Fuchswelpenblick

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Ein herzhaftes Klatschen ertönte, als Atsumu mitten im Kompost landete.
Im Grunde hätte er es durchaus schlechter treffen können. Vom Regen der letzten Tage aufgeweicht, bot der Haufen die perfekte Landefläche und bremste problemlos Atsumus unfreiwilligen Sturz.
Er fiel weich.
Schmatzend wurde er von dem übel riechenden Matsch aus Essensresten, Gartenabfällen und anderem Unrat geradezu verschlungen. Die Fliegen und Käfer, die nichtsahnend darin herumtollten, stoben protestierend auseinander und bedachten den Neuankömmling mit bösartigen Lauten.
Atsumu bekam davon allerdings nicht viel mit. Allein der Gestank raubte dem blonden Füchschen den Atem, ihm schwanden beinahe die Sinne. Seine arme, sensible Nase starb dabei tausend Tode.
Orientierungslos tauchte Atsumu durch unbekannte Weiten, bis es ihm dann doch gelang irgendwie aufzutauchen.
Würgend, sich halb übergebend, schnappte er nach frischer Luft, bekam aber nur das stinkige Aroma fauler Äpfel in die Nase.
Ein fetter Wurm zwinkerte ihm belustigt aus einem abgenagten Gehäuse entgegen.
Atsumus letzte Mahlzeit bahnte sich einen Weg nach oben.

Bevor er jedoch die Gelegenheit dazu bekam, sich auszukotzen, erregte etwas ganz anderes seine Aufmerksamkeit.
Atsumu traute seinen Augen nicht. Vor Schreck versank er beinahe wieder in den Tiefen. In letzter Sekunde bekam er einen aus dem Kompost herausragenden Ast zu fassen.
Wie zur Salzsäule erstarrt, glotzte er.
Vor seinem Bruder hockte ein Mensch.
Ein Mensch, der ganz sicher nicht Kita-san war!
NICHT KITA-SAN!!!!
Samu, du fetter Idiot!, schoss es Atsumu panisch durch den Schädel. Lieg da nicht einfach so dämlich rum! Tu was!
Schon öffnete er das Maul, um seinem Bruder etwas zuzurufen, doch da verlor er das Gleichgewicht und ging erneut unter. Zappelnd kämpfte sich der blonde Fuchs durch die zähe Pampe, wollte seinem Bruder zur Hilfe kommen.
Immerhin war der Typ da drüben nicht Kita-san.
Kita-san würde ihnen nie etwas zu leide tun. Nein! Nein! Nein!
Daran glaubte Atsumu aus ganzen Herzen. Schließlich hatten sie eine besondere Verbindung zueinander. Auch, wenn sie sich noch nie persönlich gegenüberstanden ...

Während er sich aus dem Haufen kämpfte, tat Osamu absolut nichts.
Fassungslos musste Atsumu miterleben, wie sein Zwilling mit entrücktem Blick zu dem Menschen aufsah und absolut nichts tat, um diesen zu verscheuchen.
Statt zu knurren, oder zu beißen, starrte er den Kerl an, als handle es sich bei ihm um eine leckere Nascherei.
Als wolle er ihn jeden Moment verputzen.

Nicht einmal, als der braunhaarige Mann ein komisches Teil aus der Tasche zog, rührte sich Osamu.
Atsumu hatte keine Ahnung, wozu es gut war, aber er wusste, dass die Menschen es Smartphone nannten.
Der junge Mann legte den Kopf schief, schien kurz zu überlegen.
Dann klickte es einige Male hintereinander.
Einmal blitze es sogar.

Ein winziges Lächeln verzog die Lippen des Braunhaarigen. „Perfekt ..."
Das Smartphone noch in der Hand, streckte er die andere nach Osamu aus.
Vorsichtig, regelrecht sanft berührten die schlanken Finger das Köpfchen des Fuchses.
Und dann tat Osamu es. Er tat es!
Er setzte seinen berühmt-berüchtigten Fuchswelpenblick ein!
Das nächste, was Atsumu sah, war, wie sein Bruder in den Armen des Menschen lag.

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Zwei Fuchswelpen, ein Zaun und andere KatastrophenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt