Seungkwan
Zwischen mir und Vernon herrschte lowkey Krieg.
Ich wusste nicht warum, aber ich konnte einfach nicht meine Klappe halten - genauso wenig, wie er auch. Das Resultat des Ganzen war, dass wir allmählich den Professoren in unseren gemeinsamen Vorlesungen auffielen.
Ich sollte vielleicht einfach die Ruhe bewahren, doch ich konnte nicht aus meiner Haut und Vernon war nicht besser. Eigentlich war es super kindisch.
Wir sassen grade in einer Chemievorlesung und ich hatte mich tatsächlich ein bisschen mit den Prof auseinander gesetzt, bezüglich der Rechnungen, die er uns gegeben hatte. Ich für meinen Teil hatte die Rechnungen verstanden und meine kleine Konversation mit dem Akademiker vorn ließ das durchblicken, weshalb mich, sobald ich mich bei dem Professor bedankt hatte und mit ihm fertig war, Haru am Ärmel zupfte.
Haru hatte sich in den letzten Wochen zu meiner Sitzplatznachbarin in den Chemie-Lesungen gemausert. Sie war ein liebes Mädchen und nicht gerade das begeisterte Fangirl der Chemie, doch nach dem ich ihr das ganze noch mal leise erklärt hatte raffte auch sie Rechnung, wie sie mir mit einem kleinen Däumchen hoch bestätigte. Ich grinste zufrieden uns erwiderte die Geste.
"Wenn man auch nur ein bisschen Grundverständnis von Chemie hat, dann bekommt man das schon hin", meinte ich und rechnete damit, das die Sache damit nun durch war. Womit ich jedoch nicht rechnete war, dass sich eine gewisse Person schräg vor mir angesprochen fühlte.
Vernon drehte sich zu mir um und schenkte mir einen genervten Blick. "Wir können ja nicht alle solche Genies sein wie du, Seungkwan", zischte er mir zu. Was wollte er denn jetzt bitte? Ich stützte meinen Kopf auf meine Hand und schenkte ihm einen abschätzigen Blick, denn das war so ziemlich die netteste Reaktion, die für Vernon auf die Kette bekam. "Warum du dich angesprochen fühlst, weißt du wahrscheinlich selbst am besten", meinte ich und Vernons Blick wurde nur noch angepisster.
"Du denkst auch du hast die Weisheit mit Löffeln gefressen", meinte er eisig und ich setzte ein freundliches Lächeln auf. "Zumindest raffe ich Chemie", konterte ich. Ich beugte mich ein bisschen nach vorne und konnte einen weiteren abschätzigen Blick nicht vermeiden. "Wenn du solche Probleme hast, dann frag doch einfach", schlug ich süßlich vor. Als ob ich je irgendwann in meinem Leben mich mit Vernon hinsetzten würde, um ihm Chemie bei zubringen. Von mir aus konnte der Affe sich bei einem Neuntklässler-Experiment selber in die Luft jagen.
Aber es war witzig es ihm anzubieten, wohl wissen, dass es seinen Stolz anfraß, wenn ich ihm so unter die Nase rieb, dass ich besser war als er und mit der Gewissheit im Hinterkopf, dass er das niemals annehmen würde. Vernon wollte etwas erwidern, doch er wurde von einem Räuspern unterbrochen.
"Meine Herrschaften."
Ich schwöre bei Gott, der Tonfall des Professors war so scharf, man hätte reife Tomaten damit problemlos in Scheiben schneiden können. Er warf mir und Vernon je einen bösen Blick zu und schob sich die runde Brille die Nase hoch. "Es freut mich ja jedes Mal, dass Sie ihre Zuneigung zu einander in jeder meiner Lesungen aufs neue entdecken und daher ich möchte Sie unterstützen. Es wird Sie sicher begeistern, dass ich die freiwillige Partner-Facharbeit Ihnen beiden zuteile", eröffnete er, "ich sende Ihnen den Task per E-Mail."
Wow, so viel Zynismus - das hätte glatt von mir kommen können. Ich sollte meine Verwandtschaftsverhältnisse zur Prof mal abchecken. Ich biss die Zähne zusammen und verkniff es mir irgendwie aggressiv durchzuatmen. Das mündete ohne hin immer nur darin, dass ich einem angry Mochi glich. Nicht wirklich beeindruckend.
"Professor", begann ich und suchte kurz nach den richtigen Worten. "Wenn wir mal den ganzen Sarkasmus beiseite nehmen, dann weiss, denke ich, der komplette Hörsaal, dass das keine gute Idee ist. Können wir uns darauf einigen, dass Vernon und ich das in Zukunft wie echte Männer vor der Tür klären? Diese Facharbeit wird auch nicht dafür Sorgen, dass wir uns besser verstehen." Ich setzte einen bittenden Blick auf, doch die Miene des Prof war nüchterner, als meine Oma und die hatte sein 50 Jahren kein Alkohol mehr angefasst, wie sie immer stolz betonte.
"Das ist mir völlig klar", meinte er. "Ich weiß, dass da nichts bei rum kommt, wenn Sie beiden das zusammen machen sollen. Das ist ja der Sinn der Sache." Er deutete zwischen uns beiden hin und her. "Die schlechte Note haben Sie verdient dafür, dass Sie ständig meine Lesungen stören und mir damit auf den Sack gehen. Ich erwarte Ihre unfassbar grottige Facharbeit in zwei Wochen auf meinem Schreibtisch und darüberhinaus, dass Sie Ihre Dispute in Zukunft draußen lassen oder ich verspreche Ihnen, dass Sie ihre Bachelor-Arbeit auch noch zusammen machen dürfen."
Das war definitiv etwas, dass es zu vermeiden galt.
"Natürlich. Entschuldigen Sie bitte", gab ich auf und sah zu, wie der Professor sich von uns abwandte, um seine Lesung fortzusetzen. Wahrscheinlich hatte er recht. Ich konnte ihm nicht mal böse sein. Irgendwie war die Aktion ja smooth und wäre ich nicht selber involviert würde mein schadenfroher Arsch den Sass des Professors durchaus feiern.
Ach, was machte ich mir vor, ich tat es auch so. Ich mochte ihn trotzdem noch. Auch wenn ich angepisst war und ihm Juckpulver ins Sakko streuen wollte. Ich mochte ihn.
Ich warf einen Blick zu Vernon und seufzte. Ich nahm meinen Stift wieder in die Hand und ließ ihn geschickt um meine Finger spinnen, während ich nachdachte. Das konnte ja was werden. Wenn Vernon immer noch so ein Hohlbrot war, wie in der Mittelschule, dann würde die ganze Kacke an mir hängen bleiben, denn der Prof hatte doch genug Stolz getriggert, damit ich das Beste daraus machen und auf keinen Fall eine schlechte Note kassieren wollte, ob nun mit Vernon oder ohne.
Da meine Aufmerksamkeit ohne hin grade auf Vernon lag registrierte ich, wie er einen Zettel aus seinem Block nahm und etwas drauf schrieb, bevor er ihn zerknüllt und hinter sich warf. Der Zettel landete in einem perfekten Bogen auf meinem Platz. Oh, wirklich? Zettel schreiben? Ich entfaltete das Papier und warf einen Blick darauf.
Das ist deine Schuld.
Hallo?! Er hatte mich doch angefahren, dieser dämliche Pavian. Wieso war das jetzt meine Schuld?! Und vor allem: Um mir das mitzuteilen machte er sich die Mühe einen Zettel zu kritzeln? Sind wir in der sechsten Klasse oder was? Ich schrieb zurück.
Hast du eine Macke? Du hast dich doch in mein Gespräch mit Haru reingehangen? Mach lieber weniger lange Ohren.
Ich knüllte den Zettel und schnippste ihn auf seinen Platz, als der Prof nicht schaute. Ich kam mir echt ein bisschen vor wie in der sechsten, nur dass ich damals nie selber Zettel bekommen hatte, sondern maximal der Dumme war, der sie weiter gereicht hatte, weil er versucht hatte sich ein bisschen gut zustellen. Ich bekam meinen jetzigen Zettel schnell zurück.
Der Seitenhieb war ja wohl eindeutig. Fy, Seungkwan, ich lass mich nicht von Leuten runtermachen, weil meine Chemienoten nicht die Besten sind. Schon gar nicht von dir.
Oh, wowowowow. Einen kleinen Moment bitte. Vernon, King der Mittelschule, hatte Chemie-Komplexe? Ich wollte ja fast lachen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass es so schlimm ist, auch wenn ich mich dann einmal mehr fragte, was er in diesem Studium zu suchen hatte. Volltrottel.
Kleiner Plottwist. Die Welt dreht sich nicht um dich, Vernon. Glaubst du wirklich ich bin über deine Chemienoten im Bilde? Die sind mir doch völlig latte, also häng dich nicht in Gespräche rein, die einen Scheiß mit dir zu tun haben.
Auch diesmal kam der Zettel schnell wieder.
Tun wir mal so, als würde ich die glauben.
Boaaaah, meine Fresse. Und ich soll hier die Diva sein? Ich schrieb ein letztes Mal zurück.
Glaub was du willst, es ist mir egal. Hör auf mich mit deinen Zetteln zu nerven. Wenn du den Kontakt so dringend brauchst, dann gibt mir deine Nummer, damit ich die Viren aufs Handy schicken kann.
Zu meinen Erstaunen bekam ich den Zettel ein weiteres Mal zurück. Mit Nummer. Erst dachte ich, dass Vernon eventuell ein Problem mit Ironie haben könnte, doch dann fiel mir auf, dass ich seine Nummer vielleicht sogar brauchen würde.
Schließlich hatten wir eine Facharbeit zu stemmen.
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The Weed Thing
FanficIn der Mittel Schule hatte es Seungkwan nicht leicht und wenn ihn jemand fragen würde, wem er dafür die Hauptschuld gibt, dann würde genau ein Name fallen: Vernon Chwe. Dem entsprechend unbegeistert ist er, als er Jahre später sein Pharmaziestudium...