Kapitel 42

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Mittlerweile sind ein paar Tage vergangen und ich habe gut über das Verhütungsthema nachgedacht – vielleicht lasse ich mir ja doch die Spirale setzen. Aber ohne Narkose lasse ich mir das sicher nicht machen. Für die Narkose wird mir jedoch wiederum ein Zugang gelegt und das mag ich auch nicht. Das ganze Thema regt mich irgendwie so auf, aber was ist, wenn das Kondom mal platzt oder sowas? Dann muss ich die Pille danach nehmen, obwohl ich das wegen der Hormone definitiv nicht will. Und was wenn ich's doch ohne Narkose machen lasse? Michi wird bestimmt ganz vorsichtig sein, dann wird das ja nicht so weh tun, oder? Wenn er heute nach Hause kommt, muss ich mit ihm darüber reden, bevor es zu spät ist.

„Das hast du wirklich gut gekocht", sagt er nach dem ersten Bissen des Auflaufs, den ich für ihn gemacht habe. „Freut mich, dass er dir schmeckt." Wir sitzen kurz still da und essen, während ich überlege, wie ich das Thema ansprechen soll. „Hey, alles in Ordnung bei dir?", unterbricht Michi jedoch mein Gegrübel. „Um ehrlich zu sein, wollte ich mit dir über etwas sprechen." „Du weißt, dass du über alles mit mir reden kannst." „Ja, ich weiß... es geht um die Verhütungssache." Er sieht mich abwartend an und lässt mir meine Zeit, um ihm zu erklären, welche Gedanken mir in den letzten paar Tagen im Kopf herumgeschwirrt sind. „Also, ich finde es ja echt mutig von dir, dass du es ohne Narkose probieren würdest, aber ich würde dir das um ehrlich zu sein nicht empfehlen. Du fandest die Spekulumuntersuchung schon etwas schmerzhaft – ich denke, dass das Legen der Spirale dir ziemlich weh tun würde, wenn wir es ohne Narkose versuchen würden." „Ich mag aber keinen Zugang!", sage ich etwas trotzig. „Ich weiß mein Schatz, aber ich glaube, da ist ein Zugang wirklich das geringere Übel." „Können wir's mal ohne probieren?" „Natürlich können wir's probieren, aber wenn du zu starke Schmerzen hast, muss ich dir einen Zugang legen, ok?" „Wir werden sehen."

Am nächsten Tag werde ich von meinem Klingelton aufgeweckt. Felix? Was will der denn? „Ja?" „Hey, hab' dich aufgeweckt?" „Um ehrlich zu sein, ja" „Ich kann später nochmal anrufen." „Nein, passt schon – alles gut. Was ist denn?" „Ich hab' grad schon mit Papa darüber geredet und bei der Gelegenheit hat er mir erzählt, dass du bei Michi bist, also dachte ich mir, ich ruf dich auch noch an und erzähle euch die Neuigkeiten. Ich ziehe wieder zurück nach Wien!" „Echt? Felix, das ist ja total cool! Ich freue mich wirklich!! Aber warum so plötzlich?" „Naja... ich wollte eine Veränderung" Obwohl ich ihn nicht mal sehen kann und ihn nur übers Telefon höre, sagt mir mein schwesterlicher Instinkt, dass da mehr dahintersteckt. „Das kannst du wem anderen erzählen. Hast du vielleicht jemanden kennengelernt?" „Naja, ich...ich..." „Awww, mein großer Bruder ist verliebt." Michi, der durch meine Stimme ebenfalls wach geworden ist, schaut mich belustigt an. „Wie wisst ihr sowas immer? Papa hat's auch erraten" „Tja, deiner Familie kannst du eben nichts verheimlichen. Wie lange kennt ihr euch denn schon?" „Wir haben uns zu Silvester kennengelernt, wie sie in Amerika war. Wie der Zufall es so will, kommt sie aber ebenfalls aus Wien und hat nur ein Jahr in Amerika gearbeitet. Sie hat mir echt den Kopf verdreht, Jackie. Ich habe eh schon länger mit dem Gedanken gespielt, wieder zurückzukommen und das ist jetzt ein richtig guter Anlass." „Na dann, freue ich mich schon, sie vielleicht mal kennenzulernen. Wann wirst du denn umziehen?" „Etwa in zwei Monaten. Ich muss hier noch einige Sachen erledigen, bevor ich wegkann." „Das freut mich echt. Schön, dass du bald wieder da bist." „Ja, ich bin auch echt glücklich. Du, Jackie, ich muss jetzt aber wieder los – wir hören uns." „Ja, bis dann, hab dich lieb." „Ich dich auch", sagt er und legt auf.

„Wie cool ist das denn?!", rufe ich und falle Michi um den Hals. „Was Liebe so alles anstellen kann, hm?" „Oh, ja", sage ich und gebe ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Als wir uns wieder voneinander trennen, sagt er: „Ich will den Moment echt nicht zerstören, aber ich habe gerade meine E-Mails gecheckt und der Befund vom Abstrich ist da – er ist zum Glück negativ." „Warum solltest du denn mit solchen Nachrichten die Stimmung zerstören?" „Ich habe auch Noah informiert und ihn gefragt, ob wir fürs Legen der Spirale wieder außerhalb der Öffnungszeiten vorbeikommen könnten. Ich hatte das Gefühl, dass du dich im Vergleich zu anderen Praxen sehr wohl dort gefühlt hast und außerdem wäre Noah auch dabei, falls wir in bräuchten. Er meinte, dass es übermorgen am Abend ginge. Ist dir das recht?" „Um ehrlich zu sein, will ich's einfach nur hinter mich bringen. Und... kann Noah vielleicht von Anfang an dabei sein? Das letzte Mal hat er mich echt gut beruhigen können." „Ja klar, Schatz. Wenn du das möchtest, ist er sicher gerne dabei. Ich schreib ihm das gleich ok?" Ich nicke und versinke wieder im Kissen. Warum tue ich mir das nur an? Ich hätte einfach eine ewige Jungfrau bleiben sollen.

Warum ausgerechnet Arzt? (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt