Kapitel 23

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Siena machte sich zusammen mit Rubina und Greta auf den Weg in den Speisesaal. Die beiden Mädchen hatten bei ihr geschlafen. Zum Glück hatte sie ein großes Doppelbett, sodass alle ausreichend Platz hatten. Sie hatte gestern noch etwas länger mit Gerudin geplaudert und sie hatten sich noch öfters geküsst und Zärtlichkeiten ausgetauscht. Sie hatte sich in seinen Armen unglaublich wohlgefühlt. Ihn zu bitten, die Nacht bei ihr zu verbringen, hatte sie sich aber dann doch nicht getraut. Sie war einfach noch nicht soweit. Als sie zurück in ihr Zimmer gekommen war, lagen die beiden Mädchen friedlich schlafend in ihrem Bett.

„Siena, Siena, können die Menschen nicht noch einen Tag länger bleiben? Ich möchte heute noch mit Greta spielen", jammerte Rubina.

„Ja, bitte, bitte!", stimmte Greta mit ein.

Siena blieb stehen und ging vor den beiden in die Hocke. Sie fand, es sei ein gutes Zeichen zu sehen, wie harmonisch die beiden miteinander auskamen. Das wäre bis vor Kurzem nicht zu denken gewesen, dass ein Menschenkind mit einem Welpen spielt.

„Ich werde mit Gretas Eltern sprechen. Ich kann das nicht allein entscheiden", sagte sie. „Aber ich denke, wir müssen für die Reise noch einige Vorbereitungen treffen."

„Au ja!", jubelte Rubina. „Bereitet viel vor, dann kann Gerta noch ganz lange bei mir bleiben!"

Sie nahm Gretas Hand und lief mit ihr voraus in den Speisesaal. Siena blickte den beiden Mädchen hinterher, wie sie hüpfend und jubelnd den Gang hinunter bis zum Speisesaal gingen.

Als Siena den Saal betrat saßen alle am Tisch außer Gerudin. Er hatte wohl verschlafen, dachte Siena bei sich und musste schmunzeln. Sie grüßte alle und setzte sich neben Vera. Sie wirkte etwas bedrückt.

Siena nahm sich Kaffee und ein Hörnchen. Bedächtig schmierte sie Butter drauf und biss genüsslich hinein. Dann schaute sie zu Vera, die sie bewundert musterte.

„Wie gefällt es dir bei uns?"

„Gut, es herrscht eine ganz andere Stimmung."

„Das ist mir umgekehrt genauso aufgefallen."

„Wie lange bist du schon Alpha?"

„Seit ein paar Tagen erst."

„Hast du das alles in dieser kurzen Zeit umgekrempelt?"

„Die Leute waren bereits unter meinem Vater glücklich und zufrieden. Von ihm habe ich viel gelernt. Ich habe lediglich eingeführt, dass man mich nicht so wichtig nehmen soll."

„Ich habe da andere Geschichten gehört."

„Andere Geschichten?", wollte Siena wissen. Sie schaute Vera mit einer erhobenen Augenbraue an.

„Du bist ein gute Alpha, das sagen alle", meinte Vera und lächelte. „Danke auch, dass Gerudin und ich bei Euch aufgenommen werden."

„Diesbezüglich wollte ich noch mit dir sprechen."

Während Siena genüsslich ein zweites Mal in ihr Hörnchen biss, schaute sie Vera überrascht an. Ihr Gesicht war ein einziges Fragezeichen.

„Nichts Schlimmes!", beruhigte Siena sie sofort. „Ich wollte nur mit dir darüber reden, was für Ziele du hast. Ich meine beruflich und so."

„Ziele? Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Ich bin froh hier zu sein. Weiter habe ich noch nicht gedacht."

„Ich verstehe, du musst erst ankommen. Aber trotzdem, was für Träume und Hoffnungen hattest du denn in Gorland?"

„Träume und Hoffnungen? Wo denkst du hin? In Gorland wird einem die Arbeit zugeteilt. Da kann man nicht aussuchen."

„Aber Wünsche äußern?"

„Keine Chance!"

„Na gut, aber du wirst doch Vorlieben haben."

„Ich möchte gerne etwas mit Menschen machen. Mich um andere kümmern."

„Da hätte ich etwas für dich."

„Echt? Was denn?"

„Du weißt, dass Gerudin mein Mate ist."

„Ja, das hat er mir erzählt. Er ist ganz stolz, so eine tolle Mate zu haben."

„Das freut mich", grinst Siena und Vera wurde leicht rot. „Das bedeutet, dass er meine Luna wird."

„Klingt komisch, ist aber logisch", sagt Vera nachdenklich. „Hast du mit ihm schon darüber gesprochen?"

„Ja, gestern Abend. Deshalb hat er wohl auch verschlafen."

„Und, was sagt er dazu?"

„Er würde sich freuen", antwortet Siena. „Allerdings gehören Aufgaben dazu, die für einen Mann etwas ungewohnt sind. Ich denke da an die Betreuung der Alten und der Kinder."

„Da kann ich mir meinen Bruder nicht wirklich gut vorstellen."

„Und da kommst du ins Spiel."

„Ich?"

„Du sollst die Assistentin der Luna werden, sozusagen."

„Ich?"

„Du wiederholst dich", schmunzelte Siena.

„Echt jetzt? Oder nimmst du mich auf den Arm?"

„Bei so ernsten Dingen nehme ich niemanden auf den Arm."

„Du bist echt ein Schatz!", jubilierte Vera. Sie fiel Siena um den Hals und drückt sie fest an sich.

„Danke, danke, danke!"

„Das bedeutet aber nicht, dass du nicht auch weiterhin zur Schule gehen musst", grinst Siena.

„Natürlich, ich werde fleißig sein. Das ist der Wahnsinn!"

Vera war immer noch ganz aus dem Häuschen. In dem Moment kam Gerudin zur Tür herein und schaut seine Schwester etwas verwundert an.

„Guten Morgen. Was hast du denn?"

„Ich werde die Assistentin der Luna", frohlockt sie. „Kannst du dir das vorstellen?"

„Ich sehe, Siena hat bereits mit dir gesprochen."

„Ich hatte solche Sorgen, ob ich hier gut aufgenommen würde und was ich hier machen muss. Auch wenn bei uns die Zukunft auch ungewiss war, hatte ich zumindest eine Vorstellung davon, was mich erwarten könnte. Deshalb habe ich mir mehr als einmal überlegt, ob es nicht doch besser wäre, dort zu bleiben", spricht Vera wie ein Wasserfall. „Aber nun würde ich nie wieder tauschen wollen."

Kampf um ArlagonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt