Atsumus großes Opfer

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Atsumu war sich absolut sicher, dass Kita-san nicht dagegen einzuwenden hätte, wenn er sich ein klitzekleines Häppchen aus dessen Vorratshöhle gönnte. Rettungsaktionen, auch wenn sie unweigerlich in die Hose gingen, machten eben überaus hungrig.
Ein armer, kleiner und darüber hinaus unheimlich niedlicher Fuchs wie Atsumu konnte von ein paar mickrigen Früchten eben nicht lange überleben.
Sein knurrendes Bäuchlein war da ganz seiner Meinung. Schon der Anblick der unzähligen Fressalien ließ das schwarze Loch in seinem Bauch ungeahnte Dimensionen annehmen.
Und dieser Geruch erst! Das Näschen pausenlos in die Höhe gereckt, schnupperte die quirligen Fellkugel entzückt, schleckte sich den Sabber vom Mäulchen und sah sich im Geiste bereits die Zähnchen in ein saftiges Stück Schinken schieben.
Kita-san würde bestimmt verstehen, in welcher dramatischen Notlage sich Atsumu befand.
Sein Lieblingsmensch wäre gewiss untröstlich, sollte er einem grausamen Hungertod sterben. Allein das um Kita-sans Seelenfrieden wegen, konnte er gar nicht anders, als zuzuschlagen.
Vielleicht tat er den Menschen auch einen Gefallen damit? Immerhin konnte das Zeug ganz fürchterlich schmecken.
Genau! Er, der tollkühne Atsumu, würde sich heldenhaft opfern, um Kita-san eine herbe Enttäuschung zu ersparen.

Kurzerhand beschloss das Füchslein, sich einmal quer durch die Vorräte zu kosten.
Den Anfang machte natürlich der äußerst verdächtig aussehende Schinken. Die Frage war nur, wie zur prächtigen Haselnuss sollte er am besten an das Teil herankommen?!
Unschlüssig, das Köpfchen leicht zur Seite geneigt, blinzelte das Füchslein zu dem beinahe deckenhohen Regal hinauf. Zu seinem Pech lagerte das begehrte Stück Fleisch fast ganz oben.
Wenn man Bokuto einmal gebrauchen könnte...
Grummelnd zog Atsumu das Näschen kraus. Treuloser Flattermann, grrrrr!
Der Ärger über den eulenhaften Bruchpiloten verlieh Atsumu prompt neue Energie.
Die Holzkonstruktion, in denen die Lebensmittel lagerten, schien zu seinem Glück recht stabil zu sein. Mit etwas Geschick und fuchsiger Geschmeidigkeit musste er es doch eigentlich spielend schaffen, ganz nach oben zu klettern. Dieses Mal gab es auch keine unsichtbare Barriere, die seinem Köpfchen gefährlich werden könnte.
Zumindest hoffte Atsumu das.
Aber Versuch macht klug. Oder bescherten pelzigen Waldbewohnern höllische Kopfschmerzen.
Auf Letzteres wollte das Tierchen gerne verzichten.
„Oioioioi, doch ganz schön hoch", nuschelte der Fuchs, nach einem weiteren intensiven Blick nach oben. Plötzlich drohte ihn sein Tatendrang glatt zu verlassen.
Mulmig tapste er ein paar Mal vor dem Regal herum, nahm Maß, überlegte es sich anders und drehte noch eine Runde durch den Keller. Je länger er zögerte, desto nagender wurde sein Hunger.

Schließlich siegte der Hunger über die eh nur spärlich vorhandene Vernunft.

„Bist du ein Fuchs oder eine Maus!?", ermutigte er sich einmal lautstark selbst.
Knurrend schwellte Atsumu dabei die flauschige Brust und fühlte sich sogleich besser.
Wer braucht schon Bokuto? Oder Flügel? Pah!
Selbstbewusst tänzelte das Füchschen abermals vor den Lebensmitteln herum. Die glänzenden Kulleraugen indessen heißhungrig auf das auserwählte Objekt der Begierde gerichtet. Zum Aufwärmen hüpfte die Fellkugel ein oder zwei Mal auf und ab, um daraufhin ausgiebig Maß zu nehmen.
Rhythmisch wackelte Atsumu dazu mit dem Hintern. Der buschige Schweif wedelte aufgeregt.
Muskeln und Sehnen spannten sich an. Die fluffigen Öhrchen legten sich eng an den Kopf.
Dann setzte Atsumu zum Sprung an, ein Ruck ging durch den Leib des blonden Fuchses und begleitet von einer gewaltigen Staubwolke hob er vom Boden ab.
Gekonnt landete Atsumu, der selbsternannte Schinken-Verkoster im oberen Drittel des Regals.
Nicht gerade elegant, aber er war seinem Ziel ein deftiges Stück näher.

Aber Moment, warum war der Boden auf einmal so weit weg?
Und warum fingen seinen Beinchen plötzlich zu bibbern an? Alle vier auf einen Streich!?

Krachend fiel ein Marmeladenglas auf den Boden, als das anscheinend nicht ganz schwindelfreie Füchschen beinahe das Gleichgewicht verlor. In letzter Sekunde verkrallte sich Atsumu an einen der hölzernen Zwischenböden, dabei hing sein Hinterteil gefährlich in der Schwebe. Fiepend strampelte der Pelzträger zusätzlich mit den Hinterfüßchen.
Doch gerade, da er sich einigermaßen fangen konnte, ertönte ein unangenehmes Knarren und das massive Holzregal begann zu kippen.

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Zwei Fuchswelpen, ein Zaun und andere KatastrophenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt