34 - Bleib bloß weg von mir!

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Ab jetzt kommt vor dem Kapitel eine Zusammenfassung der Geschichte, die man braucht, um das Kapitel zu verstehen, und unter dem Kapitel ein Personenverzeichnis, wenn das nötig sein sollte.

Kassandra kam nicht mit der neuen Freundin ihres Vaters und deren Töchter  zurecht. Louisa hat sie genervt und laut Musik gehört, daher ist sie, ohne jemandem davon zu sagen, aus dem Haus gestürmt.

Außerdem: ich denke ich sollte ne Triggerwarnung für dieses Kapitel aussprechen, wer nicht mit beinahe Vergewaltigungen zurechtkommt sollte das lieber nicht lesen, im nächsten Kapitel gibt's dann ja ne Zusammenfassung ^^

Du glaubtest längst dich vorbereitet
Mit willigem Entsagen;
Und nun das Schicksal dich bestreitet,
So mußt du dennoch klagen.
Der Kämpfer war mit Muth gebrüstet,
Und glaubte sich wie gut! gerüstet;
Doch wenn hervor der Schrecken schreitet
Des Kampfes, wird er zagen.
Was hilfts auch, die Gedanken lenken
Auf das im Voraus, und sie senken
In das, was gar sich nicht läßt denken,
Eh man es muß ertragen!
                                                     ~Rückert

"Lassen sie mich in Ruhe!" Meine Stimme überschlug sich hysterisch, als der Mann immer näher kam. Ausweichen ging nicht mehr, ich war zu tief im Dickicht, hatte mich zu sehr in den Ästen und Ranken verfangen. "Hilfe, Hilfe, HIILFE!" Ich schrie so laut ich konnte, hoffte mit meinem ganzen Wesen, dass es laut genug gewesen war, dass jemand mich hörte, dass jemand kam und mich rettete. Denn mir war mehr als bewusst, dass die Ansichten dieses Mannes nicht gut waren. Ich verfluchte mich dafür, mein Handy daheim gelassen zu haben. Wie könnte ich nur so naiv sein und ohne Handy und ohne jemandem bescheid zu sagen einfach Abends im Park spazieren zu gehen?

Mittlerweile war er so nah, dass ich ihn riechen konnte. Er Roch nach einer übelkeitserregenden Mischung aus Aftershave, Schweiß und billigem Alkohol. Doch nicht alleine das veranlasste meinen Magen dazu, sich zusammenzukrampfen. Auch das gierige Funkeln in seinen Augen und das Dreckige Grinsen auf seinem Mund. Und das Messer, dass aus seiner Hosentasche in seine Hand gewandert war.

"Na Kleine? Immer noch so erpicht darauf, nach Hilfe zu schrein?" Er kam drohend noch näher, bis er nicht einmal mehr einen halben Meter von mri entfernt war. Ich lehnte mich soweit nach hinten wie möglich, um soweit wie möglich von ihm weg zu kommen. Mittlerweile bereute ich die Entscheidung, mitten in der Nacht einfach abzuhauen, sehr. Alles war besser als das hier. Sogar Louisa und Janette.

Die Hand mit dem Messer hob sich langsam, und der Mann machte noch einen Schritt auf mich zu. Unsere Fußspitzen berührten sich beinahe, genau wie der Rest unserer Körper. Er überragte mich um mehr als einen Kopf, und mir war klar, dass ich keine Chance haben würde. Doch das würde mich nicht davon abhalten, zu kämpfen.

Ich holte tief Luft, um nochmals nach Hilfe zu schreien, da spürte ich die kalte, feine Klinge an meinem Hals und jeglicher Ton blieb mir in der Kehle stecken. "Wenn du noch einen Mucks von dir gibt's, Schlitz ich dir die Kehle auf." zischte der Mann mir ins Ohr und drückte das Messer noch fester an meinen Hals. Leicht ritzte es an meiner Haut, und ich konnte spüren, wie langsam ein Blutstropfen aus der kleinen Schnittwunde quoll und sich einen Weg meinen Hals hinunter bahnte. Auch wenn ich mich wehren wollte - mein Leben war mir lieber.

Ich verharrte stocksteif in meiner Position, als er noch einen Schritt auf mich zu kam. Ich versuchte mich nicht zu bewegen, doch mein Körper zitterte aus einer Mischung von Kälte, Angst und Ekel. Er hatte das natürlich längst bemerkt, und strich mir sanft über die Wange. "Sieh an... Hast du etwa Angst vor mir? Ich will doch nur ein bisschen Spaß haben..." Mir wurde mit einem Schlag wieder übel. "Ich... Will... Aber.. nicht!" Keuchte ich. Ein Fehler. Sofort drückte sich die Klinge noch ein Stücken mehr an meine Kehle. "Still habe ich gesagt!" Ich wagte es nicht zu nicken.

Langsam verringert er den Druck des Messers an meiner Kehle, nimmt es dann ganz weg. Über meinen Kompletten Körper kroch eine Gänsehaut, und ich schauderte. Ich wollte weinen, schreien, um mich treten. Doch mein Körper war in eine Starre gefallen, und alle Kraft schien mich verlassen haben. Ich fragte mich kurz, wie ich es überhaupt schafft, mich noch aufrecht zu halten, doch dieser unwichtige Gedanke verflog schnell wieder. Doch meine Gedanken wendeten sich nicht etwa wichtigeren Dingen zu, zum Beispiel wie ich am besten hier wegkommen, den Mann stoppen könnte, nein, sie wanderten weg. Immer weiter, bis ich das Gefühl hatte, nicht mehr zu meinem Körper zu gehören. Ich spürte das Brennen der Wunde an meinem Hals, doch es fühlte sich nicht real an, nicht wie irgendeine Art von Schmerz, die ich bisher in meinem Leben gespürt hatte.

Ich wartete. Wartete nur noch darauf, was der Mann als nächstes tun würde. Und was er tat, überraschte mich etwas, doch auch diese Emotion fühlte ich weit weg an. Es war, als hätte mein Körper auf Stromspar Modus gestellt. Er trat einen Schritt zurück. Nach einer Sekunde, in der Erleichterung und Hoffnung meinen Körper durchspülten. Doch dann bemerkte ich den Blick, der über meinen Körper glitt, gierig, gespannt, und der Funke der Hoffnung wurde von einem eiskalten Gefühl in meinem Herz ausgelöscht. Langsam klappte er das Messer zusammen und steckte es wieder in seine Hosentasche. Dann streckte er seine Hand aus.

Mit einem Mal schien sich mein Überlegensinstinkt wieder einzuschalten, und es war, als hätte das irgendweinen Schalter in meinem Gehirn umgelegt. Da das Messer nicht mehr zu sehen war, nahm ich es nicht mehr als Unmittelbare Bedrohung wahr, und das half mir, meine Schockstarre zu überwinden. Meine Komplette Konzentration schnellte in meinen Körper zurück und ich spürte das Adrenalin durch meinen Körper spülen, und zwei Gedanken stachen plötzlich aus der Suppe meiner Gedanken heraus.

Ich muss hier weg.

Das Messer.

Und mit einem Mal wusste ich ganz genau, was ich zu tun hatte. Als sein Arm sich auch mit zubewegte, langsam, wie eine Schlange, zuckte ich zurück und schlug mit einer Kraf, von der ich nicht einmal wusste, dass sie meinem Körper innewohnte, den Arm des Mannes weg. Nach einer Schreckenssekunde auf Seiten des Mannes verzog sich sein Gesicht zu einer ärgerliche Fratze und er stürzte sich auf mich. Ich hatte nichtmal mehr Zeit zu reagieren, da lag ich unter ihm auf dem Boden. "Kleine Schlampe du!" Zischte er. "Wenn du dich nochmal wehrst wirst du dein blaues Wunder erleben!" Diese Drohung zeigte kaum Wirkung auf mich, ich fühlte mich abgestumpft dagegen. Es war schließlich auch nicht die erste Drohung, die er an diesem Abend ausgesprochen hatte.

Mit so viel Schwung wie ich aufbringen konnte ließ ich meinen Oberkörper nach oben schnellen. Dabei traf meine Stirn mit voller Wucht auf seine, was nicht beabsichtigt war, aber den angenehmen Nebeneffekt hatte, dass er für einige Sekunden leicht benommen war. Obwohl ich hätte wetten können, dass es mir genau so gehen würde, stellte sich nichts dergleichen ein. Also nutze ich die Gunst der Stunde und griff dem Mann in die Hosentasche. Bevor er wusste, wie ihm geschah, hatte ich das Messer und klappte es leicht zitternd und etwas ungeschickt aus. Dass ich mich dabei an der Handfläche Schnitt, nahm ich nur ganz nebensächlich wahr.

Für einen Moment war der Mann ganz still. Dann stürzte er sich mit einem Aufschrei nach Vorne, seine Hand griff nach meiner, versuchte, mir das Messer zu entwenden. "Verdammte... Ich bringe dich UM!" Keuchte er, uns in seinen Augen sah ich doch tatsächlich ein Funken der Angst funkeln. Und dann trat eine Seite von mir zu Tage, die ich lieber nie entdeckt hätte. Ich freute mich diebische darüber, dass er jetzt die Angst verspürte, die er mich hatte fühlen lassen. Und ich verspürte den Drang, ihn leiden zu passen, wie er mich hatte leiden lassen.

Der Mann riss an dem Messer, und auf einmal ging alles ganz schnell. Ich kann nicht sagen, wie genaues geschah, aber eine Sekunde später starrten der Mann und ich uns in den Augen, gleichermaßen entsetzt. Langsam blickte ich nach unten, auf meine Hände, auf das Messer. Das jetzt im Bauch des Mannes steckte.

Und über uns die Sterne [ASDS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt