Kapitel 26

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Am nächsten Tag wachte Bahar völlig verspannt auf und sah rüber zu Sefa. Er lag auf seinem Bauch, weshalb sie seinen stark muskulösen Rücken sah.
Sie setzte sich aufrecht, band sich einen Dutt und sah weiterhin verträumt rüber zu Sefa.
Sie erinnerte sich an den gestrigen Tag.

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Sprachlos und erstaunt stand Bahar in Handschellen vor einem wunderschönen Anblick. Ein Kreis gebildet von engsten Freunden.

Sefa kam mit einem großen
Rosenstrauß auf sie zu. Es waren ihre Lieblingsrosen, rote und weiße. Kurz musste sie nachdenken, woher Sefa wusste, dass Rosen ihre Lieblingsblumen waren. Nicht eine Sekunde später sah sie Hacer hinter Sefa und konnte sich schon denken, wer es ihm verraten hat. Sie musste kurz grinsen und fixierte ihre Blicke auf Sefa, als er vor ihr stand. Bahar kämpfte gegen ihre Tränen an, jedoch konnte sie diese nicht aufhalten. Sie hatte vor sie wegzuwischen, da merkte sie die Handschellen an ihren Handgelenken und lachte beschämt. Sefa grinste, sah rüber zu seinem Kollegen und kurz darauf spürte Bahar, wie sie von den Handschellen befreit wurde. "Dein Kollege ist nicht gerade sanft mit mir umgegangen", sagte sie und mussterete Sefa gespielt böse, worauf er kurz auflachen musste. "Naja, sonst würde es nicht glaubhaft rüberkommen", flüsterte er, überreichte Bahar die Rosen und küsste anschließend ihre Stirn. "Dogum günün kutlu olsun. Zwar nachträglich aber naja." (Alles gute zum Geburtstag)

Alles drehte sich um Bahar. Wie aus dem Nichts, erschien ihr die Szene vorletzter Nacht vor die Augen.
Wie Bahar ihm sagte, dass sie ihn nur aus reinstem Egoismus geheiratet hätte und das, alles nur um Kadir zu vergessen. 'Wie hat Sefa sich dabei gefühlt?' Kam ihr die Frage auf und fragte sich im nächsten Moment, warum Sefa das alles macht. Sie wusste ganz genau, dass auch Sefa keine Gefühle für Bahar pflegt. Warum tut er das? Warum macht er alles nur noch schwieriger?
Durch Sefa's plötzliche Berührung, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. "Was ist los?", fragte er und musterte ihr Gesicht mit gerunzelter Stirn.
Der Kloß in ihrem Hals verhinderte es ihr zu sprechen. Im gleichen Moment fingen Schweißtropfen an sich auf ihrer Schläfe zu bilden und zu ihrem Glück, krachte es auf einmal von allen Seiten. Es fielen Rosenblätter auf beide herab und großes Staunen bildetet sich in ihren Gesichtern. Ein Kreis wurde von der angesammelten Menschenmenge gebildet und die Möglichkeit, Sefa zu antworten, hatte sie zu ihrem Glück auch jetzt nicht, da im nächsten Moment laute Musik ertönte. Erva kam lächelnd auf Bahar zu und nahm ihr die Rosen ab. Sefa schlug seine Hände um ihre Talie und beide fingen an zu Tanzen.

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Sie zog sich ihren Morgenmantel über und schliff sich ins Badezimmer. Mit gerunzelter Stirn, setzte sie sich auf den Toilettendeckel und ging sich über ihr Gesicht. Ihre Augen füllten sich schon wieder. Sie konnte mit den Schuldgefühlen nicht umgehen. Ihr fiel es am Anfang eigentlich einfach, jedoch macht es Sefa ihr nicht leicht. Ihre Gedanken, um ihre Ehe, ließen ihr das schlafen nicht zu.
Sie wusste nicht einmal, warum Sefa Bahar zu Frau genommen hat. Warum beide plötzlich in einem Bett schlafen, obwohl sie keine Gefühle zueinander hegen.
Im nächsten Moment sprang sie auf, öffnetet den Toilettendeckel und fing an zu würgen. Sie hielt sich mit einer Hand die Haare zurück und mit der anderen stütze sie sich an der Wand ab. Sie bemühte sich nicht laut zu sein, um Sefa nicht aufzuwecken. Nachdem sie das Gefühl hatte, dass es aufhört, kam es wieder hoch. Sie übergab sich erneut.

"Okey, dieses mal ist es wirklich vorbei", flüstertet sie sich selbst zu und putze die Toilette. Langsam richtete sie sich auf und spürte, wie verkrampft ihr Magen war, weshalb es ihr schwer fiel aufrecht zu stehen. Sie stellte sich vor den Waschbecken, sah sich im Spiegel an. Ihre Blicke wanderten auf ihre Kette, die ihr Sefa gestern schenkte.

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"Dake für den schönen Tag Leute, es hat mich wirklich sehr gefreut", sprach Bahar nach dem Essen in die Runde, verabschiedete sich von allen und lief mit Sefa gemeinsam aus dem Restaurant.
"Und hat dir der Tag gefallen?", fragte Sefa im Auto.
Bahar lächelte. "Ja sehr, nur ich bin etwas müde, bin ungefähr seit 48 Stunden wach. "
Sefa lachte auf. "Zuhause werde ich dich wohl noch etwas aufhalten müssen."
Bahar richtete ihre Blicke auf Sefa. "Noch eine Überraschung?"
"Ja."

Zuhause angekommen, zogen beide ihre Hausschuhe an und liefen gemeinsam ins Wohnzimmer.
"Warte hier", entgegnete er Bahar, lief aus dem Wohnzimmer und kam nach einer Minute zurück. Beide standen mitten im Wohnzimmer. Bahar sah verlegen in seine Augen und entdeckte in Sefas Händen eine kleine Kiste, weshalb sie etwas aufgeregt war. Seit drei Jahren hatte sie vergessen, wie es sich anfühlt, in so einer Situation zu sein. Ein leichtes Lächeln bildete sich in ihrem Gesicht, als Sefa die Kiste öffnete. "Ich durfte sie mit Hilfe von Profis und mit meiner Zigeuner Kollegin Hacer, selbst entwerfen. Eine Schneeflocke als Kette ist im ersten Augenblick vielleicht ein 0815 Geschenk für dich, aber diese Schneeflocke vielleicht nicht. Als ich an dich dachte, kam mir sofort dein wunderschönes Gesicht vor Augen. Irgendwie musste ich direkt danach, an eine Schneeflocke denken. Wunderschön und eiskalt, wie du."

Ein Gefühl von schwäche überkam Bahar und dachte, sie würde den Boden unter ihren Füßen verlieren. Als sie ihre Blicke von der Kette nahm und in Sefa's Augen sah, stieg ihr Puls rapide und die Müdigkeit der letzten zwei tage, verflog nur mit einem einzigen Blick in seine Augen. Sein Grübchen unter seinem Bart kam zu Vorschein und Bahar hatte nun wirklich das Gefühl, ihr Herz würde explodieren, was rein medizinisch eigentlich nicht klappen kann, aber das tut jetzt nicht zu Sache.
"03.05.2014", flüsterte er und zeigte auf die Strass Steine an der Schneeflocke.
"Was meinst du damit?", fragte Bahar. Was hatten die Steine denn mit deren Hochzeitstag zu tun? Fragte sie sich selbst und sah verwirrt zu Sefa.
"Wie du bemerkt hast, ist die Schneeflocke nur an drei stellen mit Strass Steinen geschmückt. Die erste, mit einer römischen drei, die zweite eine fünf und das dritte eine vierzehn."

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Nach der erfrischenden Dusche lief Bahar in die Küche, setzte den Kaffee auf, schloss sich ihre Augen und versuchte, die erneute Übelkeit zu unterdrücken. Sie entschied sich gegen den Kaffee und machte sich statt dessen einen Beruhigungstee.

Eingekuschelt in einer Decke saß Bahar im Wohnzimmer und blickte hoch auf die weiße Decke. Es war so anstrengend, ständig zu versuchen, gut drauf zu sein, sie hatte einfach nicht mehr die Energie dazu. Sie kann ihre Gefühle einfach nicht unterdrücken, Kadir und die Vergangenheit. Ist sie überhaupt bereit für die Zukunft?

Seufzend schlug sie die Decke zur Seite und blickte auf ihre Armbanduhr. Leise schlich sie sich ins Schlafzimmer, zog sich eine Jeans und ein bordeaux Strickpullover an, schnappte sich ihre Tasche und lief aus dem Zimmer in die Küche. So leise wie möglich, bereitete sie Sefa Frühstück vor, deckte den Tisch und schrieb ihm eine kleine Notiz.

"Bin in zwei Stunden wieder zurück.

Bahar.."

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"Er hat mir diese Kette geschenkt", flüsterte sie und führte dabei seine Hand auf ihre Halskette. "Er sagte dabei: 'Eiskalt und wunderschön, wie du' "

Langsam legte sie seine Hand zurück auf das Bett und strich ihm eine Haarsträhne, die ihm ins Gesicht gefallen war, zurück. Sie waren ihm wieder gewachsen.
Sie wischte sich die kommenden Tränen weg. "Ich hasse es zu weinen Kadir", sagte sie während große, salzige Tränen ihr über ihre Wangen liefen. Von heftigem Schluchzen geschüttelt, weinte sie um Kadir, weinte um sich selbst, so heftig, dass es wehtat, wenn sie Luft holen wollte.
Jedesmal erhoffte sie, nach jedem ihrer Besuche, in seine Augen zu sehen und seine Stimme zuhören. "Donalt." Das sagte er ihr immer, wenn Bahar mit ihm schimpfte. "Du hörst dich wie Donalt Duck an", sagte er jedesmal und brachte Bahar aus dem Konzept.

Bahar legte ihren Kopf auf seine Brust und lauschte wie sein Herz schlug. Sie biss sich auf die Lippen und führte ihre Hand auf ihren Bauch.

"Wie sehr hätte ich mir gewünscht, dass das Kind in meinem Bauch dein Kind wäre."

Es sind nicht die äußeren Umstände, die das Leben verändern, sondern die inneren Veränderungen, die sich im Leben äußern.

Wilma Thomalla

SefaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt