Loslassen

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,,Hm... Springer auf A3."

Die kleine schwarze Schachfigur schob sich langsam Kästchen für Kästchen auf dem Schachbrett voran, bis sie schließlich die schwarze Dame erreicht hatte. Mit einem schwungvollen Schwerthieb zerschellte diese in drei voneinander gespaltete Teile.

,,Verdammt! Du hast ja den Bogen schon total raus..." murmelte Remus missmutig, während er die Trümmer seiner Spielfigur vom Spielbrett aufsammelte. Liv hingegen grinste zufrieden.

,,Naja... Sieht so aus, als würde ich dich fertig machen." meinte sie und zwinkerte ihm provokant zu. Remus verdrehte die Augen.

,,Weißt du, das ist unfair... Notiz an mich selbst, nie Zauberschach mit einer Meerjungfrau spielen..." murmelte er zerknautscht, was Liv ein kurzes Lachen entlockte.

,,Was ist? Kannst du nicht verlieren?" neckte sie ihn.

,,Doch, aber nicht gegen jemanden, der das erste Mal Zauberschach spielt!" schnaubte Remus belustigt zurück.

Er war offiziell noch immer krank gemeldet und war deswegen vom Unterricht freigeschrieben. Während Sirius, James und Peter zum Unterricht gingen, blieb er mit Liv im Schlafsaal und verbrachte den Tag mit ihr. Die meiste Zeit lag sie sowieso nur im Bett, damit sie sich auskurieren konnte. Aber wenn sie einmal nicht schlief, so sie jetzt, dann war sie zumindest in bester Gesellschaft. Remus hatte spontan sein Zauberschach-Brett ausgepackt, um Liv Zauberschach beizubringen. Aber genau so wie man es sonst von Liv kannte, hatte sie schon nach fünf Minuten raus wie das Spiel funktionierte und alle möglichen Strategien durchdacht. Meerjungfrauen eben...

,,Wo bleiben die anderen denn mit dem Abendessen? Ich hab Hunger..." seufzte Liv schließlich mit einem Blick auf die Uhr. Sirius, James und Peter hatten den beiden versprochen, etwas vom Abendessen mitgehen zu lassen.

,,Naja, sie sollten eigentlich jeden Moment-..." begann Remus als plötzlich auch schon die Tür zum Schlafsaal geöffnet wurde.

,,Zimmerservice!" rief Sirius ganz laut durch das Zimmer, während er ein Tablett mit warmem Spinatstrudel und Joghurt-Dip in den Händen trug.

,,Wahnsinn! Danke!" rief Liv sofort und nahm sich hungrig ein Stück als Sirius das Tablett auf ihrem Bett abgestellt hatte.

,,Kein Thema." meinte James gleich.

,,Und sie lassen euch wirklich einfach so Essen mit auf euer Zimmer mitnehmen?" fragte Liv erstaunt nach.

,,Ja, wir haben gesagt es ist für Remus. Die sind ja gewohnt, dass er jeden Monat krank ist, deswegen war das für niemanden ein Problem." erklärte Sirius ihr, während Liv und Remus am Essen waren.

,,Wie geht es dir eigentlich?" fragte Peter.

,,Schon besser." sagte sie, nachdem sie hinuntergeschluckt hatte.

,,Ich fühl mich wieder einigermaßen lebendig. Ehrlich, ich komm' klar."

,,Wann glaubst du denn kannst du zurück in den schwarzen See?" fragte James. Liv zuckte mit den Schultern.

,,Ich weiß nicht... Morgen?" schlug sie vor. Remus' Augen weiteten sich erschrocken.

,,Was? Morgen schon?" warf er perplex ein.

,,Ja, warum nicht? Ich kann doch nicht ewig lange bei euch im Zimmer hocken und mich von euch bedienen lassen. Es geht mir soweit gut, ich denke, wenn ich noch eine Nacht hier bleibe, bin ich morgen wieder auf den Beinen." meinte sie optimistisch.

,,Hey, wenn es deswegen ist, uns macht es nichts aus, dass du hier bei uns bist! Bleib von mir aus so lange du willst!" warf Remus hektisch ein.

,,Nein, darum geht es ja nicht... Aber, naja, langsam muss ich einfach nach Hause. Es wird Zeit." seufzte sie.

,,Alles klar... Dann bringen wir dich morgen Nacht runter, okay?" kam es von Sirius. Liv nickte.

,,Okay! Danke Jungs!" seufzte sie lächelnd.

Nachdem Liv aufgegessen und sich noch eine Weile mit den Rumtreibern unterhalten hatte, begannen ihre Augenlider nach und nach schwerer zu werden. Ihr ging es zwar schon besser, allerdings war sie dennoch noch nicht ganz fit, weswegen sie schnell müde wurde. Als Liv bereits eingenickt war, waren die Runtreiber gerade dabei sich Bettfertig zu machen. Allerdings achteten sie darauf leise zu sein, um Liv nicht aufzuwecken.

Remus warf einen kurzen Blick zu Livs Bett hinüber. Ihr Arm hing von der Bettkante hinunter und ihre Schulter ragte unter der Bettdecke hinaus. Vorsichtig ging er auf leisen Sohlen hinüber und schob ihre Hand langsam wieder auf das Bett. Dann nahm er die Decke und deckte sie wieder vollständig zu. Aus dem Badezimmer heraus beobachtete James ihn dabei.

Als Remus schließlich ebenfalls ins Bad ging und seine Zahnbürste zur Hand nahm, bemerkte er, dass er dabei skeptisch von James beobachtet wurde.

,,Ist was?" fragte Remus verwirrt. James seufzte, ging zur Badezimmertür und machte sie zu.

,,Moony..." begann James seufzend, was Remus nich mehr zu verwirren schien.

,,Was ist denn los?" fragte er ahnungslos, als er James' verzwickten Blick bemerkte.

,,Du weißt genau was los ist." meinte James und zog wissend eine Augenbraue in die Höhe. Remus zuckte trotzdem nur mit den Schultern.

,,Was soll das mit Liv, Moony?" seufzte James.

,,Ich weiß gar nicht was du meinst." murmelte Remus und drehte sich von seinem Freund weg.

,,Ich bin dein Freund, Remus. Glaubst du ich merke das nicht?" kam es wieder von James. Remus seufzte.

,,Tatze und Wurmschwanz haben es doch auch schon bemerkt, insgeheim wissen wir es ja alle schon." fuhr James fort.

,,Schön, dann mag ich Liv eben, na und?" schnaubte Remus.

,,Ich glaube es ist ein bisschen mehr als nur mögen, oder?" hakte James nach. Remus verdrehte die Augen.

,,Selbst wenn, ist doch auch egal..." brummte er.

,,Aber was erwartest du dir denn Remus? Ab morgen Nacht wird sie für immer verschwunden sein! Dann siehst du sie nie wieder!"

,,Ja, ich weiß, Krone! Das musst du mir nicht auch noch unter die Nase reiben!!" fuhr Remus ihn etwas barsch an. James wich etwas zurück. Seufzend stützte Remus sich am Waschbecken an.

,,Tut mir Leid, Mann..." entschuldigte er sich.

,,Schon in Ordnung..." seufzte James. Remus musterte verbissen die einzelnen Wassertropfen, die am Rand des Waschbeckens hingen.

,,Ich will nicht, dass sie geht, Krone..." murmelte er schließlich.

,,Zumindest noch nicht morgen! Irgendwann... Irgendwann anders!"

,,Du kannst es noch so sehr herauszögern, irgendwann wird sie gehen. Egal ob morgen oder erst in einer Woche. So schwer es auch zu akzeptieren ist." meinte James ruhig. Remus biss sich entmutigt auf die Zunge.

,,Ich will mich für sie freuen! Wirklich! Ich will mich für sie freuen, dass sie wieder nach Hause kann... Aber ich kann es einfach nicht, weil ich immer wieder daran denken muss, dass ich nie wieder mit ihr in der Bibliothek sitzen werde... Oder ich sie nie wieder lachen sehen werde... Oder sie mich nie wieder Heul-Suse nennen wird!" brachte er geknickt heraus. James legte ihm brüderlich eine Hand auf die Schulter.

,,Es tut mir Leid, Moony..." seufzte er mitfühlend.

,,Was soll ich machen, Krone?" fragte er hilflos. James biss sich auf die Unterlippe.

,,Naja, so blöd es auch klingen mag..." begann er.

,,Versuch sie zu vergessen."

Remus schnaubte nur und schüttelte den Kopf.

,,Ich meine es ernst." meinte James.

,,Liv wünscht sich nichts sehnlicher als ihre Familie wieder zurück. Und wenn du sie wirklich so gern hast, dann darfst du sie nicht davon abhalten. Du musst du sie loslassen..."

Tear of the Ocean (HP/Rumtreiber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt