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Knurren.

Ava schrak zusammen und drehte sich um. Hinter ihr stand der Mann, der sie am Tresen beobachtet hatte und KNURRTE.
Und jetzt traf es sie wie der Blitz. Das waren keine normalen Männern. Ihre Gabe schoss durch die Adern und ihr Block trübte sich. Die Schatten der Männer bewegten sich, verformten sich... WÖLFE?
Sie wusste, dass keiner der Menschen um sie herum, das sehen konnte was sie sah. Das war Teil ihrer Gabe. Sie konnte hinter das wahre Ich blicken und erkennen, was andere zu verbergen versuchten.
Normalerweise nutzte sie diese Fähigkeiten nicht, aber an Vollmond und verängstigt, war es nicht immer so leicht sich unter Kontrolle zu halten.

„Komm.", war alles, was der Wolf mit den braunen Augen sagte. Wobei sagte doch nicht ganz richtig war. Es war eher ein Knurren. Ava sah in seinen Augen, wie sehr sein Wolf an der Oberfläche kratzte. Was zum Teufel war hier los?

Sie trat einen Schritt zurück, weg von dem Tisch, weg von IHM und schaute sich Hilfe suchend nach Lizzy um. Diese hatte schon reagiert als Tim übergriffig geworden war und stand mit einer Schrotflinte in der Hand hinter der Bar. Sie blinzelte einige Male. Sichtlich verwirrt von der Situation. „Jeder nimmt jetzt brav seine Hände zu sich und verpisst sich von hier!", knurrte sie schließlich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.

Ava schaute sie an, dann den Wolf und seine Begleiter. Diese widerrum starrten Lizzy an. Der Augentyp jedoch nahm seinen Blick keine Sekunde von Tim, während seine Hand nach ihr ausgestreckt war. Oh Tim.

„Tim du solltest besser gehen.", war alles was Ava flüsternd über ihre Lippen brauchte. Sie ließ die Wölfe keine Sekunde aus den Augen.
Tim schluckte schwer und erhob sich langsam vom Tisch. Er war kreidebleich geworden und zitterte unkontrolliert. Auch wenn Ava es nicht zugeben wollte, gab ihr das doch einiges an Genugtuung. Er hatte diese Angst einfach mehr als verdient. Auch wenn Ava zum ersten m eigenen Leib erlebt hatte, wie übergriffig diese Männer sein konnten, hatte sie doch lange genug beobachten müssen, wie sie andere Frauen so behandelten.

Stolpernd entfernte Tim sich immer weiter bis er schließlich kopflos aus dem Laden stürmte. Seine Begleiter sahen sich kurz an und entschieden dann, es ihm gleich zu tun. Die Spannung im Raum nahm greifbar ab. Lizzy stand immer noch mit ihrer Flinte bewaffnet am Tresen.

„Ich sagte KOMM", nun da Tim weg war, richtete der Fremde seine volle Aufmerksamkeit auf Ava. Sie blinzelte ein paar mal. Alles in ihr schrie danach, ihm sofort zu gehorchen. Er ist ein mächtiger Wolf dachte sie. Und mit diesem Gedanken wurde ihr klar, dass er gerade versuchte mit seiner Macht sie dazu zu bringen ihm zu gehorchen.

Sie biss die Zähne zusammen und ballte die Hände zu Fäusten. Ihm in die Augen blockend, Gott waren das schöne Augen, baute sie sich auf. Für alle anderen mussten das ein verdammt witziges Bild sein. Er knapp 1,90 Meter, mindestens 90 kg pure Muskelkraft. Sie gerade mal 1,65 Meter und 65kg leicht. Goliath gegen David...

Verschwinde von hier.", brachte sie wutschnaubend hervor. Was dachte er eigentlich, wer er ist? Taucht hier auf, bringt alles durcheinander und kann ihr dann BEFEHLE geben?

Seine Augen weiteten sich amüsiert und er legte leicht den Kopf schief. Plötzlich schoss er nach vorne, griff eine ihrer Haarsträhnen und roch daran. Er atmete tief ein und schloss genüsslich die Augen.
Sie wusste von ihrer Mutter, dass Wölfe manchmal etwas komisch waren. Aber das übertraf so ziemlich alles.

„Lass das!", zischte sie, und riss ihm ihre Haare aus der Hand. Er richtete sich auf und wollte gerade etwas sagen, als sich von hinten eine Hand auf seine Schulter legte.

„Ethan, komm wir sollten etwas essen.", sie erkannte den Sprecher als Nico, dem schlechten Fahrer. An sie gerichtet lächelte er sie mit seinen eisblauen Augen an „Bitte entschuldige sein Verhalten. Er ist einfach nicht er selbst, wenn er eine Jungfrau in Nöten sieht."
Dann zog er Ethan mit zu den anderen und setze sich.

Ava blieb völlig verdattert stehen.
„Hey ist alles ok Süße?", kam Lizzy angelaufen immer noch die Schrotflinte haltend. Ava nickte nur knapp. „Ich muss mich kurz frisch machen", murmelte sie und eilte dann nach hinten in die Umkleide.

Dort angekommen setzte sie sich auf die verschlissene Bank und atmete durch. Konnte dieser Abend noch schlimmer werden?

Die restliche Schicht lief recht ruhig ab. Alle waren etwas verspannt und die örtlichen Gäste verabschiedeten sich schneller als gewöhnlich. Die Wölfe saßen den ganzen Abend in ihrer Runde, tranken und aßen. Lizzy hatte kurzerhand die Seite mit ihr getauscht, damit sie die Fremden nicht weiter bedienen musste. Dennoch spürte sie deren Blicke die ganze Zeit in ihrem Nacken. 3 neugierige und einer besitzergreifend.

Irgendwann kam Jonny nach vorne und kündigte die letzte Runde an. Das tat er immer so. Den ganzen Tag verkroch er sich im Büro, schlug sich mit Rechnungen um die Ohren, aber zum Ladenschluss machte er das, wofür er vor 20 Jahren den Laden eröffnet hatte. Ava fand es immer wieder faszinierend zu sehen, wie aus dem griesgrämigen alten Mann plötzlich ein witziger älterer Typ wurde, mit dem man am liebsten gemeinsam ein Fass öffnen wollte.

Sie stand mit Lizzy in der Umkleide und trank mit ihr und dem Koch gemeinsam noch ein Bier. Aufgeregt erzählte ihre Freundin, was sich heute Abend vorne zugetragen hatte, während Ava die Tür anstarrte. Sie konnte spüren, wie die Wölfe den Laden verließen und entspannte sich ein wenig.

„Ich schwöre es dir, er hat GEKNURRT", Lizzys Wangen glühten vor Aufregung und Alkohol. Ava stand auf und verabschiedete sich von den anderen. „Bist du sicher, dass du schon gehen willst? Wenn du noch ein wenig wartest, fahre ich euch Mädels nach Hause." Marc sah nicht gerade begeistert von seinem Vorschlag aus, aber sein Ehrgefühl zwang ihn wohl. Sie wusste, dass er Hals über Kopf in Lizzy verliebt war und wahrscheinlich hoffte er auf ein wenig Zeit zu zweit. Innerlich musste Ava lachen. Der große schlacksige Marc und Lizzy wären tatsächlich ein schönes Paar.

„Alles gut Marc. Ich gehe doch nur ein paar Minuten und ich wette, dass mich jedes Haus auf dem Heimweg genauestens beobachten wird. Ihr werdet wissen, dass ich zu Hause bin, bevor ich es selbst weiß.", lachte sie laut.

Marc wirkte sichtlich erleichtert und klang in ihr Lachen ein. Es gab Vor- und Nachteile an einer Kleinstadt.

Sie küsste Lizzy auf die Wange, schnappte sich ihre Sachen und verließ den Laden.

Vom Mond geküsstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt