2 ꕥ Das wärst nicht du

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Seungkwan

Ich hatte auch die nächsten zwei Lesungen damit zugebracht Vernons Blondschopf böse anzustarren und mich darüber zu ärgern, dass er hier war, bevor ich mich in die Mensa gesetzt hatte, um einen Tisch für mich und meine Freunde zu besetzen.

Warum? Warum ausgerechnet er?

Ich kannte Vernon aus der Mittelschule und wenn ich jemanden dafür verantwortlich machen konnte, dass mein Mittelschulleben eine absolute Katastrophe gewesen war, dann war das Vernon.

Er war es gewesen, der alle auf mich gehetzt hatte. Er hatte mich den Hyänen zum Fraß vorgeworfen.

Ich wurde geschlagen, bespuckt, gedemütigt, verletzt und zerstört und das nur, weil ich dumm genug war Vernon für ein paar Momente in meinem Leben zu ein bisschen zu sehr zu mögen. Dass dies nicht auf Gegenseitigkeit beruhte hatte ich schmerzlich mitbekommen dürfen.

Meine Gedanken spielten verrückt und das in unschöne Richtungen, die ich gar nicht von mir kannte. Da war ein Teil in mir, der wollte tatsächlich Rache. Ich hatte diesmal die besseren Karten. Ich kannte fast alle vom Kurs schon von den Vorveranstaltungen und nachdem Joshua sich die Mühe gemacht hatte ein Innerstes wieder zusammenzukleben, hatte ich meinen ganz eigenen Charme entwickelt und mein 14-jähriges Ich würde mir wahrscheinlich nicht glauben, wenn ich ihm verklickern würde, wie gut ich mich inzwischen im Mittelpunkt des Geschehens machte.

In der Mittelschule war ich unsichtbar, am Ende der Oberschule kannte jeder meinen Namen und in der Uni war ich schon jetzt eine kleine Ikone. Ich war nicht wirklich gut darin neue Freunde zu machen, aber ich war gut darin andere um den kleinen Finger zu wickeln. Auch eine Sache, die ich von Joshua gelernt hatte. Der Typ war so ein verkackter Slytherin.

Worauf ich hinaus wollte: Ich war beliebt. Ein Vernon mochte es vielleicht nicht glauben, dass die fette Schwuchtel Supporter hatte, aber ich war eben nicht mehr die fette Schwuchtel, ich war Seungkwan, der niedliche Gayass, der immer einen frechen Spruch auf den Lippen hatte und dezent hilfreich war. Damit hatte ich im Grunde alles, was ich brauchte, um Vernon in die Tonne zu treten.

Ich könnte die anderen wissen lassen, dass Vernon in der Mittelschule Kiffer war. Ich könnte unsere kleine, tragische Story verkaufen. Sie mochten mich, er wäre sowas von unten durch. Wie würde er noch Fuß fassen wollen? Ich könnte ihn spüren lassen, wie es ich anfühlt ein Außenseiter zu sein.

"Du siehst aus, als würdest du jemanden umbringen wollen, Seungkwan." Auf den Stuhl neben mir ließ sich mein drittes Ji fallen. Ich seufzte und versuchte mich etwas zu entspannen. Meine Stirn tat schon weh vom böse schauen. "Was ist los?", wollte Jihoon wissen und ich wandte ihm meine Aufmerksamkeit zu. "Meine Vergangenheit holt mich ein und ich überlege sie in den Arsch zu treten", meine ich und Jihoon zog die Augenbrauen zusammen. "Was meinst du damit?", fragte er. Ich kam nicht dazu zu antworten, denn Joshua setzte sich uns gegenüber. "Er meint damit Vernon", antwortete er für mich und Jihoon Miene verdunkelte sich.

"Vernon? Der Vernon?", fragte er und ich nickte nur. "Ich werde ihn verprügeln", ließ Jihoon mich wissen und fast hätte ich gelacht, denn es klang schon irgendwie lustig aus dem Mund eines jungen Mannes, der keine 1,65m groß war und zur Zeit seine Haare in einen hübschen Bonbon-Pink - Wettschulden sind Ehrenschulden, ich habe ihm gesagt, er soll sich nicht mit Jisoo anlegen - trug. Doch dann fiel mir sein schwarzer Gürtel wieder ein. Wenn einer von uns Vernon verprügelte, dann war es definitiv Jihoon.

"Wenn du deine Fähigkeiten außerhalb der Halle gebrauchst verlierst du deinen Gürtel", erinnerte ihn Joshua grundentspannt und Jihoon verdrehte genervt die Augen. "Er hat Recht, Hyung", lenkte ich ein und lehnte mich zurück. "Das ist der Typ nicht wert." Ich seufzte leise und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Schließlich fehlte ja noch Jisoo, doch wahrscheinlich tauchte sie jeden Moment auf.

Und richtig: Ich bemerkte mein 'zweites' Ji in der Tür der Cafeteria und winkte ihr zu worauf meine Cousine ihren Weg zu uns fand. "Hey, Jungs", grüßte sie in die Runde, bevor sie ihre Aufmerksamkeit erstmal Joshua widmete. Der Schwarzhaarige legte den Kopf in den Nacken, damit Jisoo sein Gesicht zwischen ihre zierlichen Hände nehmen konnte, bevor sich sich zu ihm runter beugte und ihm einen kurzen Kuss gab. Er lächelte sanft. "Du hast eine E-Mail, Jagi." Jisoo setzte sich auf den Stuhl neben ihm und strahlte ihn an. "Das neue Kapitel ist fertig?", fragte sie erfreut, doch dann wurde ihr Blick skeptisch. "Wird es mich wieder emotional zerstören?"

Joshua machte ein unschuldiges Gesicht und schüttelte den Kopf. Man sollte Joshua nie glauben, wenn er ein unschuldiges Gesicht machte. Jisoo schien ihm auch nicht so ganz zu glauben, doch sie beließ es dabei, packte ihre Brote aus und reichte eins gleich an Jihoon weiter, weil dieser es sich ohnehin klauen würde. Jihoon klaute gerne Essen bei Jisoo.

Um ehrlich zu sein klauten wir alle gerne Essen bei Jisoo, sie machte die besten Sandwiches und war nicht umsonst unser aller Noona.

Sie beschwerte sich auch gar nicht, sondern pattete nur dem Dieb den Kopf, so wie sie nun es bei Jihoons rosa Haarschopf auch tat.

Doch ihr Blick ruhte bereits auf mir. "Du siehst gestresst aus, Seungkwan", stellte sie fest. Ich nickte leicht und wollte grade, was sagen, da glitt ihr Blick an mir vorbei. "Ist das Vernon?", fragte sie. Wie praktisch, sie hatte ihn entdeckt, dann musste ich gar nichts mehr erklären. Ich folgte ihrem Blick und entdeckte Vernon an einem Tisch in der Mitte. Ich nickte lediglich und wandte mich wieder um.

"Ist alles okay?", fragte Jisoo liebevoll und beugte sich über den Tisch und legte mir eine Hand auf den Unterarm. Ich nickte wieder. "Es passt mir nicht, aber ich muss damit wohl erstmal leben, ist ja nicht meine Uni, nicht wahr?", meinte ich. Ich zuckte unentschlossen mit den Schultern.

"Wobei ich allerdings wahrscheinlich genug Reputation habe, um seine dem Erdboden gleich zu machen", meinte ich dann grimmig nach einer kurzen Pause. Jisoo warf mir einen eher besorgten Blick zu. "Ist das so?", fragte sie unbegeistert. Ich zuckte abrrmals mit den Schultern. "Die Leute mögen mich und wenn ich will kann ich ihn dermaßen schlecht machen, dass sich niemand mehr mit ihm abgibt", meinte ich. Niemand mag Mobber, huh?

"Naja, gut außer vielleicht die drei Hardcore-Katholiken, die jeden Tag für mich beten, auf das Gott meinen irrgeleiteten, schwulen Hintern gnädig sei. Mal sehen, wann sie mir die nächste Bibel schenken", fügte ich dann hinzu. "Du meinst die, von denen dich grade schon wieder einer anstarrt", meinte Joshua beiläufig. Ach, wirklich? Ich wandte mich und entdeckte die drei nicht unweit von unserem Tisch und einer von ihnen starrte mich tatsächlich mal wieder an.

Ich lächelte ihm zu, bevor ich mir über die Unterlippe leckte und ihm zuzwinkerte, worauf er seinen Blick schnell auf seinen Pudding senkte. Ich dreht mich wieder zu meinen Freunden um. "Jetzt starrte er mich nicht mehr an", stellte ich fest. Ich fuhr mir gestresst durch die Haare und biss mir auf die Lippe. "Wie auch immer. Mit denen kann sich Vernon ja dann zusammen tun, wenn sonst keiner mehr mit ihm redet."

Joshua stürzte seinen Kopf auf die rechte Hand und sah mich bedeutsam an. "Da gibt es nur ein kleines Problem", meinte er und ich hob den Finger. "Sag es nicht!", forderte ich ihn auf, doch er sprach weiter, als hätte mich gar nicht gehört. "Das wärst nicht du", sagte er. Ich schnaubte. "Du hast alles kaputt gemacht", beschwerte ich mich. "Wie soll ich mir so in Ruhe meine Rache ausmalen?"

Jihoon neben mir lachte leise. "Du bist und bleibst ein Fluffbun, also tu doch gar nicht erst so", meinte er mit einem kleinen Lächeln. Ich verdreht die Augen und nickte schließlich. "Außerdem", ließ Joshua mit seiner sanften Stimme vernehmen, "habe ich dich nicht so erzogen." Ich lachte leise. "Was habe ich dir beigebracht über Trick-Charme?" Ich verdrehte die Augen leicht. "Wir nutzen es für uns, aber nie gegen andere", meinte ich beton lieblich, umrahmte mein Gesicht und klimperte mit dem Wimpern.

Er nickt zufrieden. "Schon gut, Hyung", gab ich von mir und kratzte mich am Kopf. Ich schnappte mir auch eins von Jisoos Broten.

"Ich werde ihn einfach ignorieren. Ich bin besser, als das." Jihoon tätschelte meine Schultern. "Und wenn er dir dumm kommt, dann lassen Shua und ich ihn verschwinden", versprach er.

"Wir passen auch dich auf, Seungkwan."

The Weed ThingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt