6 ꕥ Das ist nicht meins

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Seungkwan

Ich wischte mir die Tränen mit einem Schluchzen vom Gesicht und schluckte leer, während ich mein Handy zu Seite warf, dass irgendwo weich auf dem Bett landete.

Was fiel Joshua ein?

Ich würde nie wieder was vom ihm lesen! So! Das hatte er nun davon! Wie konnte er - nach dem er sich letztens schon hatte anschießen lassen - mich fast sterben lassen?! Uns hatten zwar jetzt ein paar Leute aufgegabelt, die mir helfen konnten, doch das änderte nichts an dem Gefühlschaos in meinem Inneren, dass der Text in mir ausgelöst hatte, als Buch-Seungkwan einfach auf wirklich emotionale und verzweifelte Art und Weise meinte sein Leben aus Hauchen zu müssen.

Ich hab mein Leben auch ausgehaucht, ich schwöre bei allen Göttern von Laxeu Jamyr.

Ich tastete nach meinen Handy, um mich bei Joshua zu beschweren, da hörte ich wie im Zimmer neben an die Tür zuknallte. Ich seufzte genervt. Bis vor zwei Wochen hatte noch Timothy in dem Zimmer neben mir gewohnt. Eigentlich sollte ich froh sein, dass er raus war, denn manchmal hat Tim nicht ganz begriffen, dass ein Zimmer in einem Studentenwohnheim sich nicht unbedingt zum Feiern eignete, doch als mir klar geworden war, wer sich als nächstes auf der Warteliste für das Zimmer befand hätte ich ihn am liebsten angefleht zu bleiben.

Nun war Tim bei seiner Freundin eingezogen und neben mir hauste eben der nächste Kiffer. Toll nicht? Aber immerhin machte es mir die Tatsache, dass Vernons Zimmer gleich neben meinem war, doch leichter meinen Plan, den ich letzte Woche geäußert hatte, in die Tat umzusetzen, nicht wahr? Praktisch. Kotz.

Ich musste zugeben, dass die zwei Wochen, die er nun da drüben hockte nichts von ihm zuhören gewesen war. Und nun schmiss er Türen? Ich wurde fast neugierig. Was hatte der Kerl? Ich sollte es schneller erfahren, als mir lieb war, den die Tür knallte wieder und darauf hämmerte er an meine Tür. Ich starrte die Tür ein paar Sekunden an, als wäre sie das Tor in eine andere Welt. Was zu Hölle?

"SEUNGKWAN ICH WEISS, DASS DU DA DRIN BIST!"
Wow, Boy. Watch me ignoring you.

Was wollte er bitte von mir? Vielleicht hatte ich mich mal so geben sollen, damals, als er mich vor die Wölfe geworfen hat. Meine Güte, das war ja fast schon scary. Ich nahm mein Handy und schreib in die Gruppe mit meinen drei Jis: Sollte meine Leiche gefunden werden - Vernon wars. Der steht grade vor meiner Tür und schreit wie ein Irrer meinen Namen. Er hämmert wieder gegen die Tür. "KOMM DA RAUS!" Ja, klar. Kleiner Intelligenztest:

Ein Mann, der größer und schwerer ist, als du schlägt scheinbar wutentbrannt, wie ein Geisteskranker gegen deine Zimmertür. Was tust du?

a) Machst die Tür auf (- 20 IQ-Punkte)
b) Fragst ihn was er will durch die Tür durch (-10 IQ-Punkte)
c) Ignorierst ihn weiter (0 IQ-Punkte)
d) Du-

Scheiße, ich sollte meine Tür abschließen.

Ich ließ meine Tür generell offen, damit meine Freunde hier einfach reinspazieren konnten, wenn sie denn wollten und normalerweise war das auch kein Problem, schließlich stand nicht jeden Tag ein rasender Vernon vor meiner Tür. Doch jetzt war die offene Tür vielleicht ein bisschen Problematisch. Ich schwang mich vom Bett und wollte schnell und leise zu Tür, doch meine Erkenntnis kam mir zu spät, denn mit einem 'Mir reichts!' flog mein Tür auf und Vernon verschaffte sich Zutritt zu meinem Zimmer. Was zum Geier fiel ihm ein? Ich hatte nicht lange Zeit, denn ich registrierte, dass er auf mich zu hielt und ging in Abwehrhaltung. So nicht Hansol Vernon Chwe. Ich hatte nicht einen blauen Gürtel Ju-Jutsu um mich verprügeln zulassen, was auch immer schon wieder in diesen Pavian-Hintern gefahren war.

Er wollte nach mir greifen, doch ich blockte seinen Angriff, duckte mich unter seinem Arm weg und einen Hüftwurf später fand sich Herr von und zu Chwe auf dem Boden der Tatsachen wieder. Ich wartete angespannt, ob er sich noch einen Angriff wagen würde, doch Vernon war von der Aktion so verblüfft, dass er seine Wut, zumindest für einen kurzen Moment, scheinbar vergessen hatte. "Ich würde mich nicht umbringen", ließ ich ihn angesäuert wissen, "ich hab den anderen schon geschrieben, dass du vor meiner Tür brüllst wie ein Gorilla." Vernon zischte. "Ich hätte aber Lust dich dafür umzubringen", knurrte er, "du machst dir ja noch mal die Mühe es zu leugnen, ha?"

"Wir reden jetzt genau wovon?"
"Ach jetzt doch?!"
"Was?"
"Was?"

Für einen Moment waren wir beide irritiert, doch dann sprang Vernon erst einmal wieder auf die Füße. "Ich hab keinen Plan, wovon du redest, alles was ich weiß ist, dass du offensichtlich behindert bist", echauffierte ich mich. Er warf mir einen Todesblick zu, den ich selber auch nicht besser hinbekommen hätte. "Ich rede von dem Weed in meinem Zimmer. Ich hätte nicht gedacht, dass du echt so dumm bist einen Plan umzusetzen, den du vorher ankündigst."

Was zum Geier?

"Du hattest Weed in deinem Zimmer?", fragte ich überrascht. Wer bitte legte denn Vernon tatsächlich Gras ins Zimmer? Ich fragte mich, ob das einen Schlag gegen ihn, gegen mich oder gegen uns beide war. Doch angesichts der Lage konnte ich seine Wut verstehen. Das hieß aber nicht, dass ich Bock hatte sein Blitzableiter zu sein. "Das weißt du ja wohl selbst am Besten", zischte er und sah mich böse an. Ich stützte die Lippen und schüttelte den Kopf. "Tut mir ja Leid dich enttäuschen zu müssen, aber ich war das nicht. Ich kann ja verstehen, dass du es dir leicht machen wolltest, aber du wirst dir ein anderen Schuldigen suchen müssen, denn ich hab damit nichts zu tun." Vernon verschränkte die Arme und zog eine Augenbraue hoch.

"Ja klar", meinte er abfällig. "Das was du hier abziehst geht zu weit, du kannst mir nicht mein Studium und meine Zukunft versauen! Das ist Verleumdung und Rufmord. Ich zeig dich an Seungkwan." Meine Güte ging mir Vernon schon wieder so auf die Ketten. Ich würde ihm am liebsten vor einen Bus schubsen, dann hatte er wenigstens einen Grund mich anzuzeigen, aber wir waren ja in meinem Zimmer und in der Regel war der Busverkehr im meinem Raum eher gemäßigt.

"Ich war das nicht. Wie du schon sagtest: Es wäre ziemlich dumm einen Plan umzusetzen, denn man eine Woche zuvor rausposaunt und du magst vielleicht anderer Meinung sein, aber ich bin nicht dämlich", erwiderte ich unfreundlich, "und wenn ihr jemand mit Anzeigen um sich wirft, dann bin ich das, ich meine-" Ich verwarf die Arme und deute auf seine Erscheinung. "Das ist mein Zimmer. Was hast du hier drin verloren, Mann?! Du bist hier ohne Erlaubnis eingedrungen und was bitte hattest du vor? Das war ein Angriff!"

Vernon schnaubte abfällig. "Du hast ja wohl mich auf den Boden geworfen", beschwerte er sich. "Ja und?" Ich seufzte tief. "Tut dir was weh? Nein. Was willst du also machen?" Ich stellte mich in Pose um Vernon zu imitieren. "Sir, ich möchte Boo Seungkwan anzeigen, er hat mich verletzt", meinte ich mit verstellter Stimme, bevor ich mich ein wenig dreht und mit dunkler Stimme weiter sprach. "Wieso, wie war denn der Tathergang?" Ich drehte mich zurück. "Ja, also ich wollte ihm eine drauf geben, weil ich ein unterbelichteter, aggressiver Schimpanse bin, aber er hat mich nicht gelassen, sondern mich mit Hilfe einer Selbstverteidigungstechnik zu Boden gebracht, um sich zu schützen." Erneute Drehung in die Rolle des Polizisten. "Und was ist nun verletzt?" Drehung zurück. "Mein Stolz!"

"Haha, Seungkwan, sehr witzig. Dir wird das Lachen noch vergehen", zischte er, doch ich schenkte ihm nur einen neutralen Blick. "Ich lache nicht, Vernon. Keine Ahnung, ob es dir aufgefallen ist, aber wahrscheinlich bemerkst du den Unterschied nicht, weil du mich simpel noch nie hast lachen sehen. Schließlich hatte ich dank dir lange Zeit nichts zu Lachen", erwiderte ich kühl. Zur meiner Überraschung erwiderte er darauf nichts bissiges, nein, er hielt nicht mal meinen Blick stand, sondern wandte ihn ab und biss die Zähne zusammen.

"Wenn das Weed in deinen Zimmer nicht deins ist, dann tut es mir Leid, dass du solchen Stress damit hast, aber ich hab damit nichts zu tun. Also lass mich doch einfach in Frieden. Mach einen verdammten THC Test. Wenn du nicht kiffst sollte der easy bestätigen, dass du kein regelmäßiger Konsument bist und die Sache sollte vom Tisch sein", redete ich weiter und musterte ihn. "Es ist so einfach, also frag ich mich was der ganze Aufstand soll. Mag nicht schön sein so etwas an den Hacken zu haben, aber den nächstbesten zu beschuldigen und in dessen Zimmer zu stürmen und rumzuschreien macht es nicht besser. Werd erwachsen, Vernon."

Vernon zog die Luft ein. Er wollte etwas erwidern - offensichtlich war er beleidigt - doch ich brachte ihn nur mit einer Geste zum Schweigen und deutete auf die Tür. "Da hat er der Architekt ein Loch gelassen." Vernon schenkte mir einen wütenden Blick. "Damit kommst du nicht durch", knurrte er und verließ endlich meinen Raum.

Damit ko.... was? Ich hätte ja fast gelacht, das war irgendwie absurd komisch. Wer sagte so was und ... war ich damit dann jetzt unter die Bösewichte gegangen? Ich schüttelte den Kopf und schloss meine Zimmertür, die Vernon netterweise offen gelassen hatte.

The Weed ThingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt