Kapitel 7

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„Ich liebe Nudeln einfach", sage ich, als ich die Portion Pasta mit Tomatensauce beim Italiener Michis Wahl esse. „Ich auch. Man sollte dem Erfinder von Nudeln einen Nobelpreis geben." „Mindestens", sage ich lachend. Wir essen fertig und gehen danach noch zu einem netten Café in der Nähe, das unfassbar guten Kuchen verkauft, der in ganz Wien bekannt ist. Außerdem ist die Atmosphäre total schön. Michi und ich teilen uns im Café eine Couch und kuscheln uns zusammen. Ich bin so froh, dass es grad richtig kalt wird in Österreich, ich mag dieses Wetter generell und wenn man dann noch kuscheln kann, wird's noch gemütlicher.

„Ich würde den ganzen Tag hier mit dir sitzen können", sage ich und schaue ihn mit einem Blick an, von dem ich denke, dass er besonders süß ist. „Könnt' ich auch", sagt er und kommt mir näher und näher, bis wir uns wieder küssen. Doch dieses Mal ist etwas anders. Ich spüre was, was ich bisher noch nicht gespürt hab'. Seine Zunge will Einlass und ich gewähre ihn ihr. Die Funken in meinem Körper springen über, die Schmetterlinge fliegen herum, wie verrückt. Ich liebe dieses neue Gefühl – ich dachte, besser kann ein Kuss nicht werden, aber anscheinend hab' ich mich da getäuscht. Auch Michi scheint es zu gefallen, das merke ich an seiner Körpersprache.

Als er mich bei mir abliefert, küssen wir uns noch einmal. Der Tag ist einfach viel zu schnell vergangen. „Morgen wieder um 12?" „Morgen beginne ich leider wieder zu arbeiten, ich hatte grade ein paar freie Tage. Aber um 5 hab' ich aus. Würd's da bei dir gehen?" „Ja, passt. Ich freu mich" „Ich mich auch", sage ich und küsse ihn nochmal zum Abschied. Als ich zur Tür reinkomme, steht mein Vater am Fenster und lächelt mich schon vielsagend an. „Papa, was ist?" „Da läuft mehr, als ich dachte", sagt er amüsiert. „Hast du uns beobachtet?!" „Vielleicht" „Papa!" „Beruhig dich, ich hab' nicht viel gesehen. Ich würde ihn aber gerne kennenlernen." „Du hast ihn doch schon kennengelernt" „Naja, das war kein richtiges kennenlernen. Lad' ihn doch für Morgen zum Abendessen ein, ich könnte was Leckeres kochen." „Wir wollten morgen was machen – ich kann ihn fragen, ob's ihm recht ist, dass er zu uns kommt." „Ja, mach das. Ich würd' mich freuen." Irgendwie ist es ja schon süß, dass er Michi kennenlernen mag – ich hoffe, es passt für ihn, wenn wir das morgen machen.

„Hey, mein Vater würde dich gerne besser kennenlernen und ich wollte fragen, ob du vielleicht morgen zum Abendessen zu uns kommen willst. Wenn du da was anderes machen willst, ist das natürlich auch vollkommen in Ordnung : )." Seine Nachricht kommt schnell: „Ich würde nichts lieber machen. Ich freu mich :)" Awww, wie süß. Ich gehe runter ins Wohnzimmer und setzt mich zu meinem Vater auf die Couch. „Michi hat gesagt, dass er gern morgen zum Abendessen kommt. Was würdest du denn kochen?" „Ich könnte meine berühmte Gnocchi-Pfanne machen." „Klingt gut, danke Papa. Ich freu mich" „Ich mich auch, mein Schatz", sagt er und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich bin so aufgeregt wegen heute Abend. Ich helfe meinem Vater grade schon, die Gnocchi für heute Abend zuzubereiten. „Na, du scheinst ja echt aufgeregt zu sein", stellt mein Papa leicht lachend fest. „Ja schon, aber woher weißt du das?" „Ähh, du bist meine Tochter, ich kenn dich jetzt schone eine Weile und du fuchtelst mit allem, was du im Moment angreifst total hektisch herum", lacht er. „Ja, ich hoffe einfach, dass du ihn magst, weil ich ihn mag und wenn du ihn nicht mögen würdest, dann..." „Hey, alles gut. Das was ich bis jetzt von ihm mitbekommen hab, war echt nett. Ich bin mir sicher, wir werden uns gut verstehen. Mach' dir deswegen keine Sorgen. Wenn du glücklich bist, dann bin ich es auch", unterbricht er mich und umarmt mich ganz fest dabei. „Danke Papa", da kann man doch nur lächeln. Ich bin echt dankbar dafür, dass er so ist, wie er ist. Als das Essen fast fertig ist, läutet es schon an der Tür. Ich atme tief ein und aus und gehe zum Eingang. Als ich die Tür öffne, kann ich mal nur wieder staunen, wie gut Michi einfach aussieht. Er lächelt mich mit einem unfassbar süßen Grinsen an und hält Schoko und Blumen in der Hand. „Ich dachte, ich bring was für dich und für deinen Vater mit", sagt er und überreicht mir die Blumen. Nachdem er sich davon überzeugt hat, dass mein Vater uns noch nicht sieht, gibt er mir einen Kuss auf die Lippen. „Danke, das ist echt lieb von dir. Komm mit in die Küche, mein Papa kocht grad noch fertig" Er folgt mir und begutachtet gleichzeitig das Haus. „Wow, ihr habt es echt schön hier." „Danke, freut mich, dass es dir gefällt" „Hallo, hier riecht's ja schon sehr gut" „Das hoffe ich, wir haben uns ja auch Mühe gegeben", sagt mein Vater und gibt Michi die Hand. „Die ist für Sie", sagt er und überreicht ihm die Schoko. „Danke, das wäre doch echt nicht nötig gewesen und wir waren schon beim du" „Ach ja, genau" „Ihr könnt euch schon reinsetzten, ich komm gleich mit dem Essen nach" „Brauchst du sicher keine Hilfe?", fragt Michi. „Nein, danke. Geht schon, aber nett, dass du es anbietest." Ich sehe richtig, wie die Sympathie für Michi wächst.

„Wow, das schmeckt wirklich sehr sehr gut", sagt Michi, als er das erste Stück probiert hat. „Danke, freut mich, dass es dir schmeckt" „Wie war's heute in der Arbeit?", frage ich ihn, obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich die Antwort überhaupt hören will. „Ja, es ging, aber ich weiß nicht, ob ich dir davon erzählen sollte" „Und das nicht ohne Grund. Jedes Mal wenn ich ihr was von der Arbeit erzählt habe, war sie total angespannt", mischt sich mein Vater ein. „Dann lassen wir das lieber, würde ich sagen" „Arbeitest du im Spital? Hast du da fixe Zeiten?" Dass über die Arbeitszeiten zu reden ok ist, weiß mein Dad. Erst wenn es um Patientenstorys und Behandlungsmethoden geht, werde ich nervös. „Ich mach ja grad den Facharzt und es ist immer unterschiedlich bei mir, aber meistens beginne ich um 1 in der Nacht zu arbeiten und hab dann um 10 aus, aber das variiert echt immer. Du kennst das ja wahrscheinlich." „Ja, aber scheint so, als könnte man sich das bei dir gut einteilen" „Ja genau, mein Krankenhaus ist da echt spitze. Man kann auch mal spontan die Schicht ändern, weil es dort so viele Ärzte gibt, dass sich eigentlich so gut wie immer wer findet, der sie einem übernimmt." „Das klingt angenehm. Meine Klinik ist da leider nicht so flexibel. Aber jetzt sind die Kinder ja schon groß, jetzt ist das kein Problem mehr." „Ja stimmt, mit kleinen Kindern stell ich mir das schwierig vor" „Zum Glück wart ihr mir nie böse, wenn ich auch mal länger im Spital bleiben musste. Ihr habt immer gesagt: ,Papa, ist ok. Hilf den Menschen, dass sie wieder gesund werden'" „Aww, das ist ja extrem süß", sagt Michi und nimmt unterm Tisch meine Hand. Wow, plötzlich bekomme ich nix mehr vom Gespräch mit. Mein ganzer Körper konzentriert sich auf das Gefühl seiner Hand in meiner. Als ich das Gespräch wieder bewusst wahrnehme, haben sie schon das Thema gewechselt. Ich bin froh, dass sie sich so gut verstehen. Es wirkt echt so, als würden die beiden sich schon ewig kennen.

Warum ausgerechnet Arzt? (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt