13 ꕥ Ein Schuss ins Blaue

648 98 65
                                    

Seungkwan

Lustig, wie es langsam normal wurde, dass Vernon sich manchmal einfach random zu mir setzte und dann auch ganz schnell wieder abhaute. Da wir beide dabei noch immer nicht wirklich begeistert ausschauten, war es sogar schon dazu gekommen, dass eine Mitstudentin zu mir gekommen war und mich gefragt hatte, ob Vernon mich irgendwie bedrohte und ob ich vielleicht Hilfe brauchte. Das war dann fast schon wieder amüsierend.

Ich sollte mir vielleicht Mühe geben ein bisschen glücklicher auszusehen, wenn der Klappskopp sich zu mir setzte. Der arme Vernon.

Auch jetzt saß ich in der Mensa und aß nichts Böses ahnend meine Sandwiches, als der Stuhl mir gegenüber verrückt wurde. Ich sah kurz auf und ich wunderte mich schon gar nicht mehr darüber, dass es keines meiner drei Jis war. "Ich hab Neuigkeiten", sagte er und ich bedeutet ihm zu reden. "Sind aber keine guten", präzisierte er und ich machte die Geste rückwärts. Er lachte leise und stützte sich auf dem Tisch auf. "Ich hab mit unserem rauchenden Freund gesprochen und er will nicht mit dem Namen seines Dealers rausrücken", sagte er. Ich stützte den Kopf auf die Hand.

"Sicher, dass wir ihn nicht zum Reden kriegen?", meinte ich gespielt weltmännisch. "Lass uns ihn so lange mit Kissen verprügeln, bis er redet." Vernon schüttelte den Kopf. "Wieso will er es dir nicht sagen?", fragte ich und der blonde fuhr sich durchs Haar. "Nun ja, er denkt ich will ihn dran kriegen, wegen der Kopfkissensache", antwortete er mir und ich seufzte. "Dann brauch ich es auch nicht probieren", meinte ich wissend und er nickte nur.

Ich stützte die Lippen und sah Vernon an. "Wir brauchen eine neue Spur", stellte ich fest. Vernon zuckte mit den Schultern. "Also ich hab tatsächlich meinen alten Dealer angerufen", meinte er. "Quasi rumgejammert, dass du einen neuen Dealer brauchst?", fragte ich. Vernon malte kleine Kreise auf die Tischplatte und seufzte. "Ja, so in etwa", meinte er, "aber der wollte genauso wenig quatschen." Ich lachte leise. "Scheinbar gibt es keine Drogen mehr für dich", zog ich ihn auf und er zuckte mit der Schulter. "Wundert mich nicht, den hab ich ja auch verpfiffen, ich kann froh sein, dass mir mich gleich ein paar Schläger vorbeigeschickt hat." Ich kniff die Augen ein bisschen zusammen. "Mach bitte keinen Scheiß", forderte ich ihn auf, "nicht dass ich mir Sorgen um dich machen würde, aber ich brauch dich noch für das Projekt." Vernon warf mir nur einen unbestimmten Blick zu, den ich nicht richtig zu deuten wusste.

"Und jetzt?", fragte ich. Vernon summte unentschlossen. "Musst du wohl Weed kaufen", meinte er schließlich unwillig. Ich lachte. "Ach, darf ich jetzt doch?", fragte ich fast schon ein bisschen spöttisch. "Unter meiner Aufsicht. Du tust dir sonst noch weh", grummelte er. Ich zog eine Augenbraue hoch. "Ich bin nicht so ungeschickt, wie du denkst", sagte ich, "den verzogen, reichen Bengel auf der Suche nach Abenteuer bekomme ich locker gemimt."

Vernon sah nicht wirklich überzeugt aus, doch davon ließ ich mich nicht beirren. "Wie genau ist der Plan?", fragte ich. "Nun, du kaufst Weed bei meinem Ex-Dealer, aber da du nur ein paar Tage in der Gegend bist brauchst du den Namen des lokalen Dealers und so bekommen wir hoffentlich den", erklärte Vernon. Ich runzelte die Stirn. "Du meinst bei dem Kerl mit den Schlägertypen?", fragte ich und Vernon übte sich an einer nüchternen Miene. "Genau dem. Aber keine Sorge, eigentlich ist der ganz nett, wenn man ihn nicht grade ans Messer liefert." Ich schnaubte. "Wie beruhigend." Ich wog mein Sandwich in der Hand. "Na ja, ich flirte einfach ein bisschen mit ihm", meinte ich. Das konnte was werden. "Aber woher bist du dir sicher, dass wir den Namen des richtigen Typen bekommen und die zum selben Stall gehören?", fragte ich.

"Weiß ich nicht", gab Vernon zu, "es ist ein Schuss ins Blaue." Ich seufzte unzufrieden. "Immerhin besser, als nichts, was?", meinte ich und biss von meinem Sandwich ab. Vernon nickte nur und damit war die Sache wohl durch. Komischerweise machte er trotzdem nicht vom Acker. Und komischerweise störte mich das nicht mal.

Ich hatte von meinem Platz aus einen Blick auf die Tür der Mensa und bemerkte, wie diese geöffnet wurde. Zu meiner Freude war es Joshua, der in die Mensa spaziert kam. Joshua hielt auch gleich auf mich zu, doch als er sah, wer bei mir saß, wurde er ein bisschen langsamer. Ich winkte ihn zu mir und er beschleunigte wieder. "Kein Wort über die Sache oder ich bring dich um", sagte ich leise und freundlich zu Vernon und dieser schnaubte. Meine Freunde brauchten nicht wirklich wissen, was ich in dieser Sache so trieb. Zumindest noch nicht. Sie würden sich nur Sorgen machen.

Joshua erreichte uns und setzte sich zu mir. "Was macht der denn hier?", fragte er unbegeistert und ich konnte es verstehen, dass er Vernon nicht gerne in meiner Nähe sah. "Ich belästige Seungkwan", meinte Vernon trocken, "sexuell." Ich warf ihm einen Blick zu, der sagte: Halt deine Klappe. "Er ist wegen der Arbeit hier, die man uns aufgebrummt hat", sagte ich und Joshua seufzte leise. Er entsperrte nur sein Handy, rief etwas auf und reichte es mir dann rüber. Sneakpeak! Yeppi!

Ich las es mir schnell durch und lächelte. "Das ist großartig, Joshua, wann kommt das?", wollte ich wissen und er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß noch nicht. Ich wollte erst sichergehen, dass es dir gefällt", erwiderte er. Vernon beobachtete uns. "Was schreibst du da eigentlich, Joshua?", fragte er ihn und er schien tatsächlich neugierig. "Jikwan!", erwiderte Joshua kühl. Wir hatten wohl beide erwartet, dass Vernon das seltsam genug finden würde, um weitere Fragen sein zu lassen, doch der Blonde grinste. "Selfinsert?? Wie cool, hast du noch eine Rolle frei?" Er.... er... er hat das jetzt nicht wirklich gefragt? Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte.

"Die des fetten, hässlichen Antagonisten", erwiderte Joshua und ich pruste. "Awesome!", erwiderte Vernon. "Nehm ich!" Okay, nun lachte ich. Vernon sollte Joshua besser nicht herausfordern. Der sah ihn nur an, als würde er sagen wollen: Dafuq, Bro?! Das wohl möglich lustigste an der Sache war, dass Vernon es so rüberbrachte, als meine er das tatsächlich ernst. "Ich wollte schon immer mal in ein Buch", äußerte er begeistert. "Hansol oder Vernon?", fragte Joshua liebenswürdig. Ach, ja. Da war die Herausforderung auch schon angenommen. Ich lachte nur noch mehr. "Beides!", erwiderte Vernon. "Fetter Anta wird Hansol und Vernon ist sein ebenfalls hässlicher, hagerer Handlanger."

Die beiden brachten mich um, wenn sie so weiter machten.

"Ich entführe dann Seungkwan ... und stelle Dinge mit ihm an." Damit ging mein Lachen dann in einem Husten unter. "Wie bitte?", krächzte ich und nun war es Vernon, der lachte, wenn auch nur leise. Er stand auf, zwinkerte mir zu und ging dann einfach. Stille legte sich über unseren Tisch. Hatte der Penner grade mit mir geflirtet? "Seungkwan", begann Joshua freundlich, "erklär mir das." Ich sah ihn. "Der Penner hat mit mir geflirtet!", meinte ich nur und Joshua nickte. "Wie kommt er denn auf sowas?", fragte er und ich zuckte mit den Schultern.

"Wahrscheinlich nur, um mich zu ärgern."

The Weed ThingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt