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"Auch wenn du mein Alpha bist, Ethan... Bitte setz dich nie wieder nackt auf meine kleine Schwester! Diese Bilder werden mich noch nachts verfolgen...", Jasper lehnte lässig in seinen locker sitzenden Jeans an der Hauswand und beobachtete sie amüsiert. 

Ava lief rot an und blickte weg. Wann war sie eigentlich so kindisch geworden? Sie räusperte sich und versuchte aufzustehen, doch Ethan schien die Situation einfach viel zu sehr zu amüsieren und drückte sie wieder nach unten. Er lehnte sich vor und roch theatralisch an ihrem Hals, den Blick starr auf ihren Bruder gerichtet. "Gott Ethan, er ist mein Bruder. Runter mit dir!", diese Wölfe waren einfach in so vielen Sachen so merkwürdig, dass sie ihn nur mit einem elterlich strafenden Blick belegen konnte. Ethan stand lachend auf und zog sie mit sich. Er hauchte ihr einen Kuss auf die Wange ehe er durch einen versteckt liegenden Seiteneingang verschwand. Hoffentlich zog er sich an. 

"Tut mir leid Jasper. Ich glaube, ich habe sein Ego etwas angekratzt, weil ich beinahe vor ihm hier angekommen bin.", sie ging auf ihren Bruder zu, der seinen Arm um ihre Schulter legte und sie amüsiert von der Seite anblickte. 

"Das hast du fast geschafft?", fragte er sie und zog seine Augenbrauen hoch. Seine mitternachtsblauen Augen funkelten immer amüsierter, während er auf sie hinab grinste.

"Ja, naja fast. Aber ich hab geschummelt. Also war er eigentlich schneller." Sie spürte die altbekannte Wärme in ihre Wangen schießen und senkte den Blick. Sie hätte Ethan beinahe vor seinem Rudel bloßgestellt, es war ein Wunder, dass er die Situation mit so viel Humor nahm. 

Jasper lachte mit einem Mal lauthals auf. Tränen traten in seine Augen und er hielt sich den Bauch. "Du hast.... oh Gott ich muss das Liam erzählen... du hast ihn ausgetrickst? Ethan???? Ich fasse es nicht!", Er japste nach Luft und ließ sich lachend zu Boden fallen. Ava starrte verdattert auf ihren Bruder. Sie konnte nicht anders als in sein Lachen einzufallen, auch wenn sie keinen blassen Schimmer hatte, was zum Teufel los war. 

"Was ist denn mit dem los?", Nico kam aus dem Wald geschlendert. In seinen riesigen Armen lag schlafend sein kleiner Sohn. Sofort überkam Ava wieder dieses schaurige Schuldgefühl und ihr Lächeln verblasste. Mittlerweile hatte Nico es zwar geschafft sein Gefühlschaos gut vor dem Rudel und dem Band, das sie alle miteinander verband, zu verstecken, aber in seinem Augen war nichts von dem charmanten, jungen Mann geblieben, der so herzlich versucht hatte sie zu beruhigen, als Ethan sie im Wald gefunden hatte. 

"Ich war beinahe schneller hier als Ethan und aus irgendeinem schleierhaften Grund benimmt mein Bruder sich jetzt wie ein 12 jähriger, der einen schmutzigen Witz gehört hat.", sie lächelte Nico traurig an und bedachte ihren Bruder mit einem strengen Blick. Als er diesen bemerkte, musste er nur noch mehr lachen. 

"Das ist nicht dein Ernst!", Nico sah sie mit großen Augen bevor auch anfing leise zu lachen. Es dauerte nicht lange, da fiel er genauso euphorisch in Jaspers Gelächter ein und wischte sich Tränen aus den Augen.Sein kleiner Sohn hüpfte in seinen Armen auf und ab, kuschelte sich aber nur noch enger an seinen Vater und schlief tief und fest weiter.

"Okay, was hab ich verpasst?"

Langsam war Ava regelrecht genervt, warum waren diese Männer immer so eigenartig. Plötzlich legte jemand seinen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Überrascht schaute sie in das wunderschöne von Samantha. "Naja, die letzte Person, die es geschafft hatte ihn zu überraschen, war unsere Mutter und sie meinte einmal, wenn es jemals wieder jemanden gibt, der das schafft, hoffe sie, dass diese Person ihm den Hintern genauso versohlen würde, wie sie!" 

