Ein kleines Problemchen

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„Kita-san~ Kita-san~"
Vor Aufregung konnte Atsumu kaum stillstehen. Hibbelig hopste der Fuchs vor dem Loch im Zaun auf und ab, wälzte sich im hohen Gras und grinste dabei dümmlich vor sich hin.
Endlich würde er Kita wiedersehen und allein die Vorfreude darauf ließ das Herz in seiner Brust heftig pochen.
Osamu dagegen hatte es vor allem auf die herrlichen Leckereien abgesehen, die es zu stibitzen galt. Hungrig schleckte er sich über das Mäulchen, konnte es dann aber doch nicht sein lassen, seinem Bruder eins auszuwischen.
„Alter, hast du Flöhe, oder warum springst du hier wie der letzte Depp rum?", stichelte er in Richtung Atsumu. Dieser warf ihm sogleich einen giftigen Welpenblick zu.
„Schnauze, Samu!" Beleidigt blies er die Backen auf. „Davon verstehst du nichts! Kita-san und mich verbindet etwas ganz Besonderes! Genau!"
„Häh? Habe ich irgendwas verpasst? Als ob Kita-san sich mit dir abgeben würde. Und in dieser Gestalt schon mal gar nicht." Osamu lächelte mitleidig. „Eure einzige Verbindung bestehst darin, dass du ihn regelmäßig stalkst. Und in sein Gemüsebeet pisst."
„Das war nur ein einziges Mal, Arschloch!"
Unter seinem rotbraunen Fell lief Atsumu feuerwehrrot an. Giftig funkelte er seinen Bruder an. Da hatte er sich einmal gehen lassen und nun wurde ihm das ständig vor die Nase gehalten.
Gemeinheit!
Osamu lachte sich ins Pfötchen. „Na klar, sicher doch~"
„Grrr! Denk doch, was du willst!" Eingeschnappt reckte Atsumu das Schnäuzchen, besann sich jedoch dann auf den eigentlichen Grund ihres Ausfluges. „Wie auch immer, lass uns endlich rein!"
Die Öhrchen gespitzt, mit wedelnden Schweif sprang Atsumu auf und flitzte zum Zaun hinüber. Das Loch in dem alten Holz war nicht allzu groß, aber für sie als geschmeidige Füchse reichte es allemal.

Nach dem Motto »Alter vor Schönheit« überließ es Osamu Atsumu als erstes durch das Loch zu schlüpfen. Ohne große Schwierigkeiten gelang es diesem auch flinke durch die schmale Öffnung zu kriechen. Eine seiner leichtesten Übungen.
„Geschafft!", jubelte Atsumu im Inneren des Gartens. Zufrieden schüttelte er sich einige Grashalme aus dem Fell. Während er auf seinen Bruder wartete, kratzte er sich genüsslich hinter den Ohren.
„Jetzt beeil dich, Samu! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!"
Von der anderen Seite des Zauns kam ein genervtes Stöhnen, gleich darauf zwängte sich auch schon der Kopf Osamus durch das Loch.
„Bin ja schon unterwegs", maulte der jüngere Fuchs leicht angepisst. Problemlos schob sich das Köpfchen Osamus in den Garten, die Vorderpfoten, ein Teil des Rumpfes.
Dann ging es nicht weiter.
Die runden Kulleraugen Osamus wurden eine Spur größer.
Er stutzte, versuchte sich weiter durch das Loch zu zwängen.
Er bewegte sich keinen Millimeter.

„Beweg deinen Arsch, Samu! Kita-san muss hier irgendwo sein!", hechelte in der Zwischenzeit Atsumu, indem er sich begierig, aber dennoch aufmerksam umsah.
„Tsumu?!"
„Was er heute wohl alles erlebt hat? Hey, wollen wir nachher noch im Hühnerstall vorbeischauen?!"
„Tsumuu!?"
„Oder vielleicht lieber doch nicht ... mein Kopf tut vom letzten Mal noch weh ..."
„Tsuuuumuuu!?"
„Was!?" Mit einem herzhaften Stöhnen wandte sich der blonde Fuchs endlich seinem Bruder zu. Atsumu staunte allerdings nicht schlecht. Er blinzelte perplex. „Was ... machst du da?"
„Tsumuuuu, ich ..." In Osamus Augen schwammen dicke Tränchen. „... ich glaube, ich stecke fest ..."

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Zwei Fuchswelpen, ein Zaun und andere KatastrophenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt