8 ꕥ Ich gehe Weed kaufen

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Seungkwan

Ich rechnete, wie ein Wilder, doch ich kam einfach auf kein schlüssiges Ergebnis. In der Regel fand ich den Fehler, wenn ich meine Aufzeichnung einmal hinter das Bett geworfen hatte. Doch das konnte ich jetzt nicht tun, denn Vernon war ja hier.

Ich seufzte also nur und strich meine jetzige Rechnung durch. Vernon warf einen Blick zu mir rüber und zog eine Augenbraue hoch. "Oh, weiß auch der große Seungkwan mal nicht weiter?", fragte er und ich überlegte, ob ich den Hefter zusammenrollen und ihm aufs Auge hauen sollte, doch ich verwarf den Gedanken wieder, auch wenn er mich reizte.

"Ich habe nie gesagt ich wäre perfekt in irgendwas, aber ist ja schön, dass du das scheinbar denkst", erwiderte ich mit liebenswürdigen Tonfall. Vernon verdrehte die Augen. "Du weißt genau, dass ich das nicht glaube", meinte er trocken und ich zeigte ihm mit einem freundlichen Lächeln den Mittelfinger. Ich war im Moment zu gestresst, um ihn in meiner Nähe zu ertragen und ihm schien es genauso zu gehen.

Wir gingen uns gegenseitig einfach voll auf die Nerven.

"Du erkennst einfach keine Kunst, wenn du sie siehst", meinte ich betont nobel und fing ein neues Blatt an zu beschreiben. "Oft nennt man Sachen Kunst, damit man nicht zugeben muss, dass man verkackt hat", meinte er. Er musste natürlich noch immer einen drauf setzten. "Die Zeiten, in denen ich Leuten geglaubt habe, die solchen Bullshit über mich labern sind zum Glück vorbei", zischte ich und ärgerte mich über mich selbst, dass ich überhaupt reagierte. "Wie schön für dich", erwiderte Vernon nur und versuchte sich wieder an seinen Aufgaben.

Ich starrte ihn nur wütend an. Ich war also verkackt, ja? Das er sich überhaupt erlaubte das zu sagen war eine Frechheit. Wenn ich so was wie verkackte oder kaputte Kunst war, dann war er unter den 'Künstlern' ganz vorne mit dabei. "Du bist so ätzend, Vernon." Ehe ich mich selber stoppen konnte hatte ich es auch schon ausgesprochen. Ich sollte mir abgewöhnen laut zu denken. Ich hatte nämlich keinen Bock auf noch mehr Konversation.

Er wohl auch nicht, denn er brummte nur: "Ja, du auch." Dann schrieb er weiter und machte Anstalten mich zu ignorieren. Ich fragte mich sowieso, was er hier machte. Warum hatte ich dem Deppen eine Ecke meines Schreibtisches freigeräumt? Wir arbeiteten eh null zusammen. "Ich hab dir nichts getan", meinte ich genervt und schenkte ihm einen bösen Blick.

Er sah auf und musterte mich kühl. "Du erzählst allen, was für ein schlechter Mensch ich doch bin, wegen Sachen die jahrelang zurückliegen. Du zickst mich in einer Tour an, wie die letzte Diva und du schmuggelst mir scheiß Gras in mein Zimmer, das ist nichts, nein", sagte er bissig und ich musste erstmal Luft holen angesichts dieser Kacke, die meine Ohren da vernahmen. Dieser Typ war so ein dermaßener Vollhorst, da gab es gar keine Beschreibung für.

"Dir geht es wohl zu gut?", erwiderte ich erbost. "Ich habe nicht davon getan. Weder plaudere ich Sachen aus, um andere auf dich anzusetzten - das ist schließlich dein Niveau, darunter begebe ich mich nicht - und die Sache mit dem Gras geht auch nicht auf meine Kappe!" Ich schnaubte verärgert. Es mochte sein, dass ich ihn anzickte, aber er war auch nicht großartig netter zu mir und die Tatsache, dass ihm scheinbar nicht mal bewusst war, durch welche Hölle er mich geschickt hatte machte mich nur noch wütender. Stattdessen beleidigte er mich.

Großes Kino, Vernon.

"Ja, klar, wem willst du das weis machen?", knurrte er. "Du bist schon so, seit du mich das erste mal gesehen hast." Er gab ein abfälliges Geräusch von sich und mein Bedürfnis ihm einem Kulli ins Ohr rammen stieg an. "Nur weil sich meine Begeisterung die Hackfresse wiederzusehen, die mich vor einer kompletten Klasse Schwulenhasser geoutet hat,in Grenzen hält, heißt das noch lange nicht, dass ich hetze!", ließ ich ihn wütend wissen, "Und schon gar nicht wäre ich so dumm etwas illegales zutun, das wäre viel zu riskant. Das ist es mir nicht wert, Vernon. Das bist du mir nicht wert."

Er ignorierte mich gekonnt. "Du glaubst wirklich das war ich", stellte ich fest. Mein Güte. Ich wünschte mir abermals ich hätte meine verdammte Klappe gehalten, doch ich konnte ja nicht ahnen, dass jemand sofort auf den Zug aufsprang. Vernon sah auf und warf mir einen kurzen Blick zu. "Willst du heute noch mitmachen? Nein? Gut, dann mach ich den scheiß eben alleine, denn ich brauch die Note", sagte er genervt, bevor er mir dann noch ein betont freundliches Lächeln schenkte. "Oh, es sei denn natürlich ich fliege raus", fügte er gespielt beschwingt hinzu.

Das war meine Masche, Blödmann.

Ich verdrehte sie Augen. "Du fliegst nicht raus", meinte ich kühl. Vernon gab nur einen weiteren abfälligen Laut von sich. "Hast du einen THC Test gemacht?", fragte ich und verdrehte die Augen. "Natürlich." Ich legte den Kopf schief. "Was heulst du dann rum?", fragte ich. "Wenn du clean bist, dann kommt doch auch nichts raus, nicht wahr?" Und dann war ich fällig.

Vernon schnaubte nur wieder und wandte sich wieder seinen Aufgaben zu. Ich gab auf. Zumindest was meine Aufgaben betraf, denn ich fand den Fehler so oder so nicht. Was meine Unschuld betraf fing ich grade erst an zu kämpfen.

Ich stand auf. Eine Sache beschäftigte mich dann aber doch. "Wie sind die überhaupt auf die Idee gekommen, dass sie mal dein Zimmer durchwühlen wollen?", fragte ich und Vernon sah mich an. "Nun irgendwer hatte der Heimleitung gesteckt, dass ich früher mal ein Problem mit Gras hatte und siehe da, sie wollten mein Zimmer auf den Kopf stellen. Ich hab auch noch ja gesagt, weil ich ja nicht ahnen konnte, dass wie auf magische Art und Weise Weed in meinem Zimmer gespawnt ist und einen Anruf später hatte ich die Polizei auch noch in meinen Zimmer stehen, die Sache wurde auf genommen und auch gleich an die Uni weitergeleitet. Danke für dieses Chaos, Seungkwan. Glanzleistung."

Genau das meinte ich, wenn ich sagte, ich wäre bald am Arsch. Wenn der THC-Test ausgewertet war würde sich Vernon seine bestätigte Drogenlosigkeit auf die Fahnen schreiben und in einen Kreuzzug gegen mich ziehen. Vielleicht war das ja auch der Plan? Vielleicht hatte er sich selbst angeschwärzt? Doch ich dachte an seine Wut und seine Verzweiflung, als er in mein Zimmer gestürmt kam und verwarf den Gedanken.

Trotzdem wollte ich das nicht auf mir sitzen lassen.
Sorry, Jisoo.

Ich rollte meinen Hefter zusammen und warf ihn doch noch hinters Bett. Irritiert sah Vernon dem Hefter nach. Ich zuckte nur mit den Schulter. "Ich finde den Fehler immer, wenn ich es erstmal an die Wand geworfen habe", meinte ich und stand auf. Ich schnappte mir meinen Mantel und warf ihn mir über. Ich überlegte kurz Vernon theatralisch des Zimmers zu verweisen, doch dann dachte ich mir, dass er wohl kaum meine Unterwäsche durchwühlen würden und ich hatte auch keine Lust mehr zu diskutieren. Also ließ ich ihn wohl einfach da sitzen.

Ich fuhr mir durch die Haare und schloss dann den Mantel. "Wo willst du denn jetzt hin?", fragte Vernon und musterte meinen Mantel. Ich seufzte und rieb meine Stirn. Es war fast ein bisschen wie ein Deja-vu. Ich setzte ein ironisches Lächeln auf.

"Ich gehe Weed kaufen."

The Weed ThingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt