich vorzustellen: „Guten Tag, ich bin Professorin Catherine O'Callaghan, für Sie jedoch nur Professor O'Callaghan. Ich werde sie dieses Jahr im Fach Zaubertränke unterrichten. Falls es keine Fragen gibt, so würde ich gleich damit anfangen den Stoff der letzten Schuljahre wiederholen. Zudem wird es ihre Hausaufgabe sein, mir einen fünfzehn Zoll langen Aufsatz über ihr Grundwissen. Diesen möchte ich bis zum Ende der Woche vollständig haben. Noch irgendwelche Fragen?" Keiner der Klasse rührte sich. Ginny selbst, saß mit verschränkten Armen in ihrer Bank und stierte mich böse an. Luna hingegen hob ihre Hand leicht verträumt und fing zu sprechen an, ohne dass ich sie dazu aufgefordert hatte. „Welche Tränke werden wir dieses Jahr lernen?", fragte sie und fuhr sich durch ihre blonden Locken. „Wir werden unter anderem den Gedächtnistrank, den Wundreinigungstrank und den Felix Felicis lernen. Aber auch Tränke wie das Skele-Wachs und den Blutbildenden Trank werden wir lernen." – „Sie sprechen immer vom Wir. Kommt das davon, dass sie die Schule vorzeitig verlassen haben?", fragte Luna und ich schwang mich von meinem Pult weg. Wütend zog ich meine Augen zusammen und knurrte: „Mein Schulabschluss hat hier gar nichts zu sagen. Zwanzig Punkte Abzug für Ravenclaw."

Luna hielt nun ihren Mund und ich kehrte an meinen Schreibtisch zurück. Ich nahm ein Pergament von meinem Tisch und stellte die erste Frage: „Mister Smith, nennen Sie mir die Zutaten des Feuerschutztrankes." Ich stellte die Fragen, erklärte ihnen, wie wichtig es war, die richtige Reihenfolge zu beachten und die meisten folgten dem Unterricht gebannt, und dennoch nahm ich einen großen Bogen um Ginny. Sie hatte sich die ganze Stunde überhaupt nicht bewegt, hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und starrte mich, ohne auch nur einmal mit der Wimper zu zucken an. Als die Stunde sich jedoch dem Ende neigte, stellte ich Ginny eine ziemlich leichte Frage. „Mrs. Weasley, wofür wird Diptam verwendet?" Sie regte sich nicht. Stattdessen lachte sie fassungslos auf und beugte sich über ihren Tisch vor. „Mrs. Weasley. Ich möchte eine Antwort haben", forderte ich sie auf und verdrehte innerlich die Augen. Ginnys Sturkopf war mir schon fast wieder entfallen. „Zehn Punkte Abzug für Gryffindor. Wer kann die Frage beantworten?", fragte ich gelangweilt in den Jahrgang, und Luna hob die Hand. „Ja, Mrs. Lovegood?", fragte ich und fuhr mir über die Stirn. „Diptam wird verwendet, um schwarz-magische Fluchschäden zu heilen. Aber alle anderen Arten werden davon auch geheilt. Es gibt es als Wurzel zum Schlucken, und als Konzentrat oder Elixier", antwortete sie und ich nickte. „Sehr gut. Mrs. Weasley, Sie kommen zu mir. Der Unterricht ist beendet. Vergessen Sie ihre Hausaufgabe nicht!", sagte ich und entließ die Klasse. Amycus verschwand als Letzter und warf mir einen letzten Blick zu, ehe er die Tür hinter sich schloss.

„Ja, Professor?", fragte Ginny mich und warf mir meinen neu gewonnenen Titel vor die Füße. Es tat weh, sie so mit mir sprechen zu hören, und dennoch konnte ich ihre Wut verstehen. Die Quidditchspiele waren abgesagt worden, so auch die Ausflüge nach Hogsmeade. Die Eulenpost war eingestellt. Es klopfte ein weiters mal an der Tür und Neville Longbottom trat ein. „Sie wollten mich sprechen, Professor?", fragte er kleinlaut und stellte sich neben Ginny. Neville überragte mich mittlerweile um fast einen halben Kopf, doch ich bat sie nur, sich zu setzen. Die Schüler lehnten sich gegen die Tische, während ich mich gegen meinen Schreibtisch lehnte.

Ich atmete tief durch und sagte schließlich: „Ich möchte, dass ihr wisst, dass ich all das nicht wollte. Ich bin da irgendwie hinein geschlittert und hätte niemals gedacht, dass es in einem solchen Ausmaß enden würde. Neville, du bist jetzt in der siebten Klasse, kennst Hogwarts so gut wie In- und Auswendig. Zeige bitte den Neuen, wo sie sich verstecken können, wenn die Carrow-Geschwister wieder ihr Unwesen treiben. Ihr habt mitbekommen, dass sie letzte Nacht eine Hufflepuff-Schülerin mit dem Crucatius-Fluch gefoltert haben, weil sie sich nach der Sperrstunde draußen aufgehalten hat?" Ginny und Neville nickten. Ich fuhr fort: „Ich werde beginnen, Heiltränke zu brauen. Falls jemand Verletzungen haben sollte, so kommt ihr zu mir, und ich werde euch die Tränke geben. Vielleicht treffen wir uns auch im Raum der Wünsche. Wer weiß. Wenn du willst, kannst du dir auch noch einige vertrauenswürdige Personen hinzuholen. Du darfst nun gehen, Neville." Er nickte und verschwand. Ich sah zu Ginny. Noch immer hatte sie ihre Arme vor dem Bauch verschränkt und sah mich mit schmalen Lippen an.

Ich legte meine Hand auf meinen Bauch und blickte für einen Moment verdrossen darauf nieder. „Was hat das bitte schön zu bedeuten. Erst ziehst du uns Hauspunkte ab, weil wir zu spät kommen, und jetzt willst du, dass wir mit dir zusammenarbeiten? Ich soll mein Maul halten, weil du Fred das Herz gebrochen hast? Er war zufälligerweise wach, als du dich so armselig von ihm verabschiedet hast! Er konnte nicht glauben, dass du dich einfach so davongeschlichen hast. Er hat geglaubt, dass ihr etwas Besonderes wärt, dass eure Liebe alles überstehen würde, aber dann bist du einfach gegangen und hast uns nicht einmal einen Brief dagelassen! Er hat dich sogar mehr geliebt als die Scherzartikel. Sag mir einen Grund, warum ich nicht böse auf dich sein sollte. Warum ich nicht sofort einen Brief an Mom schreiben sollte!", wütend fuchtelte Ginny mit ihrer Hand vor mir herum.

Ich sah zu Boden. „Ich erwarte ein Kind, Ginny. Und Fred wird der Vater sein. Ich konnte es einfach nicht mehr verantworten, unter dem normalen Dienst des dunklen Lords zu sein. Denn er hätte niemals davon erfahren dürfen, dass ich schwanger bin. Du-weißt-schon-wer hätte mich einfach weiterhin auf irgendwelche hirnrissigen Missionen geschickt, am Ende hätte ich noch mit Bergtrollen verhandeln müssen. Ich möchte das Kind nicht verlieren, verstehst du? Wäre ich bei Fred geblieben, hätte ich es ihm gesagt, so hätte er mich keine Sekunde mehr aus den Augen gelassen. Ich hätte meine Rolle nicht mehr spielen können, und am Ende wären ich und auch Fred und vielleicht sogar deine ganze Familie in eine große Gefahr gekommen. Ich habe den Schlussstrich gezogen, da ich nun ein Risikofaktor für eure Familie geworden bin. Ich kann euch nicht mehr beschützen, da ich nicht weiß, wo sich Potter aufhält. Irgendwann, wenn Er, dessen Name nicht genannt werden darf, mal wieder die Kontrolle verliert, würde er mich einfach so mir nichts dir nichts töten. Und mit mir das Kind. Ich muss leben, des Kindes willen."

Für einen Moment war es still, und Ginny sprachen kein Wort. Ihr Mund stand einen Spalt breit auf. „Du bist schwanger? Ich werde Tante?", fragte Ginny schließlich und durchbrach die Stille. Ich schluckte und nickte. „Das ist wundervoll", meinte sie nur mit Tränen in den Augen und ging auf mich zu, um mich in eine Umarmung zu drücken. „Tut mir leid, dass ich dich so angefahren haben. Ich konnte doch nicht wissen", sie brach ab und schluchzte in meine Halsbeuge. Ich strich ihr über den Rücken. „Alles gut. Ich wollte nur, dass du das weißt."

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt