Ständig musste Lâvin aufs Klo rennen. Sie war nervös und hatte fast gar nicht geschlafen. Und so sah sie auch aus. Sie hatte tiefe Augenringe unter ihren geröteten Augen, ihre Unterlippe war rissig, da sie auf ihr herum gekaut hatte.
Ein komisches Gefühl breitete sich in ihrem Körper. Wütend lief sie hin und her.
"Ich bin extra vor ihm geflohen und jetzt? Jetzt taucht er hier auf? Mit wem? Mit seiner Fr-."
Sie konnte es nicht aussprechen. Die Tatsache, dass Lâvin nicht Sefas Ehefrau ist, wandelte ihre Wut in Trauer um. Sie presste ihre abgekauten Lippen zusammen und versuchte nicht zu weinen, doch sie konnte nicht dagegen ankämpfen. Sie weinte. Weinte, bis in die Nacht...Am nächsten Morgen, konnte sie nur schwer aus dem Bett steigen. Mit langsamen Schritten bewegte sie sich in Richtung Wohnzimmer, stellte sich mit verschränkten Armen vor das große Fenster und genoss mit geschlossenen Augen die Sonne. Sie stellte sich vor, wie Sefa sie umarmte und beide zusammen die Aussicht genossen. Doch als sie durch Alice, die Haushälterin unterbrochen wurde, platze ihr Traum und sie wurde wieder zurück in die schreckliche realität gezogen.
"Miss? Ein Mann namens Hamza ist da. Soll ich ihn rein bitten?"
Lâvin machte große Augen und rannte grinsend zur Tür. Hamza stand mit einem Koffer in der Hand vor der Tür und grinste ebenfalls. Er ließ seinen Koffer fallen und breitete seine Arme aus. Lâvin schmiss sich in seine Arme und umarmte ihn so fest wie es nur ging. Sie war froh ihren Bruder wieder zusehen. "Du hast mich also so sehr vermisst?"
Er grinste und küsste sie auf ihren Kopf. "Natürlich ich hab dich vermisst. Aber Moment mal ."
Lâvin löste sich von ihm und sah ihn misstrauisch an.
"Woher wusstest du das ich in Sydney bin?"
Hamza seufzte.
"Schwesterchen... lass uns erst mal hin setzen. Der Flug war anstrengend."
Lavin nickte nahm ihn seine Jacke ab und lief zusammen mit Hamza ins Wohnzimmer. " Wow.. was ist das den", sprach Hamza völlig begeistert aus, als er die Aussicht aus dem Fenster sah.
Diesmal seufzte Lâvin.
"Willst du mir jetzt sagen warum du hier bist. Und müsstet du eigentlich nicht in der Türkei sein? Du kannst doch nicht einfach mitten im Studium hierher kommen."
Hamza setzte sich auf die Couch und lehnte sich entspannt zurück.
" Ich hab Semester Ferien keine Sorge. Willst du mir keinen Kaffee anbieten?"Und genau in diesem Moment, kam Alice lächelnd mit zwei Kaffeetassen in der Hand rein.
"Du hast dein Kaffee jetzt. Schieß los."
Augenrollend nahm er einen schluck Kaffee."Ayhan hat es mir gesagt. Als ich wieder Zuhause war, waren alle irgendwie so komisch. Mama, Dilan waren nur am weinen und Cihan und Turan abi suchen dich überall. Sie haben mir nichts gesagt, deshalb wollte ich zu Sefa, doch dann hab ich erfahren das er geheiratet hat und mit seiner Frau in Sydney ist. Als ich mich dann mit Ayhan traf, hatte er mir gesagt das er dich nach Sydney geschickt hätte. Mein erster Gedanke war natürlich das du die Frau von Sefa bist. Ich wurde wütend, da ich nicht eingeladen wurde, doch Ayhan sagte mir das nicht du seine Frau bist, sondern eine andere. Ich hab ihn gebeten mir deine Adresse zu geben und bin mit dem nächsten Flieger hier her geflogen. Und keine Angst, keiner außer Ayhan weiß das ich hier bin."
Lâvin blinzelte und spielte mit ihrem Ohrläppchen. "Okay... ehm.. Hast du Hunger? Soll ich Alice sagen, dass sie uns was machen soll?"
Hamza schütellte mit zusammengezogenen Augnebrauen den Kopf und lehnte sich diesmal nach vorn.
" Jetzt bist du dran. Warum bist du hier? Weshalb hat Sefa geheiratet?"
Lâvin streichte sich die Haare zurück und starrte aus dem Fenster. Sie konnte nichts sagen. Sie hatte angst wieder in Tränen auszubrechen.
Hamza merkte, dass nichts mit ihr stimmte. Sofort setzte er sich neben sie. Ihre Hände zitterten, weshalb er ihr die Tasse aus der Hand nahm. Nicht mal eine Minute später, brach Lâvin in Tränen aus und warf sich in Hamzas Arme. "Ich hab doch nur geliebt", schluchzte sie in seinen Armen. Hamza streichelte behutsam ihren Rücken und küsste immer wieder ihren Scheitel. Sie fing an versetzt zu Atmen.
"Ich musste mich von Sefa trennen. Entweder sollte ich ihn verlassen oder ich musste mit Gürkan heiraten.""Warum? Mama, abla und Turan abi mochten Sefa abi doch? Was hat sich den geändert? Und was hat Gürkan mit der ganzen Sache zu tun?"
Lâvin zuckte mit den Schultern und wischte sich die Tränen ab.
" Ich weiß es nicht. Aufeinmal wurde Turan abi anderes. Er kam wütend in mein Zimmer und fing an mich zu schlagen und-"
Sie schluckte den Klos in ihrem Hals runter und sprach weiter.
"Und dann kam mein Vater rein und Turan abi erzählte ihm alles. Einfach alles. Das ich mit Sefa zusammen bi-"
Wieder unterbrach sie sich und sah traurig aus dem Fenster.
"...war. Ich weiß nicht wieso er so geworden ist. Er hat Sefa doch gemocht, ihn akzeptiert und war sogar froh das ich Sefa hatte. Er hatte immer gesagt das Sefa der richtige für mich ist.
Als Papa alles erfahren hatte, erfuhr Cihan abi natürlich auch alles und du weißt doch wie Cihan abi ist. Er ist ausgerastet und hat mir befohlen mit Sefa schluss zu machen."
"Abi.. ich weiß nicht was ich machen soll. Sefa hat mir einen Heiratsantrag gemacht... Ich wollte es.. Ich wollte es so sehr abi."
(Abi= Bruder)
Lâvin schluchzte und bedeckte ihr Gesicht mit einem Kissen.
Hamza konnte nichts sagen. Er war sprachlos. Wie kann eine Familie so erbärmlich sein und das eigene Kind, das eigen Fleisch und Blut mit so etwas zu bedrohen? Er war wütend und das auch mit Recht.
" Und warum hat Sefa eine andere geheiratet, wenn er dir einen Antrag macht?"
Lâvin zuckte wieder mit ihren Schulter und weinte weiter.
"Er ist verletzt. Er hat es nur wegen mir gemacht. Alles wegen mir."
Sie wurde lauter und schlug immer wieder auf das Kissen.
" Er hat nicht einmal um dich gekämpft? Nicht einmal? Hat er dich einfach vergessen? Das kann doch nichts sein. Und du nimmst ihn noch in Schutz! Lavin mach die Augen auf! Er hat uns alle getaüscht."
Hamza stand auf, stüzte sich mit einem Arm ans Fenster und sah wütend auf die Straßen"Er wird schon sehen. Er wird sehen wir es ist meine Schwester so zu verletzen."
Beim Verlassen werden ist der Schmerz über die verletzte Eitelkeit oft größer, als über den Verlust des geliebten Menschen.
Manfred Poisel
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Sefa
RomanceAngenommen, deine große Liebe hat sich aus dem Staub gemacht, und es fällt dir schwer, deine Emotionen im Griff zu behalten. Plötzlich unterbreitet dir dein Vater ein einzigartiges Angebot, das die Möglichkeit eines Neuanfangs in deinem Leben eröffn...