außergewöhnliche Maßnahmen

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GUZMAN

„Hände hoch und über den Kopf!"

„Und du denkst, dass klappt?", fragt Jesus mich. Wir sitzen in einer alten Schrottkarre, die ich mir von Santiago ausgeliehen habe. Na ja, ausgeliehen klingt ziemlich freundlich. Ich habe sie mir einfach genommen, demjenigen der Wagen gehört, wird sich nicht darüber aufregen. Im Gegenteil. Er wird sich freuen das er sie los hat, also soll er den Ball flach halten. Keine Ahnung, ob er es überhaupt gecheckt hat, würde mich ja nicht überraschen.

In den letzten Wochen ist er ziemlich abgestürzt, jedenfalls habe ich das durch Salvatore mitbekommen. Wir haben nicht viel Kontakt, aber ich fühle mich fast verpflichtet, mich um ihn zu kümmern. Auch wenn kümmern ein großes Wort ist und nicht gerade das beschreibt, was ich getan habe. Doch er hat sich bis jetzt nicht beschwert, von daher ...

„Cabron! Wenn du deinen Kopf weiterhin in die Luft steckst, dann können wir das ganze knicken", brummt Jesus und verpasst mir einen Schlag in den Nacken.

Ich funkle ihn wütend an und würde ihm liebend gerne seine scheiß Fresse polieren, doch ich muss meine Kräfte einteilen. Unser Plan hat sich in den letzten Tagen gefestigt. Seitdem haben wir – oh ja, Elisabetta hat sich uns angeschlossen, obwohl sie niemand dazu aufgefordert oder genötigt hat – uns mit Gandias Vergangenheit beschäftigt und was uns da offenbart wurde, ist echt eine Menge.

Zum Beispiel hat der einsame Wolf sogar eine Familie, zumindest so etwas in der Art. Seine Eltern haben sich früh scheiden lassen, während er bei der Mutter gelebt hat, hat sich sein Alter eine neue Frau angelacht, mit der er noch einen Sohn – also Gandias Halbbruder – gezeugt hat. Und genau dieser lebt – wer hätte das gedacht – keine drei Stunden von Culiacán entfernt. Los Mochis ist die drittgrößte Stadt im Bundestaat Sinaloa und an sich eine schöne Stadt, aber nichts im Vergleich zu meiner Heimat.

Gandias Bruder Rino Valente Suarez lebt in einer ruhigen, mittelständigen Wohngegend außerhalb der City. Den Infos von Elisabetta – die nichts von unserem Plan wissen wollte, um ihre Karriere nicht zu gefährden – nach lebt er mit seiner Frau Leticia und den zwei Kindern Javier und Alberto in einem dieser Häuser, die mich an die Vorstädte in den Staaten erinnert. Es gibt zwar weiße Gartenzäune, aber die meisten sehen nicht gerade neu aus und auch der Rasen der meisten Gärte scheinen nicht gerade auf englische Weise getrimmt zu werden – woher ich diesen Mist weiß?

Mein Vater hat unsere Gärtner öfter ausgetauscht, als seine Unterwäsche und das auch nur, weil sie den Zollstock vergessen haben, um nachzumessen, ob er genau drei Komma sechs, acht Millimeter hoch ist. Wer kommt schon auf eine solch verfickte Zahl?

„Der Plan ist gut", nehme ich seine Frage auf und greife unter den Sitz und hole die zwei Knarren hervor, die ich aus dem Lager meines Vaters genommen habe.

Ich reiche die eine meinem besten Freund und checke das Magazin, ehe ich sie sichere und in meinen Hosenbund stecke. Jesus tut sich etwas schwer, was vor allem an seiner Hand liegt, die nach der Explosion seines Zuhauses immer noch steif ist und es wahrscheinlich auch bleibt. Jetzt bin ich es der Zweifel hat, ob der Plan auch wirklich so gut ist, wie ich mir den in den letzten Stunden wieder und wieder ausgemalt habe. Aber ein Zurück gibt es nicht.

„Und jetzt komm, bringen wir es hinter uns", füge ich hinzu und öffne die Tür.

Zusammen steigen wir aus und laufen auf die Nummer dreiundsechzig. Unsere Recherche hat auch gezeigt, dass der gute Rino als Disponent eines lokalen Transportunternehmens arbeitet und immer um dieselbe Zeit nach Hause kommt. Und nach meiner Uhr zufolge, müsste er seit einer Stunde bei seiner Familie sein. Die wir jetzt ein bisschen aufmischen, und zwar auf unsere Weise.

Gangs of Sinaloa - Cruel LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt