𝕶ennet zog unsanft an den Zügeln und die Stute fügte sich. Er hatte in den Stimmen des Waldes etwas gehört, dass ihn aufhorchen hatte lassen und nur wenige Augenblicke später preschte ein Elch durch das Dickicht. Das Tier zog einen Lauf nach und sein Fell glänzte schwarz vom Blut. Sein Schweiß dampfte in der eisigen Luft und leuchtete im Schein der Nordlichter gespenstisch wie die Aura einer Erscheinung.
So schnell er erschiene war, so schnell verschwand er auf der anderen Seite des Pfades hangabwärts im Wald. Nur wenige Augenblicke danach brach eine der gigantischen Waldkatzen aus dem Gestrüpp. Ihr Fauchen ließ die Pferde kreischen und Kennet hatte Mühe zu verhindern, dass ihm seines durchging. Es tänzelte rückwärts und bäumte sich auf.
Zum Glück hatte das geisterhaft bleiche Tier keine Interesse an der Gruppe Reiter. Es sprang in zwei Sätzen über den Weg und verschwand seiner Beute nachjagend im Dickicht.
Kennet hatte währenddessen den Atem angehalten, krallte sich am Sattel fest und war zu erschrocken um zu bemerken, dass Hedda die Arme um seine Mitte geschlungen hatte und sich fest an ihn klammerte.
Hedda kniff die Augen zu und wagte es nicht sie wieder zu öffnen. Sie hatte nur flüchtig das riesige Tiere gesehen, doch die Reaktion von Kennet und den Pferden hatten ihr einen solchen Schrecken eingejagt, dass sie sich am liebsten in Luft aufgelöst hätte und um nicht herunterzufallen sich an ihrem Entführer festhalten musste. Ihr Herz schlug hektisch in ihrer Brust und sie zuckte zusammen als in einiger Entfernung der Schrei eines Tieres im Todeskampf ertönte. Er jagte ihr einen Schauder des Grauens über den Rücken. So viel Schmerz und Angst lag darin.
»Bei den Göttern!«
Arvid war der Erste, der sich zu Wort meldete. Der kleine Mann hing schief im Sattel seines Tieres von passender Größe und sprach aus, was den anderen durch den Kopf ging, auch wenn er dabei seine Stimme gedämpft hielt. Man konnte ja nicht wissen ob sich die Waldkatze nicht noch einen Nachttisch holen wollte.
Kennet rieb sich das Auge. Es war alles so schnell gegangen, dass er kurz an diesem gezweifelt hatte. Er fühlte sich ganz zittrig und spürte Hedda hinter sich schwer atmen. Die Gräfin presste sich an ihn, ihre Oberschenkel berührten seine.
»Es ist nichts passiert«, flüsterte er an Hedda gerichtet. Dabei zitterte seine Stimme schwach vor Aufregung und Nervosität.
Die Gräfin reagierte nicht, sondern drückte spürbar ihr Gesicht zwischen seine Schulterblätter. Sie entließ ihn auch nicht aus ihrem Griff als er seiner Stute den Befehl gab sich wieder in Bewegung zu setzen. Nicht, dass es ihm unangenehm war, vor Schreck war ihm eiskalt geworden und die Aussicht darauf, dass das Vieh zurückkommen konnte, ließ ihn frösteln. Er konnte ihre Wärme gut gebrauchen.
Erst nach einigen Minuten im Trab - mehr wollte Kennet den Pferden bei dem Eis nicht zumuten, denn wenn sich eines ein Bein brach, waren sie womöglich schlimmer dran als wenn sie erst dann losgaloppierten wenn die Waldkatze sich näherte - ließ die Gräfin ihren Griff locker, löste ihn aber nicht. Womöglich brauchte sie seine Wärme, spekulierte er, oder sie brauchte etwas um sich daran festzuhalten bis ihre Angst versiegt war. An einen anderen Grund war nicht zu denken, dafür war Kennet zu sehr von der Begegnung erschüttert.
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Blutbesiegelt - Hexenerbe
ParanormalDie Fürstentochter Hedda Droyde von Hers ist dem ansehnlichen Bastard des Herzogs der Eismark versprochen. Doch in der Nacht vor ihrer Vermählung wird sie entführt. Kennet, der Anführer einer Bande Schatzjäger, raubt die junge Frau und ehe sie sich...