Abschied?

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GUZMAN

„Das geht dich nichts an und jetzt lass mich verdammt noch mal los, du dummer Affe!"

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Nachdem ich mich auf die Suche nach etwas essbarem gemacht habe und nur noch alte Dosen gefunden haben, die gar nicht nach meinem Geschmack sind und auch überhaupt nicht für das geeignet sind, was ich vorhabe, habe ich Santiago geschrieben und ihn um ein paar Sachen gebeten.

Währenddessen habe ich schon einmal Vorbereitungen getroffen, denn ich will Rosa ein perfektes erstes Date zum Abschied schenken.

Ich weiß, dass klingt vielleicht mega dumm, angesichts unserer gefährlichen Lage, aber wir hatten noch nie eines und ich möchte das unbedingt ändern, weshalb ich mein gesamtes romantisches Talent gesammelt habe, um ihr etwas zu zaubern. Rosa ist beschäftigt damit sich auf unsere bevorstehende Flucht zu vorbereiten.

Was sie genau plant, weiß ich nicht, aber ich möchte es ihr überlassen, unser Ziel auszusuchen. So fällt es ihr vielleicht etwas leichter, ihren Vater und die Bikergang zurückzulassen.

Ich kann es nur hoffen, denke ich, als ich mein halbwegs fertiges Kunstwerk betrachte. Ohne den nötigen Strom sieht es nach nichts aus, aber der wird mir hoffentlich bald geliefert werden.

Und als hätte Santiago meine Gedanken gelesen, vibriert mein Handy. Ich schnappe mir meine Jacke und gehe durch die Hintertür in den Garten und von dort in Richtung Osten. Die Villa meines Vaters umfasst mehrere Hektar Land, was uns nun zugutekommt, denn es gibt einige Verstecke, von denen die Polizei hoffentlich nichts findet. Außerdem legt Jesus – neben dem Fälschen unserer Pässe – auch noch falsche Brotkrumen, um die Bullen solange von uns fern zu halten, bis wir endlich abhauen können.

Das Wetter schlägt um und die ersten Tropfen fallen bereits, was meine Idee noch zusätzlich untermalt. Mit einem Grinsen im Gesicht, das nicht zu unserer Lage passt, erreiche ich den Treffpunkt, den ich ihm gesimst habe.

Er steht mit einer großen Kiste in der Hand da und sieht sich um.

„Immer noch keinen Orientierungssinn, was?", scherze ich und sehe, wie er vor Schreck zusammenzuckt. Lachend bleibe ich vor ihm stehen und spüre, dass es ihm gegen den Strich geht. Doch er ist ziemlich zahm und ich habe keine Ahnung, woran das liegt und es interessiert mich auch nicht die Bohne.

„Haha, du mich auch, Guzman", erwidert er ranzig und verdreht die Augen.

„Hast du alles?", frage ich, ohne darauf einzugehen. Santiago drückt mir die Kiste in die Hand und zieht eine Braue nach oben.

„Ja, auch das Stromdings. Frage mich immer noch, was du damit vorhast?", murmelt er. Ich würde ihm liebend gerne unter die Nase reiben, dass ich ein Indoor-Date für Rosa plane. Aber ich will keinen Streit vom Zaun brechen, den er sowieso mit dem Leben verlieren würde. Also atme ich tief durch und lenke das Thema in eine andere Richtung.

„War die Polizei bei euch?"

Santiago kann meinem schnellen Richtungswechsel kaum folgen, doch er schüttelt den Kopf. „Nein, denke sie glauben, dass ihr die Stadt verlassen habt. Schon krass, wie sich das alles entwickelt hat. Wer würde schon einen Killer anheuern, um ihn töten zu lassen", meint er dümmlich. Jemand mit Geld und einem Motiv, denke ich und verdrehe die Augen.

„Wie geht es Rosa damit? Sie muss am Boden zerstört sein. Salva macht sich unglaubliche Sorgen, hat mir Fragen gestellt, für was ich das Teil da brauche."

Er deutet mit seinem breiten Kinn auf die Kiste und mir rutscht das Herz jetzt schon in die Hose. Aber ich lasse mir nichts anmerken, hoffe ich zumindest, aber dieser Affe merkt das sowieso nicht.

Gangs of Sinaloa - Cruel LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt