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Und einmal wird sie erscheinen. Heller als der Mond selbst wird sie leuchten und ihm zeigen den Weg ins Paradies.

Ava saß wieder in ihrem Zimmer auf dem Bett und starrte aus dem Fenster. Draußen war es schon längst dunkel geworden. Sie konnte sehen wie dicke Schneeflocken vor ihrem Fenster zu Boden sanken. 

Nach ihrem Gespräch in der Bibliothek war Ethan ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer gestürmt. Sie hatte beinahe eine Stunde auf in gewartet bis schließlich Nico kam und sie fragte, ob sie mit den anderen Essen wollte. Dankbar hatte sie ihn angelächelt und sich an den Tisch führen lassen. Gemeinsam mit ihm, seiner Gefährtin Liza und einem Jungen namens John hatte sie Pizza gegessen. Alle waren sehr nett und freundlich zu ihr gewesen, führten aber nur oberflächliche Gespräche mit ihr. Sie war froh darum, dass niemand sie genauer zu den Geschehnissen der letzten Tage ausgefragt hatte und verabschiede sich recht früh in ihr Zimmer. 

Irgendjemand hatte das Chaos, das Ethans Wutattacke ausgelöst hatte beseitigt und ihr Bett gemacht. Die Laken rochen frisch und sauber und ihre Kleidung war fein säuberlich im begehbaren Kleiderschrank verräumt worden. 

Nach und nach entdeckte sie immer mehr persönliche Gegenstände, die die Wölfe aus ihrem Zuhause in Anderson hergebracht hatten. Sogar die einzige Erinnerung an ihre Mutter, die sie noch besaß, hatten sie mitgebracht. Ava nahm die Spieluhr in die Hand und drehte an dem kleinen Rädchen an der Seite. Nach einigen Umdrehungen liess sie los und setzte sich aufs Bett. 

Leise erklang die zauberhafte Melodie von dem Schlaflied, dass ihre Mutter ihr als Kind vorgesungen hatte, wenn sie Angst bekommen hatte. In dem Lied ging es um die Mondgöttin und ihre Töchter, die sie entsandte um den Wölfen den Frieden zu bringen. Eine Träne rann Ava über die Wange als sie daran dachte, wie glücklich diese Zeiten für sie gewesen waren. Bis heute konnte sie ihr Kinderzimmer in der Blockhütte am Waldrand kurz vor dem Harzer Gebirge vor ihren Augen sehen. Der Geruch der Tannenbäume wärmte ihr Herz. 

Seufzend legte Ava die Spieluhr in die Schublade des Nachttisches neben sich. Dann ging sie zu ihren Kleidern und suchte sich etwas bequemes für die Nacht heraus. Es war ihr nicht unbemerkt geblieben, dass Ethan überall Wachen positioniert hatte, damit sie nicht einfach verschwand und sie hatte für heute keine Kraft mehr um sich durch diese hindurchzukämpfen. 

Sie nahm ihre Kleidung und ging hinüber ins Bad. Alles wonach sie sich sehnte war eine warme Dusche und Ruhe. Sie löste den Zopf in ihren Haaren und mit einem Blick in den Spiegel stellte sie fest, dass ihre Wunden narbenlos verheilt waren. Auch wenn sie ihre Mauern längst wieder errichtet hatte, konnte sie die Magie dahinter spüren. Umso stärker das Band zwischen ihr und Ethan wurde umso mehr drängt sich ihre übernatürliche Seite an die Oberfläche. Es kostete sie viel Kraft ihr Wesen zu unterdrücken. Für eine Sekunde stellte sie sich vor, wie es wohl wäre wenn sie einfach loslassen könnte und aufhören könnte, gegen ihre Natur anzukämpfen. Doch schnell schob sie den Gedanken beiseite. Das war unmöglich. 

Als sie sich umdrehte beäugte sie zum ersten Mal den ganzen Raum. Er war größer als sie dachten verlief in einem liegenden L. Durch  die lange Seite trat man durch die Tür ein und erblickte neben dem Waschbecken, der Toilette und der Dusche eine Schulterhohe Trennwand. Dahinter stellte sie fest, Stan eine riesige Eckbadewanne. Ihr gegenüber lag ein Fenster mit Blick in den nächtlichen Himmel. Kurzerhand entschied sich Ava ein Bad zu nehmen und ließ heißes Wasser in die Wanne laufen. In einem Regal über der Wanne fand sie eine Sammlung mit Schaumbädern, Badeölen und Salzen. Sie entschied sich für eine Mischung aus Sanddorn und schüttete eine gehörige Menge in das steigende Wasser. 

Während die Wanne sich langsam füllte, entkleidete sie sich. Erleichtert stellte sie fest, dass die Wölfe sogar ihre Kosmetikartikel mitgenommen hatten und so fand sie schnell ihren Rasierer und Cremes. Sie stellte das Wasser ab und stieg in die dampfende Wanne. Kurz stockte ihr der Atem, da das Wasser im ersten Moment so heiß war, dass sie sich beinahe verbrühte, doch als sich ihr Körper an die Temperatur gewöhnt hatte, lehnte sie sich zurück und ließ sich tiefer in die warmen Wogen gleiten. Sie spürte, wie sich langsam ihre Muskeln entspannen und seufzte erleichtert auf. Sie schloss die Augen und genoss den Augenblick.

Vom Mond geküsstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt