Seungkwan
Jihoon bemerkte gleich, dass ich schlecht darauf war und versprach mir, dass er mir nach dem Training seine Spezialpfannkuchen machte. An manchen Tagen konnte einem nichts mehr helfen außer scharfe, koreanische Kimchipfannkuchen à la Jihoon und so ein Tag war definitiv heute.
Ich zog meine Jacke aus und warf sie über die Lehne einer der Stühle in der Küche. Im Gegensatz zu mir durfte Jihoon ein kleines Apartment sein Eigen nennen, welches seine Eltern ihm zur Verfügung stellten. Sie hatten mehrere Eigentumswohnungen verteilt in ganz Seoul und diese hatten sie nun ihrem Sohn überlassen, weil sie in der Nähe der Uni war und er sich so gut auf sein Studium konzentrieren konnte.
Seine Eltern konnten sich das einfach leisten. Trotzdem war Jihoon nie eine verwöhnte Göre gewesen, im Gegenteil war er eine großzügige Person, die sich nicht scheute ihren Freunden unter die Arme zu greifen oder sich die Hände schmutzig zu machen, um eigenes Geld zu verdienen.
"Also, willst du mir helfen oder nur rumheulen?", fragte er mich, nachdem er mir in die Küche gefolgt war. Er meinte das nicht irgendwie angreifend, sondern genauso wie er das sagte. Wie schlimm war mein Drama? Wollte ich helfen, um später kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich mich bekochen ließ oder was es so schlimm, dass ich mich gleich dem Mental Breakdown hingab und nichts machte? Er musste das wissen, damit er wusste, womit er anfangen musste. No offense.
Ich schmollte trotzdem. Gespielt beleidigt zog ich eine Schnute und schenkte ihm einen vorwurfsvollen Blick. Dann nahm ich den Kartoffelschäler aus der Schublade und setzte mich an den Tisch. Jihoon lachte leise und zauberte aus einem der Schränke einen Beutel mit Kartoffeln hervor und legt ihn vor mich, worauf ich seufzte und mir die erste Kartoffel zur Hand nahm.
"Ich hab mich mit Hansol gestritten", offenbarte ich dunkel. Zwar war ich noch immer irgendwie sauer, aber immerhin nicht mehr so wütend wie vorhin. Ich würde mich noch mal mit Hansol unterhalten müssten und ich sollte mich auch ganz dringend bei ihm entschuldigen - zumindest dafür, dass ich viel zu sehr hingenommen hatte, dass er sich um alles alleine kümmerte. Ich hatte ab einen gewissen Zeitpunkt aufgehört etwas in der Sache zu leisten und das, obwohl ich die Sache losgetreten hatte. Das war nicht alleine meine Schuld, Hansol hatte mich aktiv auf die Ersatzbank gesetzt, doch ich hätte mich trotzdem mehr reinhängen können, dann wüsste ich vielleicht auch Bescheid.
Ich war trotzdem sackig.
"So schnell bereits Ärger im Paradies", hakte Jihoon nach, was mich dazu brachte verzweifelt über meinen Kartoffeln zu kollabieren, während Jihoon schon mal den Kimchi vorbereitete. Ich knurrte unzufrieden.
"Es geht um die Weed Sache", seufzte ich. Geschafft ließ ich die erste kahle Kartoffel in eine Schüssel fallen, die Jihoon mir freundlicherweise hingestellt hatte. Irgendwie konnte ich mich mit dieser Kartoffel identifizieren. Ich fühlte mich wie eine dumme, einsame ugly Kartoffel.
Langsam - mit schwindender Wut - bekam ich Bauchschmerzen. Es war sehr wahrscheinlich dumm sich gleich Sorgen zu machen, dass Hansol mich jetzt nicht mehr mochte. Sehr wahrscheinlich sogar. Ich kannte Hansol inzwischen besser als das, aber ich konnte auch nicht aus meiner Haut, die zu weilen doch noch ein bisschen unsicher war, grade, wenn sie durch was Neues durch musste. Dating zum Beispiel. Ich hatte zwar zwischen durch einen Freund gehabt, doch die Beziehung war eher schlecht als recht gewesen. Ich war einfach noch nicht so weit gewesen und hatte mich danach um mich selbst gekümmert.
Also was wusste ich schon, was einem Boyfriends so alles verziehen? Oder was sie sich leisten durften? Ahhhhh, gibt es dafür eine Anleitung? Hilfe. Ich sollte mich zusammenreißen. Morgen ließ sich das sicher klären.
"Ich hatte ihn gefragt, wann wir in dieser Sache weitermachten und da hat er angefangen es mir ausreden zu wollen", erklärte ich und rieb mir die Nasenwurzel, "irgendwann ist mir aufgegangen, dass er längst weiß, wer es war und es mir einfach nicht sagen will." Ich schnaubte angesäuert und machte mich daran die nächste Kartoffel zu schälen und das sehr energisch. Spüre meinen Unmut, kleine Kartoffel.
"Das ergibt keinen Sinn", regte ich mich auf, "wieso sagte er es mir nicht?" Es fuchste mich nach wie vor. Ich grübelte schon die ganze Zeit darüber nach. Was hatte Hansol für einen Grund mir zu verschweigen, wer es gewesen war? Ich musste denjenigen sicher kennen, denn wäre das nicht der Fall, dann hätte Hansol mir auch einfach antworten können. An die Person würde ich dann so oder so nicht rankommen, ob ich nun einen Namen hatte oder nicht.
"Vielleicht war er es ja doch selbst", stellte ich missmutig in den Raum, doch dann erinnerte ich mich daran, wie er in meinen Raum gestürmt war und wie verzweifelt er mich beschuldigt hatte. Hansol war niemand, der Theater spielte, dessen war ich mir sicher.
"Das war er nicht", meinte auch Jihoon, während ich gerade darüber nachdachte. Ich nicke nur geschafft. Wer war es dann? Und warum deckte Hansol ihn? War es ein Freund von Hansol? Was übersah ich?
Tatsächlich war Hansol nicht unbeliebt, doch irgendwie hatte es sich so entwickelt, dass er die meiste Zeit mit mir rumhing. Er hatte sonst noch zwei Freunde, die jedoch nicht auf unsere Uni gingen und einen Internet Buddy zum Zocken. Sonst hing er mit mir und meinen Freunden ab.
Jihoon stellte mir eine Limonade hin, während ich mir den Kopf zerbrach. Das war lieb von ihm, so war er nun mal, beschwerte sich nicht, versorgte mich und ließ mich grübeln, auch wenn ich dabei über den Kartoffeln ausspacte, die ich eigentlich schälen sollte.
Wenn wir davon ausgingen, dass er schwieg, weil es eine Person war, die wir beide kannten, dann blieben nur meine drei Ji's übrig und auch, wenn es auf den ersten Blick unlogisch schien, dann machte es auf den zweiten Blick perfekten Sinn.
Hansol wollte nicht irgendwen beschützen. Er beschützte mich.
Sollte ich erfahren, dass einer meiner Freunde hinter der Sache steckte, dann würde ich mich wohl unweigerlich zwischen Moral und Sympathie entscheiden müssen. Niemand lieferte gerne seine Freunde aus. Wenn ich jetzt darüber nachdachte, dass es einer von ihnen gewesen sein konnte, musste ich feststellen, dass ich vielleicht eine ganz schön große Klappe gehabt hatte. Vielleicht gab es doch eine Handvoll Leute, für dir mir meine Reputation egal war.
Im Grunde kam nur einer der drei infrage. Mal abgesehen davon, dass nur einer der drei eine solche Finte durchziehen würde, saßen auch zwei von drei Leuten mit im Raum, als ich so blöd gewesen war diesen sinnlosen Plan zu droppen. Weder Jisoo noch Joshua hätten ihn dann noch in die Tat um gesetzt, selbst wenn sie den Plan im Kopf gehabt hätten, weil sie genau gewusst hätten, dass ich - durch meine große Klappe - der nächste in der Reihe gewesen wäre, sobald Hansol seinen Kopf aus der Schlinge gezogen haben sollte.
Aber Jihoon hatte keine Ahnung gehabt, er war nicht dabei gewesen.
Ich schluckte und musterte meinen Freund. Wäre ihm zuzutrauen, dass er jemand anderen einfach Gras ins Zimmer legt und ihn anschwärzt? Wenn es darum ging den Leuten eins auszuwischen, die Freunde von ihm verletzt hatten? Hell yes.
"Jihoon? Hast du Hansol das Weed ins Zimmer gelegt?", fragte ich nach kurzem Zögern und beobachtete, wie er sichtlich nervös die Paprika, mit der er zugange war, abwusch. Im Grunde konnte er sich die Antwort sparen. Ich wusste Bescheid.
"Ja."
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The Weed Thing
FanfictionIn der Mittel Schule hatte es Seungkwan nicht leicht und wenn ihn jemand fragen würde, wem er dafür die Hauptschuld gibt, dann würde genau ein Name fallen: Vernon Chwe. Dem entsprechend unbegeistert ist er, als er Jahre später sein Pharmaziestudium...