Kapitel 5

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Als ich zuhause ankomme, gehe ich schnell duschen und mache mich fertig für mein Treffen mit Michi, der wieder mal pünktlich um 6 da ist. Wir beschließen, heute zum Prater zu fahren, da ich dort erst 2 Mal in meinem Leben war, weil ich Angst vor Achterbahnen habe und daher nie dorthin wollte. Michi meinte, dass wir ja mit dem Riesenrad fahren könnten, was eine gute Idee ist, da ich vor dem keine Angst haben sollte. Nachdem wir uns schnell was zu essen geholt haben, parken wir uns in der Nähe vom Prater ein und schlendern zu dem Freizeitpark von dem uns schon eine Unzahl an Lichtern entgegenscheint. „Und? Schon aufgeregt?" „Wenn du mich nicht zwingst, mit irgendwelchen komischen Achterbahnen zu fahren, dann eigentlich nicht." „Keine Sorge, wir fahren nur mit dem Riesenrad und können ja nachher noch in Spiegelkabinetts oder sowas gehen, wenn du möchtest" „Hört sich gut an". Er sieht heute wieder so attraktiv aus mit seinem Outfit und den Haaren, die ihm leicht ins Gesicht fallen. Schmetterlinge fliegen in meinem Bauch herum wie wild. Was macht dieser Mann nur mit mir? Während wir langsam zum Prater gehen, pocht mein Herz immer stärker und ich berühre ab und zu „zufällig" seine Hand um zu sehen, ob er vielleicht meine nimmt, weil ich Angst habe, den ersten Schritt zu machen, doch irgendwie klappt das nicht so wie gedacht, denn als wir dort ankommen, liegt meine Hand immer noch nicht in seiner. Als wir so durch den Prater schlendern, bekomme ich doch irgendwie Lust, mit einer der Achterbahnen zu fahren, halt nicht mit einer ganz argen. „Du Michi, ich würd' vielleicht doch gerne mit einer Achterbahn fahren" „Echt? Hast du jetzt doch Lust bekommen? Wie wär's mit dieser hier, die schaut nicht ganz so schlimm aus", sagt er und zeigt auf ein Gerät mit einem Sombrero. „Ja, die sieht ganz gut aus", sage ich mit leicht zittriger Stimme. Jetzt kann ich keinen Rückzieher mehr machen, weil er sich sicher schon darauf freut. Warum tue ich mir das eigentlich an und was habe ich mir dabei überhaupt gedacht? „Ok, na dann mal los", sagt er und geht zu dem Schalter. Er bezahlt, wie schon die letzten paar Male, für uns, obwohl ich ihm immer sage, dass ich jetzt auch mal zahlen will, doch das lässt er nicht zu. „Ok, setz dich da rein, keine Angst, ich bin gleich hier neben dir.", sagt er und steigt selber in die „Kabine". Langsam bekomm' ich richtig Angst und beginne sogar zu zittern. „Hey, alles ok? Wir können immer noch raus, das wäre völlig in Ordnung für mich.", sagt Michi und schaut mir tief in die Augen. „Nein, ich möchte das jetzt schaffen", sage ich entschlossen. Er verdreht die Augen und sagt: „Du bist so stur. Aber auch mutig", fügt er mit einem Lächeln hinzu. Die Fahrt geht los und ich nehme, ohne darüber nachzudenken, seine Hand und drücke sie fest. „Hey, ich bin bei dir. Alles ok", sagt er und lächelt mir beruhigend zu. Es wird immer schlimmer. Als ich denke, dass es gleich vorbei ist, wird's nochmal schneller, aber langsam beginne ich, etwas Spaß daran zu haben, aber da ist es auch schon wieder aus. Michi gibt mir die Hand, um mir rauszuhelfen, doch als ich draußen bin, lässt er sie nicht los, sondern hält sie weiter. Er hält meine Hand! Es fühlt sich so gut an, ich hoffe er lässt sie nie wieder los.

Doch leider hält dieser Augenblick nicht lange, denn als mich was an der Nase juckt und ich daran kratzen möchte, merke ich, dass ich blute. „Oh mein Gott, ich blute!" „Was? Wo denn?", sagt Michi und mustert mich genau. Er setzt diesen Arztblick auf, den ich nur zu gut von meinem Vater kenne und den ich gar nicht mag. „Ganz ruhig, lass mich mal schauen", sagt er und will mir ins Gesicht fassen, da schiebe ich seine Hand weg. „So wie das letzte Mal solltest du heute besser nicht flüchten, da du ziemlich lange nach Hause brauchen würdest. Darf ich dich bitte kurz untersuchen? Keine Sorge, ich tu dir nicht weh" „Nein, bitte lass es." „Darf ich nur schauen? Ich fasse dich auch nicht an" Ich zögere, aber willige schließlich ein. Er wird mir nicht weh tun. „Danke, ok, das blutet schon ziemlich stark. Warte ich suche kurz ein Taschentuch" Er kramt etwas in seiner Jackentasche, bis er es findet und es mir mit den Worten: „Ok, lehn dich etwas nach vorne mit dem Kopf und halte das Tuch auf die Nase", gibt. Ich bin dankbar, dass er mich das machen lässt und hoffe einfach, dass das jetzt alles schnell vorbei ist. „Hattest du schon öfter Nasenbluten?" „Ab und zu, aber ich hab' ganz vergessen, dass ich es oft hatte, wenn ich früher mit etwas im Prater gefahren bin. Obwohl ich auch damals schon riesige Angst davor hatte, mit etwas zu fahren, was vielleicht eh gut ist, weil ich sonst jedes Mal Nasenbluten in Kauf nehmen müsste, wenn ich mit etwas fahre." „Ja, ich denke wir bleiben dann doch lieber beim Riesenrad.", sagt er und zwinkert mir zu. Mein Nasenbluten hat inzwischen auch schon deutlich nachgelassen. „Willst du jetzt überhaupt noch mit dem fahren?" „Ja klar, ich lass mich doch nicht von ein bisschen Nasenbluten abhalten" „Na dann, da vorne ist es. Ich kann es schon von hier aus sehen." „Ja stimmt, ich seh's auch"

Als wir dort ankommen, sehen wir, dass die Schlange nicht gerade klein ist, jedoch sind wir schneller beim Riesenrad, als ich dachte, da die Zeit mit Michi unfassbar schnell vergeht. Mein Nasenbluten hat zum Glück aufgehört, ich kann nämlich auf eine Untersuchung, die er bestimmt gemacht hätte, wenn das Nasenbluten länger angedauert hätte, sehr gut verzichten. Warum ist er Arzt? Es gibt so viele Männer auf der Welt und auf welchen stehe ich? Natürlich einen Arzt, eine meiner größten Ängste. Wenn er nicht diesen tollen Charakter hätte. Und dazu sieht er auch noch so gut aus. Wie könnte man da nur widerstehen? „Kommst du? Ich hab' schon bezahlt.", reißt er mich aus den Gedanken. „Ich hab' dir doch schon gesagt, dass nicht immer du zahlen sollst" „Was soll ich denn machen, wenn du in Gedanken versunken bist?", sagt er und versucht unschuldig zu schauen. Ich laufe leicht rot an und hoffe, dass er nicht ahnt, woran ich gedacht habe. „Na komm, das Riesenrad wartet auf uns.", sagt er und greift gleichzeitig nach meiner Hand. Da ist wieder dieses blitzartige Gefühl, dass immer auftaucht, wenn er mich berührt. „Aber das nächste Mal zahle ich" „Mal sehen", sagt er und lächelt mir spitzbübisch zu. Ich verdrehe meine Augen und folge ihm zum Wagon.

Warum ausgerechnet Arzt? (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt