33 - Kein Ausweg.

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In jener Nacht, wo keine Sterne blinken,
Wo keines Auswegs Hoffnungsstrahlen winken,
Schrick nicht zurück, wenn deine Reihe kommt!
Der Becher kreist, und jeder muß ihn trinken.
                                                  ~Chayyam

Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Louisa's Getue, und das Verhalten ihrer Mutter. Dauernd spielte sie sich auf, wegen den kleinsten Dingen rastete sie aus, wollte aber immer die beste sein, und ihre Mutter tolerierte das nicht nur, nein, sie bestärkte ihre Tochter darin. Es würde sie ohnehin nicht kümmern, wenn ich einfach verschwand, nur für eine Nacht...

Ich tastete nach meinem Handy auf dem Schreibtisch. Ich war zu faul gewesen, das Licht an zu machen. Als es den Weg in meine Hand fand, leuchtete das Display so hell, dass es mich beinahe blendete. Mit fliegenden Fingern öffnete ich die Kontakte und rief Sina an. Ungeduldig wartete ich, dass sie dran ging. Nach dem zweiten Tuten würde ich auf die Mailbox umgeleitet. Hatte sie mich etwa weggedrückt? Ein kaltes Gefühl machte sich in meinem Bauch breit, nistete sich dort ein, als wolle es nie wieder von dort weg. Pling. Eine Nachricht von Sina. Mit zitternden Fingern klickte ich auf die Benachrichtigung meines Handys und unser Chat öffnete sich.

Sorry, hab grade keine Zeit, bin bei Valentina. Morgen vielleicht?

Wut und Enttäuschung bildeten einen festen Knoten in meinem Magen, und ohne eine Antwort zu schreiben schloss ich den Chat und kämpfte gegen den Drang, mein Handy gegen meine Wand zu werfen. Schlussendlich flog es nur in meine Kissen und rutschte von meinem Bett auf den Teppich - wenigstens musste ich mir so keinen Sorgen machen, dass es Kaputt gegangen war. Ich machte mir nicht die Mühe, es aufzuheben. Sollte sich Sina ihr Morgen vielleicht doch sonstwo... Als mir auffiel, wie gemein und selbstsüchtig meine Gedanken sich anhören, ging es mir nicht gerade besser. Aber alles, was ich jetzt gebraucht hätte, wäre Sina gewesen, und die hatte keine Zeit für mich. Klar gönnte ich ihr die Liebe, aber es war anders, sie nicht mehr für mich alleine zu haben. Das hörte sich jetzt auch ziemlich verwöhnt an, aber es war nunmal so. Bisher waren es immer nur wir zwei gewesen. Ich würde mich erstmal daran gewöhnen müssen. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, Kira anzurufen, aber ich verwarf ihn schnell wieder. Sie war zwar nett, aber ich war noch nicht vertraut genug mit ihr, um ihr all meine Probleme anzuvertrauen. In meinem ganzen Leben gab es nur eine Handvoll dieser Menschen. Und alle befanden sich gerade außerhalb meiner Reichweite. Sina war bei Valentina, Veronica hatte ein Date, Alex war was weiß ich wo und meine Mutter tot. Philippa, eine meiner alten Au-Pairs, war Zuhause in Spanien und jetzt bei Phil und Suzann aufzukreuzen kam mir seltsam vor.

Als mein Handy klingelte stürzte ich mich förmlich darauf, in der Hoffnung, es könnte sich bei dem Anrufer um Sina handeln. Als ich einen Blick auf das Display warf, war mein Gefühlschaos perfekt. Es war nicht Sina. Es war Felix.

Bevor ich wusste was ich tat hatte ich den Anruf angenommen. "Hallo Kassandra, hier ist Felix." "Ja hab's gesehen. Warum rufst du an?" Das war die eine Frage, die mich brennend interessierte. "Also ähm... Ich dachte mir, da du ja jetzt wieder gesund bist könnte ich dich fragen, ob das Angebot mit der... Mathenachhilfe... Noch steht." Mein verräterischen Herz machte Luftsprünge bei dem Gedanken daran, mich mit Felix zu treffen. "Natürlich." Röte kroch meinen Hals hinauf und machte sich auf meinen Wangen breit, und meine Finger fingen an, mit dem Saum meines T-Shrits zu spielen. "Wann wäre es für dich denn am besten? Und erstmal nur einmal oder wollen wir gleich einen Wöchentlichen Termin ausmachen?" Kurz war es still, dann antwortete Felix. "Erstmal nur einmal, Danach können wir ja weitersehen." Vom Flur tönte Plötzlich ohrenbetäubend Laute Musik, und vor Schreck fiel ich beinahe vom Bett. "Kassandra? Ist alles OK bei dir? Was ist das?" Sämtliche Schmetterlinge waren mit einem Mal verschwunden. "Louisa." Knurrte ich. Ich war mir sicher, soetwas traute ich in diesem Haus nur ihr zu. "Kann ich dich ein anderes Mal zurückrufen? Oder... wir können ja auch schreiben. Ich hab was zu regeln." Felix klang verwirrt, aber er bejahte. Also verabschiedete ich mich und legte auf, dann schmiss ich mein Handy wieder auf die Kissen und stürzte zur Tür. Ich riss sie auf und stampfte wutschnaubend zu Louisa's Zimmer. Dort platzte ich in eine kleine Runde auf Louisa und zwei anderen Mädchen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Dafür, dass Louisa erst wenige Tage hier war, schien sie schnell Freunde zu finden. "Mach die Musik leise!" Meine Stimme überschlug sich fast. Zu meiner Überraschung tat Louisa tatsächlich, was ich sagte. Doch ich hatte mich zu früh gefreut. "Ich lasse mir doch nicht von dir sagen, was ich zu tun habe!" Und damit machte sie die Musik wieder laut und drehte sich von mir weg. Verzweifelt suchte ich nach Worten, und als ich keine fand, drehte ich mich um und verließ ihr Zimmer, natürlich nicht ohne die Tür hinter mir knallen zu lassen.

Mein Gehirn war wie vernebelt, ich wusste nur noch, dass ich hier raus musste. Unbedingt. Sonst würde etwas zu Bruch gehen. Sehr Bald. Und ich konnte nicht dafür garantieren, dass es nicht Louisa's Nase sein würde. Erst auf der Straße kam ich wieder zu mir, ein leichter Sprühregen benetzte meine Haut und kühlte mein heißes Gesicht. Die Kälte einer Dezembernacht war deutlich zu spüren, und mir wurde klar, dass es gar nicht mehr so lange bis Weihnachten war. Das war irgendwie das letzte Gewesen, worum ich mir seit dem Unfall meines Vaters Gedanken gemacht hatte. Und auch jetzt war es nicht gerade ein Thema, das mir wichtig erschien. Ich ließ meine Füße einfach laufen, und sie trugen mich zielsicher in den Forstbotanischen Garten. Gedankenverloren spazierte ich über die kleinen Wege, die bei Dunkelheit und ohne Menschen so ganz anders aussahen. Die Atmosphäre war friedlich und beinahe mystisch, und wirklich wie Balsam für meine Geschundene Seele. Langsam lasse ich meine Anspannung und meine Aufmerksamkeit fallen. Ein großer Fehler.

Plötzlich fasste eine Hand mich am Oberarm und stoppte mich. "Kleine, bleib doch stehen..." lallte ein Mann hinter mir. Panisch machte ich mich los und lief schnell weiter. Als ich einen schnellen Blick über meine Schulter warf, stellte ich mit Schrecken Fest, dass er mir noch immer folgte. Ich fing an zu rennen.

Verdammt. Ich war in eine Sackgasse gelaufen. Bei einem Pavillon endete der Weg. Und der Mann war immer noch hinter mir. Der einzige Weg,ihm zu entkommen, führte durch das Dickicht.

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Eine Frage: ich weiß, dass es manchmal schwer ist, im Verlauf einer Geschichte drin zu bleiben, wenn man diese aktiv verfolgt. Mir zum Beispiel passiert es häufiger, dass ich Personen durcheinanderbringe, die aus zwei ganz verschiedenen FFs sind oder einfach komplett vergesse, worum es eigentlich ging.
Soll ich eine kleine Zusammenfassung des letzten Kapitels am Anfang schreiben? Und wenn ich Personen hervorkrame, die seit mehreren Kapiteln nicht mehr aufgetreten sind, vielleicht nochmal sagen wer das ist?

Und über uns die Sterne [ASDS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt