Das Ende, oder doch der Anfang?

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GUZMAN

„Leute, ihr werdet es nicht glauben."

Bevor die Sonne aufgeht sind wir auf dem Weg zum Wagen. Unsere Taschen sind das einzige, was uns begleiten wird. Das, und die Erinnerungen.

Der gestrige Abend war einfach nur genial gewesen, auch wenn es ziemlich riskant war. Aber hey, wir hauen ab, lassen alles hinter uns und so können wir auch ein letztes Mal die Sau rauslassen, ungeachtet der Gefahren.

Der Himmel über uns ist von schwarz und blau überzogen, von den ersten Sonnenstrahlen ist noch nichts zu sehen. Kein Wunder, ist der Aufgang auch erst in etwa drei Stunden. Solange brauchen wir, bis wir in Mazatlán sind und somit den Hafen erreicht haben, indem unser Frachter vor Anker liegt und in Richtung Uruguay fährt.

„Bist du bereit?", frage ich Rosa, die die Tür auf der Beifahrerseite öffnet.

Sie sieht mich an und lächelt, doch es erreicht ihre bernsteinfarbenen Augen nicht. Ich will nachhaken, fragen, was los ist.

Doch ich will sie auch nicht bedrängen, sie hat schon genug durchgemacht und jetzt verlässt sie auch ihre Heimat und lässt alle zurück, die sie liebt, nur um mit mir glücklich zu werden. Also nicke ich und steige ein, starte den Motor und fahre los.

Das Wetter hält, aber der Himmel ist immer noch trüb. Kein gutes Zeichen, aber ich habe noch nie viel auf so etwas gegeben. Alles nur dummes Geschwätz, aber wenn ich mir Rosa ansehe, dann weiß ich nicht, ob es vielleicht doch etwas Wahres an sich hat.

Denn sie starrt die ganze Zeit aus dem Fenster, sagt kein Wort und ist völlig abwesend. Das ist mir gestern schon aufgefallen, nachdem ich vom Treffen mit meinem Vater gekommen bin, war sie so abwesend.

Das erste Drittel der Fahrt verbringen wir ohne ein Wort zu sagen, während die Playlist, die mir Lina gestern noch gemacht hat – ohne, dass wir uns wirklich kennen - leise vor sich hin trällert. Alles Songs von Taylor, Katy und Co, aber sie lockern wenigstens die etwas eingeschlafene Stimmung auf, oder sorgen wenigstens dafür, dass sie nicht noch weiter abkühlt.

Die Straßen sind einigermaßen frei, sodass wir zügig vorankommen. Ich schaue zu Rosa rüber, die sich gegen das Fenster gelehnt hat und gleichmäßig atmet, wie es aussieht holt sie den Schlaf nach, der ihr in der Nacht gefehlt hat.

Sie war unruhig und hat sich von einer Seite auf die andere gedreht, was ich verstehen kann. Denn sie lässt so vieles zurück, dass es mir genauso gehen würde. Ich richte den Blick wieder auf die Straße, die verlassen vor mir liegt.

Ich hätte nie gedacht, dass es so einfach werden würde aus Culiacán zu fliehen, aber wenn ich recht habe, was die Jefa und meinen Vater angeht, dann hat es seinen Grund. Das mein Alter skrupellos ist wusste ich, aber, dass er sogar eine Frau, die das höchste weibliche Amt im mexikanischen Militär bekleidet, tötet, nur um nicht ins Gefängnis zu kommen, hätte ich ihm nicht zugetraut.

Noch immer frage ich mich, was ihn dazu bewegt hat mich zu treffen und vor allem unbewaffnet.

Oder hatte er die ganze Zeit eine Waffe bei sich und hat sich nicht getraut sie zu ziehen, um mich, sein eigen Fleisch und Blut, zu töten?

Anders kann ich mir sein Zögern nicht erklären, denn es würde überhaupt keinen Sinn machen. Alles ist so verworren, dass ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe und genau das, dieses Ungewisse, macht mich beinahe krank.

Als das Handy klingelt, unterdrücke ich das Gähnen, welches sich in mir ausbreitet, denn auch ich habe nicht viel geschlafen, aber das lag viel mehr daran, dass ich mehr auf Rosa geachtet habe. Ich nehme den Anruf an und verstehe gar nicht, was Jesus auf einmal hat. Denn er redet dermaßen schnell, dass ich nicht hinterherkomme.

Gangs of Sinaloa - Cruel LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt