Kapitel 31

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"Geh mir aus den Augen du nichts nutz!", brüllte mich mein Vater mit all seiner Kraft  an.
Allmählich sammelte sich all meine Wut  zusammen und drohte  zu platzen. Seit einer Stunde muss ich  mir seine Vorwürfe, sein Verachten mir gegenüber anhören.
"Ich weiß nicht was ich falsch gemacht habe. Wie konnte ich  so einen Sohn wie dich erzieh-"
"Es reicht!", platze es aus mir und spürte wie mein inneres vor Wut  pochte. 
"Was bin ich  für dich Baba?! Dein Sohn oder dein Sklave? Ich konnte dir nie widersprechen  können. Jedes mal warst du derjenige der seinen Willen  durchsetzte, nie hast du mal an mich gedacht, nie hast du bei Entscheidungen, mich mit einbezogen und nie wirklich nie, habe ich mich eingemischt oder  auch widersprochen. Das erste mal war es wegen Lâvin, die Frau  die ich geliebt habe! Aber auch  da, hast du alles getan um mich von ihr zu reisen. Du hast mir mein ganzes  Leben lang  vorgeschrieben was ich machen sollte, aber  eins sollst du jetzt wissen."
Ich blickte ihm in die Augen. Ich suchte  nach  etwas Liebe, etwas Wärme, doch fand nichts außer  Hass.

"Ab jetzt wirst du dich nicht  mehr in mein Leben  einmischen. Du wirst keine  Entscheidungen mehr treffen die mich angehen und wirst mich von meiner Entscheidung, mich von Bahar zu trennen, nicht abhalten."
Er war kurz davor  mir eine Ohrfeige zu verpassen, da ging meine Mutter  zwischen  uns.
"Faruk es reicht", flüsterte sie mit Tränen in den Augen und hielt seine Hand  fest.
"Du wirst wie dein Vater. Du hast doch auch für mich gekämpft, lass deinen Sohn für seine Liebe kämpfen. Akzeptiere es endlich."
Seine Augen wurden größer und sahen mich an. Nichts änderte sich an seinem Gesichtsausdruck. Immer noch voller Hass und Wut.
"Geh, geh und komm nicht mehr wieder", zischte er wütend und nahm seine Blicke von mir.
Ich biss die Zähne zusammen und drehte ihm den Rücken  zu.
"Baba, das kannst du doch nicht machen", hörte ich wie Hicran zu meinem Vater  sprach und ihre Stimme  mit den Treppenstufen die ich stieg, leiser wurden.
"Sefa, oglum"(mein Sohn) hörte  ich die Stimme meiner Mutter hinter mir und drehte mich um. Ihr Augen waren gefüllt mit Tränen. "Geh nicht. Das ist dein Vater, du weißt  doch wie er ist. Er wird sich schon  noch beruhigen. Aber bitte-"
Ihre wundervollen  weichen Hände legte sie auf meine Wangen und lächelte leicht. "Bleib bei mir."
Mein Herz zerbrach. Sanft nahm ich ihre Hände  in meine und küsste sie. "Annem, ich werde immer da sein. Für dich, für Hicran, für die Zwillinge, aber nicht für ihn. Ich ertrag es nicht  mehr. Bitte lass  mich jetzt gehen", flüsterte  ich und küsste ihre Hand erneut. Unter Tränen nickte sie und umarmte mich. "Ruf mich an." Ich  nickte, schnappte mir meine Tasche die ich aus meiner Wohnung  hatte, mit der ich ursprüngliche vor hatte bei meinen Eltern zu bleiben und stieg zügig die Treppen runter. Hicran's hysterische Stimme war noch zu hören, als die Haustür hinter mir zu schlug. Das Gefühl  der Einsamkeit überwältigte mich ein weiteres mal.

Ich beschloss nicht mehr an die Sache  zu denken und fuhr zurück in die Wohnung. Von vornherein konnte ich dort bleiben, da Bahar  ihre Sachen gepackt hatte und ging, doch  irgendwie war, die Wohnung ohne  sie nicht mehr mein Zuhause. 
Ein Geschenk  Gottes würde man sagen, ich sollte Bahar schätzen, sie lieben- jedoch überrumpeln mich meine Gefühle zu Lâvin und der Versuch  Bahar zu lieben, scheitert aufs neue. Ich fühle mich so, als ob kein Leben mehr  in mir wäre, keine Energie.

Wahrscheinlich sollte ich mich glücklich schätzen. Vielleicht eine Art  Erlösung, doch vielmehr als eine Erlösung, kommt es mir vor wie in der Hölle. Gefangen in einem Haufen  von Kaos. Einem scheiße Kaos!
Was nun? Sollte es mich eigentlich  nicht glücklich machen? Letztendlich  lasse ich mich von einer Frau  scheiden, die ich überhaupt nicht liebe, doch trotzdem ist der Gedanke bedrückend zu wissen, dass sie nicht mehr da sein  wird. Ihre ruhige, manchmal sogar auch etwas schräge und witzige Art, sie ist ein Teil meines Lebens geworden und nun lass ich sie einfach gehen.

"Dieser Konflikt macht mich noch Geisteskrank",sprach ich vor mich hin und ohne es zu bemerken, war es schon der nächste Morgen.

 Schwer rappelte ich mich auf, zog meine Jacke an, fuhr zur Arbeit und traf auf Hacer an.Seit dem die Lebenserhaltenden Maschinen  von Kadir abgestellt wurden, wechselte sie mit niemandem ein Wort, auch nicht mit mir. Sie kam zur Arbeit erledigte ihren Kram- unser Chef hat sie für kurze Zeit vom Außendienst genommen- und ging wieder. 

Ich hab aufgehört  zu versuchen  sie aufzumuntern und sie einfach mit ihren Gefühlen allein gelassen. Es klingt zwar etwas grob, aber das ist nun mal Hacer. Sie braucht Zeit für sich.

"Günaydin", sagte ich und lief Richtung Umkleide.
"Günaydin", hörte ich Hacer sagen und drehte mich zu ihr. Sie sah mich mit  trauernden Augen an. Leicht  lächelnd, lief ich auf sie zu und nahm sie in den Arm. Nicht lange hat sie gebraucht und brach in Tränen aus.
"Ich  dachte ich würde klar kommen."
Sie schluchzte.
"Wirk-lich."
Behutsam streichelte ich ihre Haare.
"Schon okey."
"Ich hab ihn so sehr geliebt Sefa. Er war mein ein und alles."
Sie schluchzte  immer und immer wieder.
"Er nannte mich  immer Donald Duck."
Sie lachte unter den Tränen. Ich drückte sie noch fester  gegen meine Brust.
"Er war mein Held", flüsterte  sie und vergrub ihr Gesicht in meine Brust.

Nach meiner Schicht verabschiedete ich mich von Hacer in dem ich ihr lächelnd zuwinkte, worauf ich ein leichtes lächeln  zurück bekam und verschwand aus der Tür.

"Scheiße", fluchte ich und  rannte die Straße runter zu meinem Auto. Es regnete in stürmen. Durchnässt, stieg ich hastig in mein Auto und schloss für einen Moment  die Augen. Sie geht  mir nicht  aus den Kopf.  Ihre Tränen, ihre  Stimme. Es macht mich fertig sie so gehen gelassen zu haben. Ihr eingestehen zu müssen, dass ich  sie nicht liebte- was eigentlich  auf Gegenseitigkeit beruhte - und ihr ihre  Unschuld genommen hatte. Jedes mal aufs neue verachtete ich meine Taten, mein leben und mich.

Nichts ist ihm schädlicher als er sich selbst.

Marcus Tullius Cicero

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