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Nervös trat Ava von einen auf den anderen Fuß. Ethan hatte schamlos untertrieben als er meinte er würde "einige" Jäger zu ihrem Schutz abstellen. Um sie herum stand das halbe Rudel. Der Rest war im Rudelhaus verschwunden und achtete auf die Kinder, Alten und Kranken.

Sie strich nervös durch das weiße, weiche Fell ihres Bruder. Er saß neben ihr in seiner Wolfsgestalt und starrte stur auf den Wald vor ihnen.

Das Territorium der Wölfe war begrenzt durch einen breiten Fluß, der hinter ihnen gemächlich seinen Weg durch die Weiten der Natur suchte. Das Rudel stand breit gefächert an seinem Ufer. Ava, Jasper, Nico und Samantha standen außerhalb des Territoriums um die Fremden in Empfang zu nehmen. Der Rest war auf der anderen Seite des Ufers und starrte unablässig in den Wald.

Der Nachmittag war angebahnt und die Sonne hatte längst ihren Zenit überschritten. Hier draußen lagen noch überall verteilt die letzten Reste des eisigen Winters. Der Schnee sah noch nicht ein seinen Kampf gegen die Sonne verloren zu haben und strotzte stur ihrer Kraft.

Samantha hatte sich zu einem schwarzen Fellberg zusammen gerollt und döste vor sich hin. Seit einer halben Stunde standen sie nun hier und warteten auf das flüchtende Rudel Werwölfe, das einfach nicht erscheinen wollte. Die Schwester des Alphas schien es nicht für nötig zu halten weiterhin in den Wald zu starren. Ihre Nase würde sie rechtzeitig warnen, hatte sie ihnen durch das Band mitgeteilt bevor sie sich hingelegt hatte. Ava schmunzelte. Diese schwarze Wölfin hatte etwas unheimlich süßes an sich, wenn sie so friedlich vor sich hinschlummerte.

Einige Männer hinter ihnen kicherten laut auf. "Denk das nicht zu laut, Luna. Wenn sie das hört, nimmt sie das nur zum Anlass wach zu bleiben und uns voll zuplappern"

Ava lachte auf und warf ihrem Bruder einen Blick zu, der sich vorgelehnt hatte und entnervt knurrte. Ab und an vergass sie noch ihre Gedanken vor dem Rudel zu verbergen und so hob sie ihre Mauern wieder an.

Sie entschied, dass es keinen Sinn hatte die ganze Zeit hier unnütz zu stehen und setzte sich auf einen Stein am Ufer. Sie genoss die Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht und entspannte sich. Das Rudel würde sie rechtzeitig warnen. Jasper, Nico und Samantha hatten alle ihre Wolfsgestalt angenommen um schnellst möglich reagieren zu können, sollte es nötig sein und ihre eigene Verwandlung war schnell genug, sollte Gefahr drohen.

Sie horchte durch den Wald, spürte die flatternden Herzschläge der Vögel in ihrer Umgebung und gab sich ihren Hütergenen hin. Wie hatte sie nur so lange auf all das verzichten können?

Nie hatte sie sich so eins mit sich selbst gefühlt, wie hier bei den Wölfen. Keiner von ihnen schien etwas dagegen zu haben, wenn sie abdriftete oder stundenlang im Wald verschwand, um Tieren zu helfen oder Pflanzen wachsen zu lassen. Der Wald in ihrem Territorium war so lebendig wie nie zuvor und immer mehr Wildtiere suchten Zuflucht in ihrem Gebiet. Gerade überlegte Ava, ob sie auch hier anfangen sollte ihre Aufgabe als Opiekun zu erfüllen und den Tieren so mehr Lebensraum beschaffen sollte, als Samantha knurrte und sie aus ihren Gedanken riss.

Ihr Bruder hob nervös den Kopf und zog anscheinend den Duft der Neuankömmlinge ein. Seine Nackenhaare sträubten sich und er ließ ein beängstigendes Knurren ertönen. Ava rappelte sich auf und stellte sich zurück zwischen den Beta und Jasper.

Gespannt richtete sie den Blick auf den Wald. Ihre Sinne waren bei weitem nicht so fein, wie die der Wölfe und so dauerte es noch einige Momente, bis sie zwischen den Schatten der Bäume Bewegungen ausmachte. Schließlich lösten sich die dunklen Schemen aus dem Schutz des Waldes und betraten einige hundert Meter von ihnen entfernt das mit Kies bedeckte Ufer.

Es waren zwei Erwachsene, Ava vermutete, dass dies das Alphapaar des Rudels war. Sie strahlten eine einnehmende Macht aus. Beide waren schon weit aus ihren besten Jahren rausgewachsen und hatten schneeweiße Haare. Ihre Kleidung war zerschlissen und durchlöchert. Irgendwie wirkten sie wackelig auf ihren menschlichen Beinen, weshalb Ava vermutete, dass sie die meiste Zeit in ihrer Wolfsgestalt gereist waren.

Vom Mond geküsstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt