Kapitel 33

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„Wersilia hat noch nie ein so ausgelassenes Fest erlebt", meinte Gerundium staunend. „Alle waren entspannt und gut gelaunt."

„War also gar nicht falsch, ein Fest zu feiern", neckte ihn Siena.

„Wir können froh sein, dass Bernin dich zum Kampf herausgefordert hat. So hart dies auch klingen mag, aber für das Rudel war es ein Segen."

„Ich hätte den Kampf gerne vermieden. Aber er hat mich herausgefordert und es ist eben gekommen, wie es gekommen ist."

„Er hat dich unterschätzt."

„Wie so viele."

„Dein Wolf ist echt unglaublich. Er ist groß und kräftig. Aber du bist auch sehr geübt."

„Ich habe mein Leben lang hart trainiert."

Siena stand im Innenhof der Burg und wartete auf Gerudin. Sie wollten aufbrechen. Schließlich hatten sie eine Mission. Ihr Gefährte war heute etwas langsam. Offenbar hat er gestern ein wenig zu viel getrunken.

Siena nahm nun auch Violetta in den Arm. Die Ankündigung, dass sie die Aufgaben der Luna übernehmen würde, hatte auf dem Fest helle Freude ausgelöst. Zu lange hatte das Rudel schon ohne diese wichtige Figur auskommen müssen und Violetta war zudem, aufgrund ihrer herzlichen und ausgesprochen hilfsbereiten Art, sehr beliebt.

„Danke für alles", sagte Siena.

„Ich muss danken", entgegnete Violetta.

„Weil ich dir eine Arbeit und viel Verantwortung aufgebürdet habe?", kicherte sie.

„Es ist mir eine Ehre."

„Wenn du Hilfe brauchst, melde dich."

„Ich habe mir gestern schon sehr viel von dir abgeschaut."

„Von mir?"

„Ja von dir!"

„Und was?"

„Vor allem deine Art, wie du auf Menschen zugehst, mit ihnen sprichst. Ich finde dich unglaublich."

„Ich?", erkundigte sich Siena überrascht. „Was ist bitte an mir so unglaublich?"

„Die Menschen lieben dich. Du sprichst mit jedem, du hörst zu und du machst dir ihre Sorgen und Probleme zu eigen und versuchst sie zu lösen", erklärte Violetta. „Ich kannte bisher nur zwei Alphas, aber die haben sich bei einem Fest an die Ehrentafel gesetzt, sich den Wanst vollgeschlagen und sich für nichts und niemanden interessiert. Du dagegen bist nicht eine Sekunde an der Tafel gesessen, hast ganz normale Leute gefragt, wie es ihnen geht. Das kennen wir so nicht."

„Aber es ist doch wichtig, die Probleme des Rudels zu kennen" verteidigte sich Siena.

„Das ist mir bewusst geworden, als ich dich beobachtet habe. Du kümmerst dich um dein Rudel und das will ich in Zukunft auch. Erinnerst du dich an die Frau mit den vier Kindern? Sirinia?"

„Ja, das Dach drohte ihr über dem Kopf zusammenzubrechen."

„Genau die. Dieses Dach droht schon seit Jahren zusammenzubrechen und trotzdem hat sich noch nie jemand darum gekümmert. Doch du hast sie in den Arm genommen, hast dich persönlich darum gekümmert, dass die Kinder etwas zu Essen bekommen und hast dann die Zimmerleute gesucht, die das Haus reparieren. Sie sind gerade dabei."

„Was ist daran so außergewöhnlich?"

„Du! Du bist außergewöhnlich. Oder glaubst du, irgendeiner der anderen Alphas hätte einen riesigen Teller voller Fleisch geholt, hätte die Kinder bei der Hand genommen und sie an einen Tisch gesetzt, damit sie essen? Sirina hatte viel Pech im Leben. Ihr Mann ist ein Verbrecher und sitzt im Gefängnis. Deshalb wurde sie wie eine Aussätzige behandelt."

„Sie und die Kinder? Die können doch nichts dafür."

„Das möchte man meinen. Aber bisher hat sich niemand um die Ärmsten gekümmert. Du hast gestern die Mächtigen allein am Ehrentisch sitzen lassen und hast dich um Rudelmitglieder wie Sirina gekümmert."

„Deshalb die Frage des Hufschmiedes, warum ich mich um jeden kümmern muss?"

„Genau. Er hat es als Affront gesehen, dass du Sirina ihm vorgezogen hast. Aber deine Antwort hat gepasst, wie die Faust aufs Auge."

„Deshalb haben mich danach alle mit offenem Mund angeschaut", kichert Siena.

„Du hast Mut. Du wist vieles verändert. Zum Besseren. Davon bin ich überzeugt!"

„Siehst du! Genau deshalb brauche ich Frauen wie dich. Schau bitte auf die Sirinas des Rudels und zeige denen, die sich für wichtig und etwas Besseres halten, dass sie nicht mehr zählen als andere. Sie haben nur eine wichtige Aufgabe, sind aber deshalb noch lange nicht besser oder schlechter als alle anderen."

„Ach, da kommt er endlich", sagte Gerundium und zeigte auf Gerudin, der über den Hof kam.

„Dann auf Wiedersehen!", sagte Siena.

Sie verwandelte sich und alle bestaunten den riesigen, weißen Wolf. Als auch Gerudin und dich Wachen sich verwandelt hatten, lief sie los. Sie musste noch Oristin auf ihre Seite ziehen.

Kampf um ArlagonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt