Hilfe die nicht gewollt ist

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GUZMAN

„Gandia ist tot. Bis jetzt haben sie nichts gegen dich in der Hand."

***

Während Rosa sich von ihrem Vater verabschiedet, bereite ich alles für unsere morgige Flucht vor. Das wir schon in achtundvierzig Stunden durch den Golf von Mexico schippern, löst ein gigantisches Gefühl in mir aus.

Eines, dass jede Zelle meines Körpers in Beschlag nimmt und sie bis an den Rand füllt. Wir nehmen nur das nötigste mit, da es sich mit leichtem Gepäck besser fliehen lässt und wir genug Kohle haben, um uns wo auch immer ein neues Leben aufzubauen. Ich packe gerade meine Tasche, als mein Handy vibriert.

Ich ziehe es aus meiner Hosentasche und nehme den Anruf an, ohne auf die Nummer zu achten. Was eindeutig ein Fehler ist, denn es ist nicht wie erwartet Jesus dran, der mich über den Stand der Pässe informieren will, sondern mein Vater.

„Wo bist du mein Sohn? Ich habe mir solche Sorgen gemacht", schwafelt er drauf los. Ich will auflegen, doch dann entscheide ich mich dagegen. Denn vielleicht kann ich der Jefa ein hübsches Abschiedsgeschenk dalassen.

Eines, dass meine Schuld bei ihr endgültig begleichen würde und mich vielleicht von der falschen Beschuldigung des Mordes an diesem Dreckssack von Agent freisprechen würde. Also gehe ich auf die Worte meines Vaters ein und versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass ich ihm am liebsten den Schädel einschlagen würde.

„Das kommt etwas zu spät, findest du nicht, Papa?"

Ich schließe den Reißverschluss der Tasche und werfe sie auf den Boden, setze mich aufs Bett und fahre mir durchs Haar. Rosa ist jetzt schon eine ganze Weile weg, langsam mache ich mir Sorgen. Was, wenn ihr etwas passiert ist? Immerhin sind wir beide nicht sicher, aber allein besser dran als zusammen.

Nein. Sie ist erwachsen, weiß genau, was auf dem Spiel steht. Sie wird noch bei ihrem Vater sein und sich von ihm verabschieden, vielleicht fährt sie noch zu Lina oder Santiago. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass sie sich unnötig in Gefahr bringt.

Denn das war die Abmachung, dass sie sich an einem der Polizei unbekannten Ort trifft, denn nennt mich paranoid, aber ich will nicht, dass ihr etwas geschieht und sie allein los zu schicken, war echt schon eine Nummer, die ich nicht wiederholen möchte.

„Ich weiß, m'ijo, aber ich möchte dich ein letztes Mal noch sehen", setzt er an.

In mir schrillen schon die Alarmglocken, doch ich darf nicht zulange zögern, denn ansonsten wird er misstrauisch. Und das kann und will ich mir nicht leisten.

„Um mich an die Bullen auszuliefern?", erwidere ich lauter. Ich darf auch nicht zu nachgiebig sein, alles muss authentisch bleiben und es macht umso mehr Spaß ihn zu triezen, als viel zu schnell klein bei zu geben.

Ich höre keinen Mucks im Hintergrund, was nicht gerade für eine Polizeizentrale spricht, denn dort wäre es niemals so still, dass ich seinen Atem hören kann, der ganz normal geht. Obwohl er mit Sicherheit schon innerlich am Brodeln ist und wenn ich so weiter mache, könnte er vielleicht doch noch die Fassung verlieren.

Ich reibe mir über das stoppelige Kinn, was mich daran erinnert, dass ich mich heute Morgen noch nicht rasiert habe. Doch das ist nebensächlich, Priorität hat nun meine Abmachung mit der Jefa einzuhalten, also lenke ich ein, oder tue viel mehr so, als ob.

„Okay, wir treffen uns im oberen Stockwerk eines alten Gebäudes. Die genauen Koordinaten gebe ich dir noch durch", sage ich und lege auf. Atme tief durch und versuche mich nicht auf den Augenblick zu freuen, in dem er von unzähligen Soldaten des mexikanischen Militärs umzingelt ist und er das perfekte Präsent abgibt.

Gangs of Sinaloa - Cruel LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt