Kapitel 27

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Lâvin

An manchen Tagen war sie richtig zufrieden und voller Zuversicht gewesen. Aber dann war dieses Gefühl ebenso plötzlich verschwunden, wie es gekommen war, und sie spürte wie die Traurigkeit zurückkehrte. Sie sehnte sich danach, sich wieder in ihrem Körper und ihrem Leben aufgehoben zu fühlen, statt wie ein Zombie umherzuirren und ihrer Umwelt beim leben zuzuschauen, während sie darauf wartete, dass ihres herumging.
Stunden lang saß sie im Wohnzimmer und blickte aus dem Fenster in die Dunkelheit. Jedesmal stellte sie sich die ein und die selbe frage: "Was wäre wenn ich seinen Antrag angenommen hätte?"
Und jedesmal kam sie durch zisch Szenarien, auf die gleiche Antwort: der Tod. Der unausweichliche Tod.

Alles würde sie geben, um ihn wieder zu sehen. Ihm tief in die Augen sehen und ihm sagen, wie sehr sie ihn liebt. Die Geborgenheit zu fühlen, die sie von niemand anderen bekam als von ihm. Seinen Geruch wieder ein zu atmen. Sein zauberhaftes lächeln zu sehen. Sein eisernes Herz mit einer Berührung von ihr, zum schmelzen bringen.

"Lâvin?"
"Im Wohnzimmer."
Sie konnte seine Schritte im Flur hören.
"Warum sitzt du im Dunkeln?", fragte er und knipste das Licht an. Sich wieder an das grelle Licht zu gewöhnen, nahmen ihr einpaar Sekunden.
"Ali, dreh das Licht bitte runter", gab sie ihm wieder und entferne ihre Blicke nicht einmal aus dem Fenster.
Er setzte sich neben Lâvin, ohne das Licht runter zu drehen. Er lockerte seine Krawatte auf. " Bist du denn nicht froh wieder sehen zu können?"
Lâvin zuckte mit den Schultern.
Beide saßen still auf dem Sofa und blickten raus.
"Warum hast du mich im Fluss nicht einfach sterben lassen?", kam es nach fünf Minuten aus ihr raus und blickte rüber zu Ali.
Er lachte kurz auf, warf seine Arme auf die Kopflehne und seinem rechten Fuß auf seinen linken Oberschenkel.
"Naja, ich bin Arzt. Ich rette nun mal leben. Und außerdem fand ich dein Haar im Wasser so toll, da musste ich dich raus ziehen, sonst würde ich mir jeden tag Vorwürfe machen, ohne zu wissen was für Produkte du benutzt."

Lâvin konnte sich ein kleines Lächeln nicht unterdrücken und schüttelte den Kopf. " Du bist echt ein komischer Typ."
" Komisch, sexy, attraktiv, charmant und-" Er hielt inne.
"und ist hungrig wie ein BÄÄÄR", brüllte er und lief in die Küche.
"Ich mach uns was zu essen", sagte er noch kurz bevor er in die Küche ging.

"Ich hab die nächsten zwei Wochen Urlaub. Ich kann dir Liverpool zeigen wenn du möchtest. Übrigens ist Silvester hier ein Traum", schmatzte Ali und aß genüsslich sein Essen weiter, während Lâvin kein einziges Stück runter bekam.
"Ich würd gern Zuhause bleiben."
Ali seufzte.
"Abgesehen von den Krankenhaus
besuchen, bist du seit Wochen Zuhause. Was ist dein verdammtes Problem?"
Lavin hatte es allmählich satt

"Du bist mein VERDAMMTES PROBLEM!", schrie sie und warf ihren Glas um. Es bebte in ihr. Sie konnte ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle halten.
"Hast du einen Knall?"
"JA! Hab ich? Hast du ein Problem damit?"
"Um ehrlich zu sein, JA!", brüllte er zurück und warf auch seinen Glas um.  "Kann ich auch! Seit Wochen versuche ich an dich ran zu kommen. In einem Moment denke ich, 'okay, ich hab es geschafft', doch dann? Dann bist du wieder so eiskalt und unerreichbar. Ich hab dir das Leben gerettet, ich hab auch dafür gesorgt, dass du wieder sehen kannst und das ist dein dank dafür?", spuckte Ali seine angesammelte Wut aus und warf seinen Besteck ein Stück weiter vor.
"Du weißt doch gar nicht wie es ist so zu Leben. Du hast keinen blassen Schimmer wie es ist, allein zu sein. Allein in dieser großen Welt. Alle sind gegen dich. Du hast nicht mal eine Person, der du vertrauen kannst."
Tief Atmete Lâvin ein und legte ihren Kopf nach hinten, um ihre kommenden Tränen nicht freien lauf zu lassen.
"Ich wurde in Stich gelassen, von meiner eigenen Familie, von meiner großen Liebe! Es ist so verdammt schwer das alles zu verarbeiten. Du wachst auf einmal orientierungslos auf und im nächsten Moment fällt dir ein, wie scheiße dein Leben doch ist. Fast zu Tode geprügelt von deinem eigenen Bruder, vergessen von deiner Familie. Und jetzt? Jetzt bin ich mit einem fremden Mann, den ich grad mal nur einen Monat kenne, in England. Was willst du von mir Ali? Willst du das ich mich vor glück, in deine Arme werfe? Tut mir Leid, aber das geht nicht."

Lâvin war stolz, nicht eine Träne verloren zu haben.
Jeodch hatte sie das Gefühl, jederzeit in Tränen auszubrechen, weshlab sie ohne auf Ali zu achten, aus dem Wohnzimmer lief und sich in ihr Zimmer schloss.

In der Zwischenzeit saß Ali, immer noch im Wohnzimmer und blickte zu den Glasscheiben auf dem Boden.
Seufzend ging er sich über sein Gesicht und stand auf.

" Ich weiß wie es ist allein zu sein", flüsterte er und fing an die Glasscheiben aufzuheben.

Allein zu sein! Drei Worte, leicht zu sagen, und doch so schwer, so endlos schwer zu tragen.

Adelbert von Chamissio

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