Kapitel 29

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„Wir möchten zu Alpha Bernin", sagte Siena.

Sie hatten die Burg von Wersilia erreicht. Noch im Wald hatte sie sich zurückverwandelt und den letzten Teil in menschlicher Form zurückgelegt. Die Wachen am Tor blickten die junge Frau und ihre Begleiter skeptisch an.

„Wer seid ihr?"

„Ich bin Siena, Alpha von Arlagon."

„Ihr wollt eine Alpha sein?", antwortete die Wache ungläubig.

„Und ob!", knurrte Siena in ihrer Alpha-Stimme.

Sie setzte diese nur ungern ein. Doch sie hatte auch keine Zeit zu verlieren. Die Wachleute zuckten zusammen und gingen auf die Knie. Selbst ihre eigenen Wachen mussten die Köpfe zum Zeichen der Ehrerbietung neigen.

„Natürlich", beeilte sich der Wachmann zu sagen.

Wenig später war das Tor geöffnet und die kleine Gruppe betrat den Schlosshof. Nur kurze Zeit später kam ein Mann um die 40 aus der Burg und ging auf Siena zu. Er musterte sie von oben bis unten. Sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er sie ein wenig von oben herab ansah. Das konnte aber auch daran liegen, dass sie erst kurz Alpha war

„Du bist also die Alpha von Arlago? Ich habe schon viel von dir gehört."

„Ich hoffe nur Gutes, Bernin."

„Was führt Euch zu uns?", wich er ihrer Frage aus.

Siena registrierte dies mit Sorge. Sie fühlte sich nicht wirklich willkommen und stellte sich bereist darauf ein, dass Bernin ein harter Verhandlungspartner werden würde. Sie nahm sich vor, sich ins Zeug zu legen, um diesen Mann auf ihre Seite zu ziehen.

„Es droht Gefahr. Wir sollten das nicht hier im Hof besprechen."

„Soso, es droht Gefahr", kam die Antwort. Sein Ton gefiel ihr keineswegs. „Wer sagt das?"

„Wollen wir hinein gehen?", drängte sie.

„Na dann, kommt!"

Bernin schaute sich suchend um und ging dann auf einen Mann zu, dem er etwas ins Ohr flüsterte. Danach drehte er sich wieder Siena zu und gab ihr mit einer übertrieben einladenden Handbewegung zu verstehen, dass sie ihm folgen sollte. Das tat sie. Gerudin und die Wachen folgten ihr.

„Der ist nicht besonders freundlich", flüsterte ihr Gerudin zu.

„Das wird nicht einfach werden, Bernin zu überzeugen. Ich zähle auf deine Hilfe."

„Du kannst dich auf mich verlassen", versicherte er.

Sie erreichten einen großen Saal. Bernin machte erneut eine einladende Handbewegung. Diesmal zeigte er auf eine lange Tafel.

„Setzt Euch."

Während sich Siena und Gerudin nebeneinander am Tisch niederließen, bleiben die Wachen in gebührendem Abstand stehen. Bernin setzte sich ihnen gegenüber hin. Zu ihm gesellten sich einige Männer, die Siena nicht kannte. Bernin stellte sie aber auch nicht vor.

„Dann sprich!"

Siena erzählte in Kurzform vom Angriff, ihrem Besuch in Gorland und von ihrer Begegnung mit den Menschen. Bernin machte die ganze Zeit einen gelangweilten Eindruck. Anders dagegen der Mann direkt neben ihm sowie ein weiterer.

„Serbin wollte sich also Arlagon unter den Nagel reißen", stellte er fest.

„So wie es aussieht, ja."

„Nur dumm für ihn, dass du ihm entkommen bist."

„Wenn du es so sehen willst, dann hast du natürlich Recht."

„So dumm wie er, bin ich aber sicher nicht."

„Das will ich hoffen."

Bernin lachte auf und Siena gefiel dies gar nicht. Er hatte etwas Verschlagenes angenommen. Das Gespräch lief ganz und gar nicht, wie sie es sich vorgestellt hatte.

„Ich fordere dich zum Kampf der Alphas heraus. Der Sieger übernimmt das Rudel des anderen."

Er sagte dies dermaßen emotionslos, dass Siena im ersten Moment gar nicht überriss, was er damit meinte. Als ihr jedoch bewusstwurde, was genau er gesagt hatte, da schaute sie ihn überrascht an.

„Du forderst mich zum Kampf heraus?", erkundigte sie sich ungläubig. „In dieser Situation?"

„Das habe ich", grinste er breit.

„Ich erzähle dir, dass uns Serbin angreifen will, sich zum Herrscher der Welt aufschwingen will und du hast nichts Besseres zu tun, als mich zum Kampf herauszufordern?"

„Willst du kneifen?", wollte er verächtlich wissen.

„Ich kneife ganz bestimmt nicht. Ich möchte nur verstehen, was du dir dabei denkst?"

„Wenn ich dein und mein Rudel vereine, dann hat Serbin keine Chance."

„Er verfügt über diese infizierten Werwölfe. Das sind Kampfmaschinen."

„Ihr habt sie doch besiegt. So gefährlich können sie dann auch nicht sein?"

„Du solltest Serbin nicht unterschätzen."

„Serbin werde ich ganz bestimmt nicht unterschätzen. Aber im Moment habe ich die Möglichkeit, dich zu besiegen. Wie kann nur ein so schwaches Mädchen glauben, in der Welt der Männer bestehen zu können."

Siena schaute ihn verblüfft an. Dann ließ sie den Blick über die anderen Männer, die ihr gegenübersaßen, schweifen. Der direkt neben Bernin sitzende Mann und der daneben, schauten überrascht drein. Ihnen war anzusehen, dass sie das Handeln ihres Alpha nicht guthießen. Die anderen dagegen lachten überheblich. Sie waren wohl derselben Meinung, wie Bernin.

„Ich denke, ich kann in dieser Welt ganz gut bestehen", kontert Siena gelassen. „Du willst den Kampf, du sollst ihn haben. Wann und wo?"

„Wir haben einen Trainingsplatz. Von mir aus können wir uns in einer Stunde dort treffen."

„Du willst es schnell hinter dich bringen?"

„So etwas wie dich, verspeise ich zum Frühstück."

„Täusch dich bloß nicht", grinste Siena. „Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen."

Kampf um ArlagonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt