| 23. Kapitel |

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Die Reise im Express ging erstaunlicherweise dieses Mal nicht so schnell vorüber wie die Jahre zuvor, doch ich genoss die unbekümmerte Zeit, die ich mit den Zwillingen, Charly und Lee verbringen durfte. Clarke hatte ich, wie auch schon die Jahre zuvor, zwei Tage vor meiner eigenen Abreise davon fliegen lassen. Sie wusste, dass sie mich in wenigen Tagen wieder in Hogwarts treffen sollte, und ich hoffte, dass sie wenigstens einmal ohne irgendwelche Verletzungen in Hogwarts ankam. Ich liebte diese Schleiereule abgöttisch, und dennoch konnte ich sie manchmal gegen die Wand werfen, wie einen wild gewordenen Doxy. Charly hatte mich über meine Sommerferien ausgefragt, und dennoch konnte ich ihr nicht von meiner Aufgabe und dem Beitritt in den Orden erzählen. Zumal glaubte sie Dumbledore nicht. Ihre Mutter arbeitete im Ministerium und sprach höchste Töne von Fudge, nicht einmal Dumbledore konnte die Ministeriumsarbeiterin zum Umdenken bewegen.

Die Dämmerung war schon längst vergangen, und der Mond stand schon hoch oben, als wir in Hogsmeade ausstiegen und uns langsam zu den Kutschen bewegten. Für einen Moment blieb ich wie angewurzelt stehen, als ich vor der Kutsche, die sich sonst normalerweise wie von alleine bewegten, ein schwarzes geflügeltes Pferd befand. Es schnaubte und fassungslos blickte ich zu ihm auf. Es sah so aus, als wäre die Haut des Pferdes direkt über das Skelett gespannt worden, während ihre Flügel eher denen der Fledermäuse ähnlich sahen. Ich schluckte schwer und kramte in meinem Gedächtnis, wo ich diese Art von Pferd schon mal gesehen hatte. "Kate? Alles in Ordnung?", fragte Charly mich und fasste mir an die Schulter. Erschrocken zuckte ich zusammen und nickte geistesabwesend. "Ja, alles gut", murmelte ich nur und ließ mich von ihr von dem Pferd wegziehen. Ich schluckte schwer, setzte mich dann doch zu ihr und den anderen in die Kutsche und ließ mich von dem geflügelten Pferd nach Hogwarts ziehen. "Was ist los Kate?", fragte Fred mich leise und beugte sich zu mir herüber, als ich neben ihm Platz genommen hatte. "Siehst du das Pferd nicht?", fragte ich wispernd und deutete auf die Kutsche, die das Pferd zog. Fred folgte meinem Finger, doch dann schüttelte er seinen Kopf. "Nein, da ist kein Pferd", murmelte er und ich schluckte schwer. "Vielleicht sollte ich zu Madam Pomfrey gehen", sagte ich leise, doch Fred schüttelte bestimmend seinen Kopf. "Nein, ich glaube, Charlie hat mal etwas von Thestralen gesagt. Das sollen schwarze Pferde sein, die sich nur Menschen zeigen, die den Tod gesehen haben. Vielleicht sollten wir Charlie einen Brief schreiben. Der weiß bestimmt etwas darüber", meinte Fred und ich nickte. "Ich werde morgen in der Bibliothek mal nachsehen", sagte ich und Fred nickte. Ich schluckte schwer, als die Bilder meines sterbenden Vaters wieder vor mir auftauchten. Ich blinzelte ein paar Mal und lächelte dann zu dem Gryffindor neben mir auf. Erst musterte Fred mich besorgt, doch dann lächelte er mich auch an und drückte mir einen Kuss auf die Wange. "Hab dich lieb", flüsterte er in mein Ohr und ich lächelte.

Gemeinsam gingen wir den Weg zum Schloss hoch, unsere Wege trennten sich jedoch, als wir an unsere jeweiligen Haustische gingen. Ich setzte mich neben Charly, die sich extra weit weg von Peter setzte, und diesen ignorierte. "Siehst du diese Lehrerin?", fragte sie mich und deutete auf den Lehrertisch. Ich folgte ihrem Blick und erkannte eine Professorin, die auf ihrem Stuhl saß und die Menge angrinste. Die Tatsache, dass sie komplett in Pink gekleidet war, und ihre Füße den Boden nicht berührten, übersah ich in diesen Moment. "Die Kleine mit dem rosaroten Haarreif?", fragte ich sie und kniff meine Augenbrauen zusammen. "Ja genau die", meinte sie und nickte eifrig. Ahnungslos zuckte ich mit den Schultern. "So wie die grinst, scheint sie sich ziemlich darüber zu freuen, wieder in Hogwarts zu sein", erwiderte ich und ignorierte die Frau. "Die arbeitet im Ministerium. Und wenn sich das Ministerium jetzt auch noch in die Angelegenheiten Hogwarts einmischt, wird es nicht mehr lange dauern und Fudge sitzt auf Dumbledores Stuhl", ich riss meine Augen auf und blickte Charly fassungslos an. "Was? Die ist vom Ministerium?", fragte ich und schüttelte ungläubig meinen Kopf. "Soweit ich weiß, war sie dem Zaubergamot zugeteilt, warum sie jetzt hier ist, kann ich dir nicht sagen", sagte Charly und rutschte unbeholfen auf ihrem Stuhl hin und her. Ich schluckte schwer. Konnte mir dann aber keine Gedanken mehr darüber machen, da McGonagall zusammen mit den neuen Erstklässlern die große Halle betrat.

Ganze acht neue Ravenclaws gab es dieses Jahr zu beglückwünschen und ich hoffte, dass weniger Ärger machten wie die jetzigen Zweitklässler. Ich stellte mich als Vertrauensschülerin vor, und wenig später begann auch schon das große Fressen, wie ich es hin und wieder gerne nannte. Ich unterhielt mich lachend mit Charly, beantwortete ruhig die Fragen der neuen Erstklässler und erklärte ihnen, welche Fächer sie belegen mussten und warum sie in ihrem ersten Jahr noch kein Quidditch spielen durften. Natürlich hatten einige der älteren Geschwister ihnen von der Ausnahme Harry Potter erzählt, der schon in seinem ersten Schuljahr spielen durfte, ich wimmelte sie jedoch geschickt ab, in denen ich ihnen erzählte, dass Harry sich aber auch häufiger als alle anderen Spieler irgendwelche Knochen brach. Natürlich entsprang dies nicht der Wahrheit, aber so wurden mir wenigstens keine Fragen mehr gestellt.

Als der Nachtisch verschwand, stellte Dumbledore sich hinter das Rednerpult und begann seine alljährliche Rede. Er sprach von den verschiedenen Neuen verbotenen Gegenständen, wobei ich stolz zu den Zwillingen blickte, bei denen es einige ihrer neuen Erfindungen darauf geschafft hatten, hin zu, dass der verbotene Wald nun eben verboten war und dass die Liste der Besuche in Hogsmeade in den Gemeinschaftsräumen aushing. Er stellte Professor Raue-Pritsche als wiedergekehrter Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe vor, da Hagrid auf Reisen sein zu schien, und widmete sich anschließend der Frau in Pink. Umbridge hieß sie und lächelte noch immer so verkrampft, wie sie es tat, als wir die große Halle betreten hatten. Ich schenkte ihren Worten keine Bedeutung, als sie das Wort an sich riss und Dumbledore unterbrach, und klatschte auch nicht, als sie mit ihrer ellenlangen Rede aufgehört hatte. Stattdessen warf ich hin und wieder einen Blick vom Tisch hoch zu Professor Snape, der mich gefühlt den ganzen Abend lang angesehen hatte, und McGonagall, die ebenfalls so aussah, als wolle sie mir etwas mitteilen und wäre ganz und gar nicht darüber erfreut, dass ich in Hogwarts sei.

Ich senkte meinen Blick wieder. Als das Festessen beendet wurde, gingen wir in einer großen Gruppe hoch zum Ravenclaw Gemeinschaftsraum, wobei ich freiwillig die Nachhut bildete, sodass auch niemand von den neuen Erstklässlern verloren ging und seine erste Nacht auf den kalten Fluren verbringen musste. Roger Davies, der andere Vertrauensschüler von Ravenclaw, erklärte den Erstklässlern das neue Rätsel, und ein Zweitklässler löste dies schließlich. Roger und ich erzählten ihnen etwas über das Haus Ravenclaw, ehe wir die Neuen anschließend in ihre Schlafräume begleiteten. Sie waren so aufgeregt gewesen, dass sie gleich Todmüde in ihr Bett fielen und sofort ins Land der Träume wanderten. Ich hingegen ging nochmals hinunter in den Gemeinschaftsraum, indem sich keine andere Person mehr aufhielt, und suchte in dem Bücherregal nach der neuesten Ausgabe von Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. Als ich es fand, suchte ich zielstrebig nach Thestralen und musste Fred tatsächlich recht geben. Thestralen zeigten sich nur Menschen, die einer Person beim Sterben zugesehen hatten. Ich setzte mich in einen Sessel und überflog die Seite. Da mein Vater in meinen Armen gestorben war, hatte ich den Tod gesehen und somit zeigten Thestrale sich mir. Ich seufzte schwer, räumte das Buch wieder auf und ging anschließend leise hoch in den Schlafsaal, den ich mir mit Charly und Alicia teilte.

Ich tauschte meine Schuluniform aus und legte mich in meinem Pyjama ins Bett. Doch an ruhigen Schlaf konnte ich kaum denken. Vor meiner Abreise hatte der dunkle Lord noch um eine Audienz mit mir gebeten. Dort hatte er mir aufgetragen, dass ich meine Augen und Ohren offen halten sollte und Harry Potter beschatten sollte. Ich hatte alles abgenickt und war erleichtert darüber, dass ich ihm nun nur noch einmal im Monat einen Bericht abgeben musste. Dem Orden hatte ich darüber Bescheid gegeben, und auch Dumbledore meinte, es würde reichen, wenn ich vor den Todesser Sitzungen zu ihm kommen würde und er mir sagte, was Harry alles so angestellt habe. Ich hatte noch niemanden davon erzählt, dass die meisten, wenn nicht sogar alle, Todesser Sitzungen alleine mit Voldemort und mir stattfanden. Er hatte tatsächlich gefallen an mir gefunden und genoss es, mich am Ende meines Berichts zu berühren und mir unsittlichen Floskeln in das Ohr zu flüstern. Jedes Mal musste ich mich am Riemen reißen, um ihm nicht gleich vor die Füße zu kotzen, doch ich riss mich zusammen. Nagini jedoch musterte mich jedes Mal argwöhnisch und zischte gefährlich, als ich von dem, dessen Name nicht genannt werden durfte, abließ und aus der Villa verschwand. Ich konnte kaum noch eine Nacht durchschlafen, denn immer und immer wieder tauchten die Bilder von Voldemort auf, wie er sich über mich hermachte oder Nagini sich auf mich stürzte. Die Ferien über konnte ich diese Träume gut komprimieren, da ich in Freds Armen geschlafen hatte, doch jetzt war ich allein, und niemand konnte mich vor meinen Träumen schützen.

Königsblau | Fred WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt