Das Kartell und ich

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GUZMAN

„Ich weiß nicht was ich sagen soll, Junge. Soll ich stolz auf dich sein, oder mich für dich schämen?"

Das Gespräch mit Leonardo ist noch keine dreißig Minuten her, hat aber alles, oder zumindest vieles verändert. Das mein Vater das will, hat nichts mit Großzügigkeit zu tun, sondern ist eiskalter Berechnung zuzuschreiben. Er ist auf der Flucht, braucht dringend Kohle und ich bin der Einzige, der das ändern kann. Und da ich ihm keine Amnestie einbringen kann, muss ich halt die Geschäfte weiterführen. Ganz einfach.

Doch das ist es nicht. Zumindest im Moment, denn innerlich sträubt sich gerade alles in mir, zu gehorchen, nur weil er Kohle braucht und keines zur Verfügung hat, oder es für sonst einen Scheiß, den er gebaut hat, braucht. Und doch bin ich auf dem Weg zu seinem Büro, welches in einem der größten Gebäude der City liegt.

Die Sicherheitsmaßnahmen sind gigantisch, wahrscheinlich ist es besser als Fort Knox bewacht und das alles wegen Papier. Einen Haufen Dokumente, sonst nichts. Oder? Ich werde es gleich erfahren, denn ich stehe vor dem Eingang des Hochhauses und betrachte das Gebäude, dass ein absolutes Stahlmonster ist, dessen Fronten verglast sind.

„Na dann, Showtime!", sage ich mehr zu mir selbst, als zu jemand anderem und betrete den Komplex. Die Inneneinrichtung ist genauso, wie ich sie in Erinnerung habe. Clean und modern, geometrische Formen, Stahl, Chrom und Glas.

Die Empfangsdame hinter dem schwarzen Tresen in Mattoptik lächelt mich mit ihren roten Lippen an, was meinen ausgehungerten Instinkt zwar wachrüttelt, doch das strohblonde Haar und die viel zu blauen Augen stehen im viel zu krassen Kontrast zu Rosa. Die Erinnerung an sie, lässt meinen Magen nach unten sacken und die Wut an die Oberfläche treten. Doch hier kann ich mich nicht wie ein wildes Tier benehmen, also atme ich tief durch und erwidere das Lächeln so gewinnend, wie ich nur kann.

„Wie kann ich Ihnen helfen, Señor?", fragt sie mit piepsiger Stimme. Ich versuche nicht zu seufzen und kehre mein seriösestes Ich nach außen, um wenigstens den Anschein zu wahren, dass ich hierher gehöre.

„Ich bin Guzman Alvarez Davila. Mein Vater schickt mich, um einige Dokumente aus seinem Büro zu holen", lüge ich ihr vor und lasse meinen Charme spielen. Ich lehne mich lässig gegen den Tresen, versuche mit ihr zu flirten, was schwerer ist als gedacht, doch sie sieht so aus, als würde sie irgendwann verlieren.

„Ich verstehe", sagt sie kühl und tippt auf ihrer Tastatur herum. Und jedes Mal, wenn sie eine Taste betätigt klackern ihre verdammt langen Nägel darauf herum, was an meinem Geduldskostüm zerrt. Wie gerne würde ich ihr klarmachen, dass sie da keinen Nachweis oder einen sonstigen Beweis findet, aber ich muss sie ja nicht mit der Nase darauf stossen.

„Nun, ich finde hier keinen hinterlegten Nachweis, deshalb bräuchte ich Ihren Ausweis, Señor Davila." Bingo! Ich bin zwar kein gesuchter Verbrecher mehr, zumindest nehme ich das an, da Jesus keinen Hinweis in den Datenbanken der Regierung gefunden hat, aber ich lebe in einem verlassenen Gebäude, gehe zu Fuß durch die Stadt und tue alles, um nicht aufzufallen. Und jetzt soll ich meinen Ausweis zücken, damit sie ihn scannt und die Bullen mitkriegen, was ich vorhabe? Sicher nicht.

„Edith", setze ich an, als ich einen Blick auf ihr Namenschild, dass ziemlich nahe an ihrem eindeutig zu züchtigen Ausschnitt angebracht ist, und vertiefe den Blick, beuge mich mehr zu ihr rüber und lächle so charmant, dass reihum die Frauen niederknien würden, um meinen Schwanz zu lutschen. Gott, dass weckt Erinnerungen an alte Zeiten!

„Sie müssen wissen, dass mein Vater die Dokumente ziemlich dringend braucht. Er ist gerade im Ausland und hat keinen Zugriff darauf, weil sie absolut vertraulich sind. Und ich weiß als einziger, wo sich diese befinden. Es wäre also von nationaler Wichtigkeit, wenn Sie mir den Zutritt gewähren", säusle ich ihr vor und schaue ihr so tief in die ozeanblauen Augen, dass ich beinahe darin reingefallen wäre. 

Gangs of Sinaloa - Cruel LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt