5 ꕥ Echt nicht hilfreich

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Seungkwan

Ich konnte mir besseres vorstellen, als meine Zeit mit Vernon zu verbringen. Vor allem, wenn draußen die Sonne schien und quasi nach mir rief. Wäre ich alleine, dann würde ich mich und meinen Kram einmal nach draußen verlegen. Wir blöd, also dass ich nicht alleine war.

Ich hatte Vernon an der Backe.

Und Vernon war nicht so für Outside-Action zu haben, denn uhhhh da könnte einen ja der Wind die Blätter wegwehen und die Sonne war auch ein FEIND - offensichtlich hatte Vernon noch nichts von der Existenz der Schatten gehört - und überhaupt war es viel zu warm. Ich hatte schnell aufgeben und wir waren im Arbeitsraum der Bibliothek gelandet.

Dies war ein schlichter, für die Studenten zugänglicher Raum, der sich direkt neben der Bibliothek befand und über alles verfügte, was man brauchte, um Gruppenarbeiten auf neutralen Boden über die Bühne zu bringen, schließlich konnte man hier auch reden, nicht so wie direkt in der Bibliothek .

Nachteil war, dass es doch recht laut werden konnte, wenn erstmal mehr als drei Gruppen hier arbeiteten. Doch im Moment war die Lage ganz glücklich, denn außer Vernon und mir, waren nur zwei weiter Gruppen da: Eine vier Mann starke Literatur-Truppe inklusive meines Roman-Boyfriends Joshua, der seine Freundin aka meine Cousine mitgebracht hatte und eine Sportgruppe aus drei Leuten, die einen Kurs hochziehen wollten, den sie den anderen Studenten dann anbieten konnten, was natürlich einiges an Planung bedarf.

Jisoo war so freundlich die Zettel zwischen mir und Joshua hin und her zu reichen und mit kleinen niedlichen Zeichnungen zu versehen, wenn es passte. Sie war so süß und ja, die durfte unsere Zettel lesen, es war auch nichts anderes, als wenn wir uns an einem Tisch unterhalten würden - dann würde sie ja auch alles mithören. Außerdem war Jisoo einfach Jisoo. Niemand würde je dieses Goldstück ausschließen.

Ich reichte ihr einen weiteren Zettel und wandte mich wieder meinen Problem zu.

Vernon. Mein ein und alles in der Kategorie 'Zum Kotzen'.

Er blätterte sein Buch weiter durch und warf mir einen genervten Blick zu. Na, komm schon Vernon. Lass mich nicht hängen, ich warte doch auf einen dummen Spruch. "Hast du schon mal das Wort Konzentration gehört? Soll ich es dir buchstabieren?", wollte er wissen. Ja, bitte geht doch, huh?

Ich schenkte ihm ein fröhliches Lächeln. "Ich wusste gar nicht, dass du das überhaupt kannst, Vernon", gab ich gespielt begeistert an. "Hast du schon mal das Wort Multitasking gegoogelt? Mach mal, dann weißt du, was ich hier tue", gab ich an und er verdreht die Augen.

Es stimmte. Zu meinem Glück war das ganze hier genau mein Thema, also war ich auch richtig schnell dabei, doch das musste Hansol nicht ganz so genau wissen, sonst blieb alles an mir hängen. Also ließ ich ihn seine Aufgaben machen und schaute dann mal wie schlecht die ausgefallen waren.

"Ah, ich vergass", meinte Vernon und schnaubte, "du bist perfekt, Seungwan." Ich hätte am liebsten genervt geseufzt. Ich hatte nie behauptet, dass ich das wäre, aber ich hatte auch keine Lust mich vor Vernon zu rechtfertigen oder mich irgendwie gut zu stellen. Sollte er denken was er wollte. Das ich ihm mal gefallen wollte, das war gute 7 Jahre her und diese Zeiten würden sich sicher nicht wiederholen.

Ich musterte Vernon kurz. Immerhin schien er sich Mühe zugeben, denn er hing ziemlich konzentriert über den Aufgaben. Doch weit gekommen war er noch nicht. Das was ich von seinen Aufzeichnungen ausmachen konnte, schien zu dem zweiten Thementeil der Arbeit zu gehören -und ich glaube damit hatte er angefangen. Wie auch immer. Auch wenn ich ihm das ebenfalls nicht auf die Nasen binden würde: Ich wusste seine Konzentration zu schätzen. Schließlich war das Letzte, was ich von ihm mitbekommen hatte, gewesen, dass er nie im Unterricht war, weil er lieber im Park vor der Schule eine Runde kiffte.

Und wenn er mal da gewesen war, dann war er der Störenfried vom Dienst gewesen, der die Arbeitsblätter eher verbrannt hätte, als sie zu bearbeiten. Von daher war seine super langsame Arbeitsweise wohl eine Verbesserung. Und ebenfalls eine Bonus gegen über der Version 14/15: Er trug nicht mehr diese potthässlichen Cappies, die wohl cool sein sollten, weil irgendein Vip sie mal getragen hatte und sie so 'hiphop' waren.

Nein, eigentlich musste ich sogar zugeben - zu meinen Bedauern (Wie sollte ich so, vernünftig lästern, huh?) - er sah echt gut aus. Der natürliche Blondton seines Haares brachte seine hellbraunen Augen gut zu Geltung und der leicht asymmetrische Schnitt stand ihm hervorragend. Ich stützte den Kopf auf die Hand und musterte ihn weiter. Ein hübsches Gesicht hatte Vernon schon immer gehabt, doch inzwischen waren seine Züge kantiger und maskuliner geworden. Seine Wimper waren lang und dicht und seine Lippen hatten einen wirklich schönen Schwung.

Ach, scheiße ja. Attraktiv war diese Plage ja schon. Das machte ihn nur noch nerviger. Hatte er dieses gute Aussehen überhaupt verdient? Warum waren alle gutaussehenden Männer vergeben oder Vollidioten?

Jisoo legte mir einen Zettel hin und ich warf einen Blick drauf. 'Du starrst ihn an lmao', schrieb mir Joshua und Jisoo hatte einen Chibi-Seungkwan daneben gezeichnet, der jemanden anhimmelte. Oh bitte, Leute, so schlimm war es nicht. Ich hörte auf meinen Stift um meine Finger zu drehen.

Was sollte ich schon leugnen? Zumindest was sein Aussehen betraf nichts. Also schrieb ich zurück: 'Aber seine Jawline habt ihr schon gesehen, ja?' und gab den Zettel zu Jisoo.

Dann wandte ich mich wieder meinem Buch zu, doch ich stellte schnell fest, dass sich für meine jetzige Aufgabe auf jeden Fall noch eine andere Lektüre brauchen würde. Gut, dass die Bibliothek gleich nebenan war. Ich warf noch mal einen Blick auf die Aufgabe von Vernon. Langsam brauchte er echt lange für die Aufgabe und ich fragte mich was das Problem war.

"Wie oft willst du die Rechnung noch anfangen?", fragte ich also und Vernon warf mir einen vernichtenden Blick zu. "So oft es nötig ist", erwiderte er kühl und ich schnaubte. "Du könntest auch einfach fragen, weißt du? Du müsstest nur deinen testosterongeladenen Stolz ein wenig runter fahren und die Schwuchtel um Hilfe bitten", ließ ich ihn wieder süßlich wissen. Ich hatte nach wie vor nicht wirklich Lust ihm die Scheiße zu erklären, aber er würde mich ohnehin nicht fragen. Wobei ich es ihm nun schon zum zweiten mal anbot, ich sollt langsam vorsichtig sein. Nicht, dass er mich doch noch ernst nahm und fragte. Ih. Auf der anderen Seite ging es diesmal um den Shit für diese Arbeit und wenn Vernon so weiter machte, dass saß er noch da dran, wenn ich meinen zweiten Doktor in Philosophie oder solchen Mist machte.

Vernon schnaubte nur abfällig. "Als ob du mir helfen würdest, dazu müsstest du ja deine innere Diva um Erlaubnis bitten", meinte er mit einem grimmigen Lächeln. Ich verdrehte die Augen und seufzte geschafft. "Zu deiner Information: Ich habe tatsächlich null Bock dir auch nur beim kleinen Ein mal Eins zu helfen, aber ich häng da mit drin. Deine Note ist meine Note und ich helfe mir gerne selber. Also frag doch einfach freundlich" erklärt ich doch Vernon gab nur ein unzufriedenes Knurren von sich. "Nur über meine Leiche."

Ich lachte abfällig. Dieser Vollidiot ging mir wirklich auf meine imaginären, von Joshua attestierten Eierstöcke. Ich würde es ihm sicher nicht noch mal anbieten. "Lässt sich einrichten, dann mach diese Aufgabe eben solange hier weiter, bis du verhungert bist." Affe. Seine Einstellung war aber auch echt nicht hilfreich.

Ich stand auf. Ich brauchte ein anderes Buch und ich brauchte eine Pause von Vernon. Also schnappte ich mir meine Sachen und ging zur Tür. Ich bemerkte, dass die anderen Gruppen zumindest teilweise auf unseren Disput aufmerksam geworden waren, doch es war mir egal. "Wo willst du jetzt hin?", fragte Vernon genervt und ich schenkte ihm ein weiteres zuckersüßes Lächeln.

"Ich gehe jetzt in den Park. Weed kaufen", meinte ich. "Das schmuggle ich dann in dein versifftes Zimmer und schwärz dich an, weißt du? Dann bin ich dich los und kann die Kacke alleine machen. Dann komme ich mindestens genauso schnell voran, wie mit dir zusammen. Wenn nicht sogar schneller."

Ohne eine weitere Antwort abzuwarten verließ ich den Raum und bewegte mich Richtung Bibliothek. Für heute hatte ich wirklich genug von dem Typen.

The Weed ThingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt