Kapitel 22 - Die Adler
Lillys Sicht
Ich hielt den Atem an, als Thorin sich erhob und sein Schert zog. Er hatte den Blick auf den weißen Ork geheftet und schritt nun langsam durch die Flammen auf ihn zu. Mein Herzschlag beschleunigte sich mit jedem Schritt, den Thorin auf Azog zu tat und auch der Zwergenprinz beschleunigte seine Schritte, je näher er dem Ork kam. Ein hämisches Grinsen zierte das Gesicht des weißen Orks, als ich seine Augen gemein aufblitzen sah. Er würde sich Thorin nicht in einem fairen Kampf stellen, so viel war sicher.
Das Lachen des weißen Orks klang mir in den Ohren nach, als sein Warg einen großen Satz machte. Schneller als man schauen konnte hatte das Tier Thorin rückwärts über den Boden geschleudert. Der Schwarzhaarige schien von dem Aufprall benommen zu sein, doch er versuchte sich wieder aufzurappeln...nicht schnell genug. Azog kam neben ihm zum Stehen und lehnte sich genüsslich auf seinem Warg nach vorne, während er seinen gefallenen Gegner taxierte. Er schien jede Sekunde auskosten zu wollen. Langsam zog er sein Schwert und genoss die Verzweiflung, die sich um ihn breit machte. Schmerzerfüllt schloss ich die Augen, als er das Schwert hob. Ich konnte mir denken was nun geschah. Thorins schreie bestätigte mir meine Vermutung. Ich wollte diese Folter nicht mit ansehen.
„Das ist nicht fair", murmelte ich und blinzelte einen spaltbreit, ehe ich mich traute den Blick wieder auf Thorin zu richten. Der Anblick der sich bot, war kein schöner, ohne jetzt dramatisch klingen zu wollen. Thorin lag auf der Erde und nur noch das schwache Heben und Senken seiner Brust bewies, dass er noch am Leben war...gerade noch so.
Azog grinste hämisch und als wäre es nicht schon genug fletschte der weiße Warg knurrend die Zähne, monströse Beißer von denen in langen Schlieren der Speichel tropfte. Ein schrecklicher Schrei entwich dem Schwarzhaarigen, als der Warg zubiss und auf ihm herum kaute, wie auf einem Beißkochen.
„Nein", hörte ich Balin langgezogen schreien. Der weißhaarige Zwerg verfolgte das grausame Schauspiel mit vor schrecken geweiteten Augen. Nervös und panisch zugleich sah ich zu Bilbo. Eigentlich müsste er doch jetzt Thorin verteidigen, ihm zu Hilfe eilen. Der Hobbit war jedoch noch ganz damit beschäftigt eisern Sarahs Hand festzuhalten, welche noch immer über dem Abgrund hing. Er konnte Thorin nicht helfen. Meine Brust bebte vor Anspannung, als ich erst zu Thorin sah, welcher Azog schutzlos ausgeliefert war und noch immer zwischen den Zähnen dieses Monsters hing und dann zu Bilbo und Sarah, die sich verzweifelt aneinander festklammerten. Er konnte Thorin nicht helfen...und meine Entscheidung fiel.
Langsam stand ich auf und suchte das Gleichgewicht auf dem dünnen Baumstamm, ehe ich einen Fuß vor den anderen setzte.
„Lilly, nein, wag es ja nicht", schrie Mia mir aufgelöst zu, welche mein Vorhaben bemerkt hatte.
„Willst du wieder mit dem Kopf durch die Wand?", brüllte Sam mir nun ebenfalls zu. „Meine Güte Mädchen, sei nicht dumm und bleib schön hier auf deinem Ast sitzen"
Ich warf den beiden einen entschuldigenden Blick zu. „Ich bin noch nie gut mit Autorität klargekommen, wisst ihr noch?", fragte ich sie und drehte ihnen den Rücken zu.
Dennoch sagte ein nagendes Gefühl in meinem Bauch, dass sie Recht hatten. Ich ging ein Risiko auf Leben und Tod ein, nur weil ich jemandem beschützen wollte, der mir vollkommen egal war.
Von meinen Schmerzen spürte ich nichts mehr und auch die Erschöpfung schien wie weggeblasen. Das Adrenalin pulsierte durch meine Adern und ließ nicht weiter Platz für andere Gefühle. Mein Blick war nur noch auf den Warg gerichtet, der thorin noch immer im Maul hatte. Ich blendete seine Schmerzensschreie so gut es ging aus und versuchte einen Tunnelblick aufzusetzen, der mir den schrecklichen Anblick verdecken sollte.
Langsam näherte ich mich dem weißen Ork und sah ihm hasserfüllt in die gelben Augen, bevor ich ein paar Meter vor ihm stehen blieb. Nervös musterte ich die Orks, die hinter ihm standen. Es waren nicht mehr viele, doch jeder von ihnen konnte mich umbringen.
„An deiner Stelle würde ich ihn runter lassen", sagte ich ruhig. Es grenzte beinahe an ein Wunder, dass meine Stimme nicht zitterte oder brach, sondern einen festen Klang hatte.
Azog sah mich hämisch grinsend an. Natürlich, für ihn war ich wahrscheinlich nur ein lächerliches kleines Mädchen, keine ernstzunehmende Bedrohung.
„Und wenn nicht?", fragte Azog und fuhr grausam lachend mit seinem Finger über die Klinge seines Schwertes. „Was wirst du dann tun?"
„Ich versichere dir, viel mehr als du denkst", erklärte ich ihm, was sich mutiger anhörte als ich mich fühlte. „Also letzte Chance, lass ihn los oder du hast gleich ein Problem"
„Dann leg mal los", zischte er bösartig und sah mich erwartend an.
Unentschlossen kaute ich auf meiner Lippe herum. Ich hatte keine Ahnung, was ich nun tun sollte und Azogs hämischem Grinsen nach zu urteilen, wusste er es.
„Worte sind bedeutungslos, wenn ihnen keine Taten folgen", erklärte er und verengte die Augen zu Schlitzen.
Trotzig sah ich ihn an, ehe ich ausholte und seinem Warg die Schnauze verbrannte. Das Tier stieß ein ohrenbetäubendes Jaulen aus, bevor es Thorin von sich schleuderte. Hart knallte dieser auf einen Felsen und ich wusste nicht ob ich es mir einbildete oder nicht, aber ich glaubte ein paar Knochen knacken zu hören. Doch die Zeit war ungünstig sich darüber Gedanken zu machen. Immerhin hing er nicht mehr in dem Maul eines Warges fest. Ein Knurren entkam Azogs Kehle und ich fühlte mich wie die Beute, die von einem Raubtier bedroht wurde.
„Bringt mir seinen Kopf, danach tötet sie", knurrte er und sein Gesicht wandelte sich zu einer wutverzerrten Maske.
Ich schluckte hörbar und wog meine Chancen ab, als auch schon ein Ork auf Thorin zu rannte.
Mit einem entschlossenen Schritt stellte ich mich vor Thorin. „Wenn du zu ihm willst, dann musst du erst an mir vorbei", fauchte ich und meine Worte klangen nicht so überzeugend, wie ich es gerne gehabt hätte. Ich warf Thorin einen kurzen Blick über die Schulter zu. Auf seinem Wams hatten sich gefährlich große rote Flecken gebildet und seine Atmung war schwach. Er bewegte sich nicht, nur seine Augen verfolgten das ganze Geschehen.
Das Heransausen eines Schwertes ließ mich entsetzt einen Satz zur Seite machen. Knapp verfehlte es meinen Kopf, als der Ork ein zweites Mal nach mir schlug. Fluchend duckte ich mich unter seinem Hieb hinweg und wusste, dass meine Chancen gleich Null standen diesen Kampf zu gewinnen. Schwer atmend versuchte ich außer Reichweite seines Schwertes zu gelangen, bevor er mich irgendwie erwischte. Ein triumphierendes Lächeln auf dem Gesicht des Orks entstand. Er wusste, dass er mich in die Enge getrieben hatte. Langsam ging ich rückwärts Schritt für Schritt von ihm weg, als eine Wurzel mir den Weg versperrte. Ich schlug rücklings auf meinem sowieso schon geschädigten Rücken hart auf dem Boden auf. Erschrocken keuchte ich auf, als der Schmerz wie eine Welle durch mich hindurch brandete.
„Töte sie" Azogs Stimme drang leicht verschwommen zu mir durch und ich tastete panisch nach Thorins Schwert. Irgendwo hatte er Orcrist doch fallen gelassen. Doch statt dem Schwert bekam ich etwas anders in die Hand. Der Stein war zwar schwer, doch im Moment die einzige Waffe die ich besaß. Mit einer schnellen Bewegung rollte ich mich zur Seite um einem erneuten Angriff des Orks zu entkommen und schleuderte ihm den Stein mit aller Kraft die ich aufbrachte entgegen. Er erbrachte zwar keinen Schaden, sorgte aber für eine kurze Ablenkung, in der ich so fest ich konnte auf seine Schwerthand schlug, wo mein Handabdruck in Form einer Verbrennung zurückblieb. Der Ork brüllte vor Schmerzen auf und ließ sein Schwert fallen. Ich taumelte zurück, ehe ich das Schwert mit beiden Händen am Knauf packte und es ihm bis zum Heft in den Brustkorb stieß. Das letzte was der Ork von sich gab war ein dumpfes Röcheln, bevor seine Knie einknickten und er mit dem Gesicht voran auf dem Boden landete. Schwer atmend stütze ich mich auf das Schwert und sah triumphierend auf meinen geschlagenen Gegner.
Diese kurze Genugtuung wurde jedoch von Azog unterbrochen. „Tötet dieses Miststück", brüllte er zornig zwei weiteren seiner Orks zu.
Mir sank das Herz in die Hose. Das schaffte ich niemals. Ich hatte den ersten nur durch Glück besiegt. Purer Zufall und die panische Angst vor dem Tod, hatten mich davor bewahrt ein Schwert in den Bauch zu bekommen. Außerdem war es ein Kampf zur Belustigung gewesen. Azog hatte angenommen, dass ich sowieso verlieren würde und hatte sich an dem Schauspeil, dass sich ihm bot, begnügt. Doch jetzt meinte er es ernst. Er wollte meinen Tod. Mein Blick wanderte wieder zu Thorin und mit erschrecken stellte ich fest, dass sich seine Augen langsam schlossen und sein Atem flach wurde. Nein...er durfte nicht...er konnte nicht.
Es verlangte meine ganze Selbstbeherrschung mich von ihm abzuwenden und das Schwert fester zu packen, als mich auch schon der erste Ork erreichte. Mit Mühe parierte ich seinen ersten Hieb, der so fest war, dass es mir durch alle Gliedmaßen fuhr. Der Ork zog knurrend seine Lippen auseinander und offenbarte mir seinen dreckigen, schwarzen Zähne. Angewidert verzog ich das Gesicht, ehe er mir die Faust mit einem schnellen Schlag in das Gesicht rammte. Ein unschönes Knacken ertönte und ich stolperte ein paar Schritte nach hinten. Durch die Wucht des Schlages hatte das Schwert verloren. Vorsichtig betastete ich meine Aufgeplatzte Lippe und spürte, wie die meine Wange anfing anzuschwellen. Immerhin waren noch alle Zähne da.
Zornig und trotzig zugleich hob ich stolz den Kopf, ehe ich die Fäuste ballte. Es war zwar nicht der optimale Zeitpunkt um ein Risiko einzugehen, aber wenn nicht jetzt, wann dann? Aus meinem Augenwinkel erkannte ich, wie der zweite Ork sich mir von hinten näherte und die Hoffnung verließ mich, als plötzlich ein blauer Schimmer an mir vorbeiraste. Ich erkannte Bilbo, der wie eine wildgewordene Furie auf den zweiten Ork losging. Anscheinend hatte er es irgendwie geschafft Sarah in Sicherheit zu bringen. Ich atmete tief durch, ehe ich wieder das Schwert packte und seinem Beispiel folgte. Ich parierte den Hieb des Orks, bevor ich auch die zweite Hand an den Knauf legte und es quer nach oben zog. Ich traf den Ork an seinem Oberarm. Zwar nicht schlimm, denn es war nur ein unbedeutender Schnitt, der ihn nicht einmal einschränkte.
„Das war für den Schlag ins Gesicht", zischte ich ihn hasserfüllt an, bevor ich das Schwert losließ und beide Hände gegen seine Kehle presste. „Und das, für den Versuch mich umzubringen"
Kleine Flammen stoben zwischen meinen Fingern hervor, der Ork riss die Augen auf, als es nach schmorendem Fleisch roch und ich spürte, wie das Fleisch unter meinen Händen anfing schwarz zu werden und sich von dem Knochen löste.
Mit grimmiger Genugtuung sah zu, wie die Mimik des Orks zu einer entsetzten Maske erstarrte und seine Augen glasig wurden. Mit zitternden Händen ließ ich ihn los und sah zu, wie er auf dem Boden aufprallte. Mit einem kurzen blick auf Bilbo erkannte ich, dass er die Situation im Griff hatte und eilte zu Thorin hinüber. Ohne, dass ich auf alles andere um mich herum achtete ließ ich mich neben ihm auf die Knie fallen, dabei kümmerte es mich nicht, dass sie über den groben Schotter schleiften.
„Thorin", hauchte ich leise aber bestimmt und umfasste seine Wange um leicht, oder auch etwas energischer, darauf zu klopfen. Ich hoffte einfach, dass er noch bei Sinnen war und mich hörte. „He, du verdammter Mistkerl, komm zurück", energisch begann ich damit ihn grob durchzuschütteln. „Hörst du? Ich mach mich hier nicht umsonst zum Affen. Wach gefälligst auf" Als er sich noch immer nicht regte hob ich aus purer Verzweiflung heraus die Hand und scheuerte ihm eine, so fest ich konnte.
„Du könnest auch einfach meinen Puls messen" Vor Erleichterung traten mir beinahe Tränen in die Augen, als ich sah, wie sich seine Augenlieder flatternd öffneten. Thorins Stimme klang gepresst und ich erkannte, dass er sich bei jedem Wort ungeheuer schwer tat. Kurz hielt er die Augen offen, bevor er sie erschöpft wieder schloss.
Ein heftiger Windstoß beförderte mich wieder zurück in die Realität und ehe ich mich versehen konnte, wurde ich Schlafittchen gepackt und in die Lüfte gehoben. Ich sah nach oben und erkannte die rieseigen Schwingen eines Adlers. Mit rasender Geschwindigkeit entfernte sich der Erdboden und ich fragte mich gerade, wie lange ich noch in den Krallen des Adlers hängen sollte, als er mich auf einmal losließ. Mit einem lauten Kreischen segelte ich durch die Luft, bis ich auf dem Rücken eines anderen Adlers aufkam. Immer noch geschockt verkrallte ich mich in den Federn des Vogels und hoffte nicht an einem Herzkasper zu sterben. Kalter Wind pfiff mir um die Ohren, als ich mich fröstelnd aufsetzte. Meine Gefährten saßen wie auch ich auf den Adlern verteilt und vergruben sich möglichst tief in den Federn um sich vor dem kalten Wind abzuschirmen. Ich schauderte ein bisschen, als ich daran dachte wie groß die Milben eines so riesigen Vogels sein konnten, doch die Kälte besiegte meine Ängste. Die Federn waren warm und weich und durch die Erschöpfung, welche in meine klammen Gliedmaßen kroch und den Schmerz unzähliger Verletzungen und Schrammen betäubte, übermannte mich bald der Schlaf.
***
DU LIEST GERADE
Eine Reise Zum Erebor
FanfictionEine unerwartete Reise nach Mittelerde, Neue Kräfte, Gefahren, Kämpfe und Abenteuer, Bla Bla Bla... Von solchen Klapptexten hast du sicher schon Tausende gelesen und wahrscheinlich gibt es auch schon tausende Storys, die meiner sehr ähnlich sind. Do...