ROSA
„Willst du, dass ich dich töte?"
***
Immer wieder höre ich Catalinas Hilfeschreie, ihr Schluchzen und die Explosion. Alles spielt sich wie ein schlechter Gangsterfilm in meinem Kopf ab und ich kann nichts dagegen tun.
Ich bin in dieser verfickten Endlosschleife gefangen und sehe keinen Ausweg. Meine Knie drücke ich noch enger an meine Brust, schlinge meine Arme darum, während ich in der Dunkelheit ausharre.
Das ist seine Art mir zu zeigen, dass ich keine Chance habe, mich gegen ihn zu behaupten.
Obwohl ich es bereits so oft getan habe, dass es fast lächerlich wirkt. Doch eben nur fast, denn er hat sich seitdem nicht mehr bei mir gemeldet oder sich blicken gelassen. Zwei Tage lang. Wenigstens kann ich Anhand des Lichts, das durch das vergitterte Fenster hereinscheint, ablesen, wie viel Zeit inzwischen vergangen ist.
Er will mich mit Nichtachtung strafen, weil er denkt, dass ich ihm dann anders gegenübertrete, doch da hat er sich geschnitten. Ich werde mich ihm nicht beugen, auch wenn ich langsam an mir zweifle.
Lebt Guzman, oder ist er durch die Explosion gestorben?
Diese Frage lässt mich einfach nicht los, während mein Herz vehement dagegen spricht, weiß mein Verstand langsam nicht mehr, was er denken oder fühlen soll.
Sicher, der Grabstein und die Fotos könnten gefakt, manipuliert worden sein, sodass ich es in meiner angeblichen Trauer um ihn glaube. Aber die Tonbandaufnahme?
Sie klingt so verdammt echt! Ich kann mich an den Notruf noch gut erinnern, den eine Frau abgesetzt hat, als sie mich und meine Mutter gefunden hat. Sie war genauso panisch, schrie und schluchzte, während ich ganz still dagesessen bin und mich nicht bewegt habe.
Ich beobachtete die Frau, die mich an meine Abuela erinnert hat. Ihre Aufgelöstheit war so greifbar, dass ich dann doch ganz unruhig wurde und mir gewünscht habe, dass meine Mama wieder aufstehen und mit mir nach Hause gehen würde. Doch das passierte nicht, stattdessen schrie die Frau die ganze Zeit, bis die Sanitäter eingetroffen sind und mich ein Mann an der Hand genommen hat, während man meine Mutter in einen schwarzen Sack steckte.
Und genau diese Schreie, die Bestürztheit habe ich in Catalinas Stimme gehört. Ich habe sie zwar nie gesehen, aber ich habe ihre Stimme einmal gehört. Das war noch vor meinem Studium, da gab sie ein Interview in einer lokalen Zeitschrift, also weiß ich, wie sie klingt.
Es war ihre Stimme, also auch ihre Schluchze und ihre Schreie.
Diese Erkenntnis, reißt mir ein Loch ins Herz und schnürt mir die Kehle zu. Tränen verhindern mir die Sicht auf die schäbigen vier Wände, die seit fast hundert Tagen mein Gefängnis bilden. Ich beiße mir auf die Lippen, um die Laute zu unterdrücken, die mir sonst entschlüpfen würden.
Nur, weil Gandia mich nicht mit dem Arsch angesehen, heißt das nicht, dass er mich nicht beobachtet. Und ich will ihm – und in gewisser Hinsicht auch mir – nicht eingestehen, dass ich es anfange zu glauben. Das hat er nicht verdient. Nicht er. Nicht heute, oder Morgen. Niemals!
Die Zeit versteht zäh wie Kaugummi, während ich die Positionen auf der Pritsche gefühlt tausendmal wechsle, habe ich das Gefühl, dass die Temperatur sich verändert.
Ich schwitze und würde mich liebend gerne von dem nassen Shirt und der warmen Hose befreien, doch dann wäre ich erneut die Wichsvorlage für diesen Mann, der sich für den Nabel der Welt hält und auch das, will ich nicht.
Doch als ich nach Stunden aufwache und mich so schmutzig fühle, als hätte ich an vier Marathons teilgenommen, stehe ich auf und gehe zu meiner improvisierten Waschstelle.
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Gangs of Sinaloa - Cruel Love
ChickLitRosa hat sich Gandia ausgeliefert und ist nun seine Geisel. Doch was macht das mit ihr und wie ergeht es Guzman? Er tut alles dafür, um seine Rosa zu befreien. Ihm werden Steine in den Weg gelegt, um ihn daran zu hindern. Aber als Unterstützung durc...