20 ꕥ Eigenverantwortung

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Seungkwan

"Ich muss hier weg – ich kann mir nicht mehr erlauben zu zögern. Alles graut aus."

Ich seufzte tief und zog eine Augenbraue hoch, während ich Hansol mit einem ungeduldigen Blick dabei beobachtete, wie er sie die Hand aufs Herz legt und gespielt geschlagen den Kopf hängen ließ. "Hast du's bald?", fragte ich und bekam dafür einen Stoß vor die Schulter. "Jetzt sei nicht so und lass mich Lyrics zitieren, wenn unser Experiment den Bach runtergeht", erwiderte er und schnappte sich Reagenzglas. "Ich meine ... seriously... wieso ist die Scheiße grau?"

Ja, das war in der Tat eine sehr gute Frage, die es zu klären galt, denn eigentlich sollte die Lösung jetzt leuchtend blau sein. War sie aber nicht. Also hatten wir irgendwas falsch gemacht. Normalerweise konnte man anhand dessen, was da rauskam, wenigstens erahnen, was man verkackt hatte, aber mit dem Ergebnis konnte auch ich nichts anfangen. "Ich fürchte, wir müssen noch mal von vorne anfangen", meinte ich und fuhr mir durch das blonde Haar. Hansol nickte und kippte die gräuliche Flüssigkeit in das dafür vorgesehene Becken. "Vielleicht haben wir uns doch keinen Gefallen getan, als wir gesagt haben wir wollen noch eine Zusatzaufgabe", meinte er nachdenklich. Ich sah mich in dem Labor um, in dem wir und noch zwei andere Gruppen ihren Experimenten nachgingen.

"Ach kommt, das wird schon", erwiderte ich positiv. "Wir starten einfach noch mal." Ich konnte verstehen, dass Hansol angepisst war, denn wir hatten so drei Stunden in den Sand gesetzt, doch rumheulen brachte auch nichts. "Jetzt?", fragte er und ich sah auf die Uhr. Wenn wir es jetzt noch mal versuchten, dann würde es spät werden und das bedeutete wieder rum, dass wir mit unserer heutigen Aufsicht wohl ein bisschen flirten mussten, um noch etwas extra Zeit zu bekommen. Zum Glück war diese niemand Unbekanntes. Ich gab ein Summen von mir und sah wieder zu Hansol. "Das ist dein Onkel nicht meiner", meinte ich nur und deutete auf unsere Aussicht, die tatsächlich Hansols Onkel war. Hansol schnaubte. "Ich rede kurz mit ihm." Wie praktisch. Ich machte mich daran alles sauber zu machen, denn das war ohnehin fällig – egal ob wir jetzt mit Vitamin B noch mal starten konnten oder nicht. 

Nach ein paar Minuten kam Hansol zu mir zurück und stellte sich an meine Seite. "Er sagt er drückt ein Auge zu", meinte er leise zu mir und ich nickte. "Ich soll den Schüssel spätestens bis 22:30 Uhr bei ihm abgegeben haben, sonst sorgt er dafür, dass meine Eltern mich enterben." Ich schnaubte leise. "Haben die dich nicht längst enterbt?", fragte ich süffisant und Hansol legte sich einen Finger auf die Lippen. "Shh, das muss er doch nicht wissen", erwiderte er nonchalant und ich lachte leise.

Wir starteten also noch mal. Ich hätte selbst nicht gedacht, dass ich mal einen Punkt kommen würde, an dem ich mit Hansol den halben Tag ohne Probleme würde verbringen können, aber da waren wir nun wohl. Es lief deutlich besser als beim ersten Mal, denn schon die zwischen Ergebnisse entsprachen deutlich mehr den Erwartungen, als in der ersten Runde und wir bekamen viel bessere und brauchbare Werte. Es hatte sich also gelohnt noch mal zu starten, auch wenn es bedeutete, dass der "Nachmittag" im Labor sehr lang werden würde. Nach und nach verschwanden die anderen Studenten und schließlich verabschiedete sich auch Hansols Onkel von uns, nicht ohne Hansol noch mal einzuschärfen, dass der Schüssel noch heute wieder bei ihm zulanden hatte.

Dann wurde es ruhig im Labor.

Es war eigentümlich das Labor für sich zu haben, ganz ohne andere Studenten, die vor blubbernden Kolben wild durcheinander redeten. Ich setzte mich auf einen der Tische und ließ die Beine baumeln. "Wir sollten deinen Onkel öfter um den Schlüssel bitten", meinte ich und lehnte mich ein wenig zurück. Hansol schüttelte den Kopf. "Er hat gleich gesagt, dass das eine Ausnahme ist, weil er Mitleid mit uns hat. Übrigens denkt er die graue Färbung liegt an unsauberen Utensilien", erklärte er und lehnte sich neben mir an den Tisch. "Da hat wohl irgendwer seinen Kram nicht richtig abgewaschen", stellte ich fest und Hansol gab ein unzufriedenes Geräusch von sich. "Ja", meinte er, "wir." Er zuckte mit den Schultern. "Wir hätten die Sachen noch mal Abwaschen sollen, bevor wir sie nutzen, nur für den Fall." Ich nickte bekümmert.

The Weed ThingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt