Lügner lügen

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ROSA

„Meine Leute sind dran, das herauszufinden. Aber er musste nicht leiden, wenn dich das beruhigt."

***

Ich starre an die bröckelnde Decke, zähle die Sekunden, bis sich ein kleines Stückchen des Betons löst und neben mir auf den Boden rieselt. Staub glitzert in der aufgehenden Sonne, die durch das kleine, vergitterte Fenster scheint.

Wie oft habe ich schon an ihnen gerüttelt, mich gefragt, ob ich ein Knirschen gehört oder ein Ruckeln gespürt habe. Doch es war alles Einbildung, geformt von meinem Wunsch endlich hier raus zu können. 

Irgendwann habe ich es aufgegebenen und mich diesem Zustand gefügt. Meine Hände liegen verschränkt auf meinem Bauch und mit jedem Heben und Senken der Brust, spüre ich die Rippen unter meiner Haut deutlicher. 

Fett werde ich hier drinnen nicht, das kann ich wirklich sagen. Wenigstens lässt er mich nicht verhungern, aber die meist eiweißreichen Mahlzeiten rühre ich sowieso nicht an, was auch erklären würde, weshalb ich abgenommen habe, obwohl ich mich kaum bewege.

Meine Muskeln haben darunter definitiv gelitten, meine Waden sind kaum noch vorhanden und meine Oberarme sind so dünn, wie bei einem Kind. Manchmal fehlt es mir zu rennen, mich zu bewegen, obwohl ich Sport schon immer gehasst und mich irgendwann mit meinen fraulicheren Kurven abgefunden habe, wobei ich nie einen Arsch wie Kim Kardeshian hatte oder wollte, aber es war deutlich mehr als bei einem Victoria Secret Model.

Die Erinnerung daran, was ich mir in meiner Studienzeit alles an Reality Scheiß reingezogen habe, lässt mich alles Materielle in meinem Leben vermissen. Das fängt von einem bequemen Bett an und hört bei Fernsehen und mit Freunden quatschen auf, obwohl Letzteres wohl eher nicht zum Materiellen gehört. Aber ich vermisse es trotzdem und wie man es aus diversen Fernsehsendungen kennt, ertappe ich mich in letzter Zeit immer wieder, wie ich mir vorstelle, was meine Kommilitonen aus dem College, oder ganz einfach mein Vater und die anderen Estrellas gerade tun.

Ich stelle sie mir in Alltagssituationen vor und scherze, rede und lache mit ihnen. Wenigstens führe ich noch keine Selbstgespräche, was mich nicht ganz so psychisch labil wirken lässt. Aber innerlich führe ich jede Monologe mit mir, ärgere mich über meine eigene Dummheit, hasse mich für diesem verräterischen Teil in mir, der Gandia noch immer gefallen möchte und wünschte mir, einfach verschwinden und mich um all den Scheiß nicht mehr kümmern zu müssen. Gemeinsam mit Guzman.

Aber ob er mich noch will? Immerhin hat er es mir versprochen, hat geschworen, dass er mich retten und Gandia töten wird. Aber es sind schon dreiundneunzig Tage vergangen und ich gebe langsam die Hoffnung auf, dass sich daran noch etwas ändert, bevor die ersten hundert rum sind. Ich kann nur noch versuchen die Stimmung hier drinnen etwas angenehmer zu machen, aber dazu müsste ich mich Gandia erneut beugen und was er dann alles mit mir anstellt, will ich gar nicht wissen. Oder?

Sicher, ich habe mir bereits vor vier Monaten eingestanden, dass ihn faszinierend und heiß finde und, dass wenn er nicht meine Familie bedrohen würde, ich mich auf ihn eingelassen und mich von ihm hätte vögeln lassen, aber ich will nicht, dass ich dadurch, wie er werde. Und das würde ich, wenn ich diesem inneren Drang – Zwang wäre vielleicht das bessere Wort – endlich nachgeben würde.

Aber da ist Guzman, mein Vater und irgendwo auch mein Stolz und meine Würde, die ich damit in den Staub treten würde und das kann ich nicht. Noch nicht. Ob ich es jemals kann? Ich schrecke hoch, als ich etwas höre, dass nicht zu den normalen Geräuschen passt, die ich sonst höre. Langsam drehe ich den Kopf, sehe, wie etwas über den Boden schlittert und fast in der Mitte des Raumes zum Stillstand kommt.

Gangs of Sinaloa - Cruel LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt