27 - Das Leben ist kein Zuckerschlecken

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Ich kehr in einen Traum zurück
nach dem ich lang gepennt
er ist wie ein Theaterstück
das man hier "Leben" nennt
Lebens - Traum
ich find Dich schön
ich träum Dich mehr und mehr
doch irgendwann da muß ich gehn
es fällt mir wirklich schwer
nur eines sag ich hier zum Schluß
es schlägt bald meine Stund
auch wenn ich wieder gehen muß
so penn ich mich gesund.....
                                            ~Hübner

Ich träumte sehr wirr, hatte die genaue Zeit das Gefühl, vor jemandem weglaufen zu müssen. Am Ende wusste ich nicht mehr genau, wovon ich geträumt hatte, nur noch, dass es verwirrend und verstörend war.

Weit entfernt nahm ich eine Stimme war, die mir wage bekannt vorkam. "Hier ist sie! Ich hab sie gefunden!" Dann berührte mich jemand an der Wange. "Kassandra! Aufwachen!" Ohne die Augen zu öffnen grummelte ich etwas, das "ich will nicht, zu müde" heißen sollte, vermutlich aber kaum zu verstehen war, und drehte mich auf die Seite. Jemand lachte leise. "Ach komm schon. Du hast sicher lang genug geschlafen. Wie bist du überhaupt hier hergekommen?" Damit hatte er es geschafft, meine Neugier zu wecken. Wo sollte ich denn sein? Vorsichtig öffnete ich die Augen. Und fand mich in einem mir völlig fremden Raum wieder, der verdächtig nach Intensivstation aussah. Doch ich lag nicht im Bett, dieses war noch mit Plastikfolie abgedeckt, nein, ich lag zusammengerollt auf dem Boden. Langsam setzte ich mich auf und sah in ein bekanntes Gesicht.

"Herr Dreier?" sagte ich auf gut Glück den ersten Namen, der mir zu dem Gesicht einfiel. Er lächelte mich an. "Da hat sich jemand meinen Namen gemerkt. Guten Morgen Sorgenkind." Ich zog eine Augenbraue hoch. "Sorgenkind?" "Du warst nicht mehr in deinem Zimmer, das halbe Krankenhaus sucht nach dir! Wir haben uns alle Sorgen um dich gemacht." Verblüfft sah ich ihn an. "Äh... Sorry?" Er half mir auf die Füße. "Am besten ich bring ich dich zurück auf die Pädiatrie. Aber sag Mal, warum lagst du aufm Boden eines Intensivzimmers? Da gibt es doch sicher gemütlichere Schlafplätze. Dein Bett zum Beispiel." "Wenn ich das wüsste..." murmelte ich. Fragend sah der Arzt mich an, während wir uns langsam auf den Weg machten. "Ich kann mir nicht erklären wie ich da hin kam." gab ich leise zu. Kurz schwiegen wir beide. Dann fingen wir gleichzeitig an zu reden.
"Wobei... Ich glaube ich weiß es doch"
"Bist du schonmal geschlafwandelt?"
Erstaunt sah ich ihn an. "Ja, genau das. Mein Vater hat Mal erzählt dass ich als kleines Mädchen öfters geschlafwandelt bin. Aber das habe ich seit Jahren nicht gemacht!" "Ich kenne mich jetzt eigentlich gar nicht mit sowas aus aber vielleicht kommt das durch den Stress?" "Woher wissen sie dass ich gerade ziemlich viel um die Ohren habe?!" "Das ganze Personal weiß jetzt davon, dass ein Mädchen mit neu entdecktem Foramen Ovale Defekt verschwunden ist, dass..." Abrupt blieb ich stehen.

"Was? Was haben sie gesagt?" Verwundert bleibt auch er nach zwei weiteren Schritten stehen. "Dass alle wissen dass du..." Ein Ausdruck der Erkenntnis huscht über sein Gesicht. "Du kanntest du deine Diagnose noch gar nicht, nicht wahr?" Als ich vorsichtig nickte, zog er die Luft ein. "Am besten wir gehen erstmal auf dein Zimmer zurück, dann kann ich es dir erklären." Er kam wieder auf mich zu und legte eine Hand in meinen Rücken, als wüsste er, dass meine Beine ganz wacklig waren, dann führte er mich bestimmt auf mein Zimmer zurück. Eine kleine Meinungsverschiedenheit hatten wir, als es darum ging, wie wir die Stockwerke bis zur Kinderstation überwinden sollten. Er meinte, bei meinem Zustand, ernsthaft?, Wäre es besser, wenn wir den Fahrstuhl nehmen, doch da ich mich beharrlich weigerte, gab er schließlich nach.

Als ich mein Zimmer betrat, strahlte mich Jessie an. Sie sprang auf und fiel mir mit so viel Schwung um den Hals, dass sie mich beinahe umgeworfen hätte. "Kass! Du kannst dir gar nicht vorstellen welche Sorgen ich mir gemacht habe, als ich aufgewacht bin und du einfach weg warst und das EKG einfach so auf dem Boden lag!" Ich machte mich befangen von ihr los und ließ mich auf mein Bett fallen. "Was war denn?" Wollte Jessie wissen. "Hab geschlafwandelt." Antwortete ich einsilbig. Herr Dreier betrat den Raum, hinter ihm kam Schwester Linda herein und lächelte mich erleichtert an. Sofort sehe ich die Beiden hoffnungsvoll an. Ich will verdammt noch Mal endlich wissen was mit mir los ist! "Ja ja, das erfährst du gleich. Ich kann es dir nicht genau sagen, ich kenne den genauen Befund nicht, aber ich kann dir grob sagen was dir fehlt." Scheiße, hatte ich das eben gerade laut gesagt? Das Blut schoss mir in die Wangen und ich senkte den Blick. Jessie sah neugierig zu mir herüber, doch blieb still. "Ist es ok wenn sie dabei ist?" fragte Linda mit einem Seitenblick auf Jessie. "Ja ja!" Herr Dreier stützte sich auf das Gitter am Ende meines Bettes und begann zu erklären. "Das Foramen Ovale ist ein Loch in der Herz-Scheidewand, das sich normalerweise mit dem ersten Atemzug eines Babys verschließt. Ein Foramen Ovale Defekt heißt also nichts anderes, als dass du ein kleines Loch in der Herz-Scheidewand hast. Das kann zu Herzproblemen führen, wegen denen du wahrscheinlich hier bist." Warte was?! "Ich habe ein LOCH in meinem Herz?!" fragte ich Leise, aber leicht panisch. "Es ist nicht so schlimm wie du denkst. Jedenfalls nehme ich das an. Da du noch nicht im OP bist und der Verdacht anscheinend schon länger besteht..." Er lächelte mich an, und ich beruhige mich Weider ein wenig. "Ich geh gleich Mal mit Constanze reden, die weiß besser was du hat. Ich schick sie zu dir, ja? Dann noch gute Besserung euch beiden." Er verließ das Zimmer wieder, und Linda verkabelte mich abermals. Dann ließ auch sie uns alleine. Und ich? Ich fing an zu weinen. In mir hatten sich zu viele Gefühle angestaut, und diese brachen jetzt mit aller Kraft aus mir heraus. Erschrocken sah die Ärztin mich an, die in diesem Moment hereingekommen war. Auch Jessie war einen Moment wie erstarrt, dann kletterte sie wieder zu mir rüber und nahm mich in den Arm. "Schhhhh.... Alles wird gut, das hast du doch gerade gehört..." Auch die Ärztin kam herangeeilt und strich mir beruhigend über den Rücken. Das bewirkte allerdings das Gegenteil von dem gewünschten Effekt, ich Weinte nur noch mehr. Ich vermisste meine Mutter, Alex, Sina, Phil und Suzann... Sogar meinen Vater. Und je mehr sie versuchten, mich zu trösten, desto mehr Wünschte ich mir, dass es nicht die Ärztin und Jessie waren, sondern einer von ihnen. "Kassandra... Was ist denn los?" Ich zuckte mit den Schultern. Je mehr ich versuchte, auszuhören, desto stärker heulte ich. Im Gehirn der Ärztin ratterte es, ich könnte es förmlich hören. "Hör Mal, dein Herzfehler ist wirklich nicht schlimm. Du brauchst keine Angst haben." Wenigstens versuchte sie es. Aber ich konnte einfach nicht aufhören. "Hör Mal, du musst dich beruhigen! Sonst muss ich dir ein Beruhigungsmittel geben..." Ich versuchte es ja! Ich nickte unter Tränen, um zu zeigen, dass ich verstanden hatte, aber es funktionierte einfach nicht. Die Ärztin schüttelte traurig den Kopf und verschwand aus dem Zimmer. Fünf Minuten später kam sie mit drei Personen Anhang wieder. Eine Schwester und Frederik, in Zivil. Wollte wohl seine Tochter besuchen. Und Alex. Alex. Alex. Ich Weinte noch ein bisschen stärker und alle drei neuen Personen sahen mich ebenso bestürzt an wie vorhin die Ärztin. Mit ein paar Schnellen Schritten war Alex bei mir und nahm mich ebenfalls in den Arm. Ich kuschelte mich an ihn, die Tränen laufen weiter. "Süße, was ist denn?" "Ich weiß es auch nicht..." Jessie zuckte hilflos mit den Schultern. Ich spürte etwas an meiner Hand, und langsam wurde ich ruhiger. Ich schloss meine Augen, genoss die Wärme, die Alex ausstrahlte, und dämmerte weg.

"Und?" "Seit leise, sie schläft." Jetzt nicht mehr. "Sie ist vorhin nervlich total zusammengebrochen und hat einiges an Tavor intus." "Oh Gott was war denn los?" Das war Suzann, oder? Jemand setzte sich neben mich und strich mir leicht über die Haare. Ich schlug die Augen auf und sah in Suzann's besorgte Augen. "Haben wir dich geweckt? Sorry..." "Nicht schlimm." Ich war immer noch hundemüde, aber das müsste ich ihnen ja nicht unter die Nase reiben. Sie machten sich ja schon so viel zu viele Sorgen um mich. "Geht's dir besser?" Alex und Phil standen an meinem Bettende und sahen mich aufmerksam an. "Ja." Ich drehte mich zur Seite, wo mich Jessie anlächelte. Ihr Vater war wohl schon wieder los... Die Arme. Ich lächelte leicht zurück, um ihr zu zeigen, dass es mir besser ging. Dann sah ich Alex fragend an. "Du hast die Ärzte doch sicher ausgequetscht was mit mir los ist." Ich machte große Augen und klimoerte mit den Wimpern. "Verrätst du es mir?" Alex lachte. "Ja klar." Er kam herum und setzte sich zu mir aufs Bett. "Du hast ein winziges Loch in der Herz-Scheidewand, vermutlich seit du klein bist. Durch den Stromschlag hat es sich ein wenig ausgeweitet, deshalb hat man das erst jetzt bemerkt. Aber es ist nicht gefährlich. Soweit ich das verstanden habe, soll es operativ verschlossen werden, aber das hat noch Zeit, deshalb ist die OP erst in ein paar Monaten." Erleichtert, dass jetzt alle Karten offen auf dem Tisch lagen, atmete ich aus. Unsicher lächelten die Erwachsenen und vor allem Jessie mich an. Sie hatten wohl Angst, dass ich wieder in Tränen ausbrach. Aber dazu war ich zu ausgelaugt. Also lächelte ich zurück, und stellte die erste Frage, die mir in den Kopf kam, um sie abzulenken. "Wo ist Sina?" Phil lachte. "Noch in der Schule." Auch stimmt ja... Die gab's ja auch noch... "Stimmt." Gab ich verlegen zurück. Dann schloss ich die Augen und schlief wieder ein.

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Frohe, Frohe, Frohe Weihnachten!!!🌲🌲🌲🌲
Hab euch alle gaaaanz dolle lieb♥️

Anmerkung der Autorin: für Medizinische Angaben in diesem Kapitel gebe ich keine Garantie🙃

Und über uns die Sterne [ASDS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt