Italien

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                         Juliette Streich

Italien. Ich konnte mich an kein Land erinnern, über das Anna öfter geredet hatten. Sie schwärmte für alles. Die Kultur, die Sprache, die Landschaft, einfach alles. Es stimmt, Italien war ein wunderschönes Land und als Anna und ich so durch die schmalen Gassen von Livorno schlenderten, musste ich gestehen, dass meine Freundin mit ihrem langen gelben Sommerkleid, ihren Sandalen und ihren offenen, wehenden Haaren sehr gut in dieses Land passte. Im Sommer wurden Annas Haare immer etwas heller und auf ihrer Nase tanzend dann viele kleine blasse Sommersprossen.

„Was ist?", fragte Anna mich, blieb stehen und musterte mich fragend, „Habe ich noch Eiscreme im Gesicht?"

„Was? Nein", lachte ich und zog sie wieder mit mir, „Ich bin nur einfach glücklich. Alles hier ist so schön..."

„Ich weiß ... All diese bunten Häuser", seufzte Anna und legte den Kopf in den Nacken, um an den Häuserfassaden hochzugucken.

Fast jedes zweite Fenster war geöffnet und Kleidung hing zum Trocknen heraus. Aus einigen Wohnungen kam Musik oder Geschwätz von Menschen.

„Può provare questo, per favore?", kam es von einem Mann mit einem Tablett in der Hand, der vor einem Laden auf und ab ging.

Anna schüttelte lächelnd den Kopf und zog mich weiter.

„Che bel vestito!", rief er uns hinterher, als Anna und ich weiter in der Masse liefen.

„Weißt du, was ich noch so toll hier finde?"

„Mhm?"

„Hier sind die Leute so viel lockerer als in Deutschland...", schwärmte Anna und hakte sich bei mir ein.

„Das stimmt. Wollen wir jetzt vielleicht mal nach einem Einkaufsladen ausschau halten?"

Anna und ich waren den ersten Tag in der Stadt, in der wir ein kleines Ferienhaus abseits der Kernstadt gemietet hatten. Zwar waren wir bereits gestern schon angekommen, aber das war spät abends gewesen und alles, was wir gemacht hatten, war erschöpft ins Bett zu fallen und zu schlafen. Jetzt war es später Nachmittag und wir waren seit drei Stunden in der Stadt unterwegs und bummelten nur von Laden zu Laden.

„Ja, das ist eine gute Idee. Wir dürfen aber nur so viel kaufen, wie in unsere Fahrradtaschen bekommen. Richtig einkaufen können wir dann morgen", erklärte Anna und holte ihr Handy raus, „Ich gucke mal auf GoogleMaps, weil sonst würden wir noch Stunden hier herum irren."

Es war nicht nur unser erster Tag, sondern die Stadt war auch gespickt mit verwinkelten Gassen und Abzweigung. All dies erschwerte die Orientierung.

„Einer ist ganz in der Nähe unserer Räder!", verkündetet Anna.

„Dann lass uns losgehen, denn langsam bekomme ich Hunger..."

————

„Lass uns draußen essen!", sagte ich, als ich zu Anna in die Küche kam.

Es roch so verdammt verlockend in der kleinen Küche, dass mein Magen lautstark grummelte.

„Okay, da hat jemand wirklich Hunger."

„Habe ich doch gesagt!", nörgelte ich.

„Ja, deswegen machen wir ja auch nur Nudeln mit Tomatensoße. Die Nudeln müssen aber leider noch weich werden, es sei denn du möchtest ungekochte Nudeln..."

Seufzend streckte ich mich und holte zwei Teller aus dem Hängeschrank.

„Besteck ist hier", sagte Anna und zeigte mir die Schublade.

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