Kapitel 5

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Wütend schlug ich gegen die Tür.

"Sinan! Mach sofort diese verdammte Tür auf! Sonst trete ich sie ein!", brüllte ich, doch es kam keine Reaktion, was meine Wut weiter steigerte. Boxend gegen die Tür spürte ich ein Ziehen in meiner Hand, doch ignorierte es.

Nach einigen Minuten gab ich auf, drehte mich um, lehnte mich an die Tür, glitt herunter und starrte wütend auf den Boden.

Was denken sie sich überhaupt, mich hier mit ihr einzusperren und zu glauben, wir würden wieder zusammenkommen?

"Ich wurde ebenfalls hierher gelockt. Ich wusste von nichts Bescheid", vernahm ich ihre süße, angeschlagene Stimme.

Trotzdem hielt ich meine kalte Miene aufrecht und starrte sie vernichtend an, obwohl die Sehnsucht in mir loderte. Ihre Nähe, ihr Duft, ein Blick in ihre Augen und die Berührung ihrer Wangen – all das war vergangen und vergessen.

Sie zuckte kurz zusammen und wich einen Schritt zurück. Ich hörte, wie sie stolperte und zu Boden fiel. Mit Mühe unterdrückte ich den Impuls, ihr nicht unter die Arme zu greifen. Wieder einmal zeigte sich ihre Tollpatschigkeit – eine ihrer Eigenschaften, die ich einst so sehr an ihr liebte.

Einen kurzen Moment hob ich meinen Blick und sah, wie sie sich auf den Boden gegenüber von mir setzte und sich an die Heizung lehnte. Schnell senkte ich meine Augen, als sich unsere Blicke trafen.

Es herrschte eine bedrückende Stille, nur das Ticken der defekten Uhr war vernehmbar, während ihr Sekundenzeiger hin und her pendelte.
Langsam hob ich den Blick und sah Lavin, wie sie ihre Beine umarmte, den Kopf schräg darauf legte und zur Seite blickte. Hat sie mich je geliebt? Je an mich gedacht? Als sie den Kopf hob, trafen sich erneut unsere Augen, doch diesmal vermied ich es nicht, meine Blicke zu senken.

„Wieso", hauchte ich leise, und blickte sie mit verbitterten Augen an.

"Wieso hast du meinen Antrag nicht angenommen? Hast du mich jemals geliebt?"

Lavins große Augen füllten sich mit Tränen. Sie schüttelte unter Tränen den Kopf und schluchzte.

Diesen Anblick zu ertragen, brach mich innerlich. Mein Herz zog sich zusammen, und ein Klos bildete sich in meinem Hals, den ich jedoch sofort wieder hinunterschluckte.

Die Trauer in mir verwandelte sich spürbar in Wut. Ich stand auf.

"HAT ES DIR SPAß GEMACHT?!", brüllte ich, und ich spürte, wie eine Ader an meiner Schläfe hervortrat.

"MICH ZU VERARSCHEN? MICH ZU VERLETZEN?"

Sie zuckte nach jedem Wort zusammen und weinte noch stärker. Ich atmete schnell ein und aus, versuchte mich unter Kontrolle zu halten, und ging dabei hin und her. Eine Weile sagte sie nichts und weinte weiter.

"Ich habe dich immer geliebt", flüsterte sie mit gebrochener Stimme und sah mir tief in die Augen.

Ein eisiger Schauer durchzog meinen Körper. Ich schloss die Augen, kämpfte mit den aufsteigenden Emotionen und schüttelte langsam den Kopf.

"Warum? Warum willst du mich dann nicht heiraten?" Meine Worte zischten durch den Raum, während der Schmerz in meiner Brust pulsierte.

Lavin biss sich auf die Lippe, ihre Tränen erzählten eine Geschichte von ungesagten Leiden. Ein tiefer Atemzug, ihre Haare flogen nach hinten, und ein Schatten von Traurigkeit umhüllte uns.

"Es geht nicht", sagte sie mit einer neuen Entschlossenheit, stand auf und trat vor mich.

Ich schloss kurz die Augen, inhalierte ihren Duft, der durch ihre Bewegung freigesetzt wurde. Jeder Teil meines Wesens verlangte nach Lavin.

Als ich meine Augen öffnete, zog ich die Augenbrauen zusammen, legte den Kopf leicht schräg und starrte sie an.

„Warum, Lavin? Warum kannst du mir keine klare Antwort geben? Warum muss alles so kompliziert sein?", murmelte ich und versuchte meine aufkommende Verzweiflung zu unterdrücken.

Sie senkte den Blick und presste die Lippen zusammen, als ob sie kämpfen würde, ihre Gefühle zu unterdrücken. Der Raum füllte sich mit einer unangenehmen Spannung, während wir beide in dieser emotionalen Achterbahn gefangen waren.

"Es ist einfach nicht möglich. Unsere Unterschiede sind zu groß. Du Türke, ich Kurdin", sagte sie leise und versuchte, ihre Tränen zu unterdrücken. Ihre Worte klangen schwer, als ob sie eine Last trugen. Lavin war nie stark gewesen, immer ein sensibles Mädchen, das sich nach Liebe und Geborgenheit sehnte.

Ihre Worte schnitten tief in mein Herz, obwohl ich versuchte, es mir nicht anmerken zu lassen. Doch ich spürte, dass dies nicht der alleinige Grund war. In ihren Augen verbarg sich mehr Schmerz.

Mit einem Kopfschütteln entgegnete ich: "Das kann ich nicht glauben. Du warst diejenige, die betonte, dass es in der Liebe keine Rolle spielt. Es war dir doch egal, dass ich Türke bin. Was hat sich geändert? Deine Liebe zu mir?"

Lavin konnte ihre Gefühle nicht länger zurückhalten und brach in Tränen aus. Sie vergrub ihre Hände vor ihrem Gesicht und weinte. Unvermittelt spürte ich, wie eine Träne über meine Wange rollte. Ein Augenblick der Verletzlichkeit für Sefa, den starken Mann...

Ohne zu zögern nahm ich sie einfach in die Arme. Sie wehrte sich nicht und vergrub ihr Gesicht tiefer in meiner Brust. Mit geschlossenen Augen inhalierte ich tief ihren Duft – Erdbeere und ein Hauch von Vanille.

Schluchzend zog sie sich aus meiner Umarmung.

„Sefa, ich möchte nicht mehr. Lass mich gehen. Vergiss mich und such nie nach mir. Das ist das Beste für dich und für mich."

Sie wurde durch die Tür unterbrochen, die aufgeschlossen, aber nicht geöffnet wurde. Dennoch blieb sie stehen und blickte zu mir hoch. Ich wusste, was jetzt geschehen würde. Ich wollte es nicht, aber es wird passieren.

"Vergiss jedoch nicht eins. Ich liebe dich und werde es immer tun."

Ein Kloss bildete sich in meinem Hals, während ich den Kopf schüttelte.

„Ich liebe dich, Lavin. Ich zerreisse von innen. Jede Minute,jede Sekunden ohne dich fühl sich an wie mein Untergang. Ich kann dir nicht beschreiben, wie weh es tut, nicht mehr dein zu sein. Nimm meine Hand."
Ich reichte ihr meine Hand.
„Lass uns von hier verschwinden, nur wir beide."

Mit Tränen in den Augen schüttelte sie den Kopf, betrachtete meinen Verlobungsring und dann wieder mich.

"Es ist falsch", flüsterte sie und kam mir näher. Sie ging auf die Zehenspitzen und hinterließ mir einen Kuss auf meiner Wange. Lavin drehte mir den Rücken zu und öffnete langsam die Tür.

"Geh nicht", flüsterte ich und verlor meine zweite Träne.

Sie blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um. "Verlass mich nicht", hauchte ich, aber genau das tat sie. Sie ließ mich zurück.

Es schien, als ob sich in diesem Augenblick die Zeit verlangsamte, als Lavin innehielt und sich nicht umdrehte. Die Worte verklungen in der bedrückenden Stille des Moments, und mein schmerz durchzog den Raum, als die Tür langsam geschlossen wurde.

Manchmal muss man einem Menschen den man liebt loslassen, damit er glücklich sein kann auch wenn man selbst daran zerbricht.

Unbekannt

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