Die Männer lachten noch lauter und Ava lachte mit. Samantha schmunzelte sie an, bevor sie zu Nico ging und ihm sachte das kleine Bündel aus den Armen nahm und hinein trug. Das Rudel zog den Kleinen gemeinsam groß und so verzog er keine Miene als er sachte umgebettet wurde. Ava sah Samanthas schwarzem Haarschopf hinterher bevor sie sich zurück drehte zu Nico. "Was genau war denn jetzt eigentlich mit Mia los?", fragte sie die beiden vor sich und legte den Kopf schief. Sie wusste, dass nichts ernstes passiert sein konnte, sonst hätte keiner von ihnen und allen voran Jasper nicht so entspannt gewirkt. 

"Ethan ist schon bei ihr. Luna, wärst du so nett ein paar Schritte mit mir zu gehen?", Nico sah sie ernst an. Ava schluckte und nickte. Ihr war klar gewesen, dass sie irgendwann mit dem Beta reden musste, aber sie hatte egoistisch gehofft, dass es noch lange dauern würde, bis er zu diesem Gespräch bereit war. Sie war es definitiv noch nicht. Jede Nacht verfolgten sie die Bilder von Liza und sie wollte einfach noch nicht mit jemanden darüber reden. Aber wie sollte sie dem Trauernden diese Bitte verwehren?

Gemeinsam gingen die Beiden durch den Garten auf einen Weg im Wald zu. Ihr war aufgefallen, dass die Wölfe immer hierher kamen, wenn sie innerlich unruhig waren. Der Wald war ihre Heimat und Ava konnte fühlen, was sie fühlte. Als Hüterin war sie nirgendwo glücklicher als in der Natur und dieser Wald erinnerte sie so sehr an ihre Heimat und ihre Eltern, dass sie gar nicht anders konnte als sich zu Hause zu fühlen. 

Ihr Herz überschlug sich beinahe, während sie schweigend durch den Wald liefen. Sie räusperte sich, schluckte die Angst hinunter und blieb stehen. Nico sah sie mit zur Seite geneigtem Kopf an und wartete geduldig. 

"Hör zu Nico. Ich weiß, dass du mich hasst. Ich hasse mich selbst. Wenn ich nicht hier gewesen wäre, dann... dann wäre sie... Es tut mir einfach nur unendlich leid!", Tränen schossen in ihre Augen und die tiefe Trauer in ihr zerriss sie beinahe bei jedem Wort. Beschämt senkte sie den Blick, wollte dort nicht den Hass sehen, den der Beta für sie empfinden musste. Wäre es Ethan gewesen, der an diesem Tag tot auf der Lichtung gelegen hätte, sie hätte jeden getötet, der etwas mit seinem Tod zu tun gehabt hätte und dabei war ihre Verbindung zu ihm noch lange nicht so tief, wie die zwischen Nico und Liza gewesen sein musste. Sie und Ethan hatte noch keine feierliche Verbindungszeremonie abgehalten, nicht im Licht des Vollmunds verkündet, dass sie Gefährten waren und sie die Luna des Rudels. 

Aber der Beta und seine Geliebte hatten ihre Verbindung schon vor Jahren bekannt gegeben. Seit Kindertagen waren sie zusammen gewesen und nun war sie fort.

Sie schluckte und zitterte am ganzen Körper. Nico sagte kein Wort und sie spürte, dass er seinen Blick starr auf sie gerichtet hatte. 

"Bitte Nico, schrei mich an... verurteile mich... irgendwas. Du musst nicht so tun als ob, nur weil ich Ethans Gefährtin bin. Ich kann mich von dir fernhalten. Ich wollte das alles doch nicht....",  ihre Stimme war nicht mehr als ein raues Flüstern. Unruhig trat sie von einem Fuß auf den anderen und wartete auf die Reaktion des Betas. 

Als diese letztendlich kam, zuckte sie überrascht zusammen. Mit großen Schritten schoss er zu ihr und zog sie mit voller Wucht in seine Arme. Bebend standen sie dort, zitterten und sagten kein Wort. Sie spürte, wie Ethans Wolf an der Oberfläche kauerte, wartend was geschehen würde. 

"Ich wollte dir danken, dass du meinen Sohn sicher hierhergebracht hast und so wild und entschlossen mit uns gemeinsam gekämpft hast. Ich habe noch nie eine Wölfin gesehen, die so gekämpft hat, Ava. Liza wäre stolz, dich als ihre Luna zu haben.", beruhigend streichelte Nico über ihren Rücken. Ava spürte, dass auch er weinte und so hielten sie sich einige Minuten einfach nur im Arm. 

Vom Mond geküsstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt