Kein Happy End?

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                            Juliette Streich


Ich war bereits mit einem komischen Gefühl aufgewacht und jetzt, als ich durch die Straßen auf meinem Fahrrad in Schlangenlinien fuhr, war es immer noch fest verankert in meiner Magengrube. Fieberhaft probierte ich zu überlegen, woher es kommen könnte. Ich hatte alle Klausuren fertigkorrigiert, die es zu korrigieren gab. Der Unterricht für morgen war auch vorbereitet.

Die Frankreichfahrt lag hinter mir und war alles in allem sehr gut abgelaufen. Es war schön mal wieder in Frankreich gewesen zu sein und es war ebenfalls schön, dass ich meine erste Klassenfahrt als Begleitung erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Auch zwischen Anna und mit war alles reibungslos während der Fahrt verlaufen.

Eigentlich war ich heute ins Fitnessstudio gefahren in der Hoffnung, dass das merkwürdige Gefühl mich dann verlassen würde, doch auch nach anderthalb Stunden intensiven Trainings war es nicht weg. Es war zwar angenehm draußen, doch nachdem ich Sport gemacht hatte, hatte ich mir meinen Pullover übergezogen. Gedankenverloren bog ich in die Straße unserer Wohnung ein.

„Wir müssen reden."

So begrüßte Anna mich, als ich die Wohnung betrat. Verwundert über die Ernsthaftigkeit in ihrer Stimme stellte ich meine Sporttasche ab und folgt meiner Freundin in das Wohnzimmer. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was meine Freundin jetzt ernstes bereden sollte. Anna setzte sich auf das Sofa und deutete an, dass ich mich neben sie setzten sollte.

„Was ist los?", fragte ich beunruhigt und legte meine Hand auf die Hand von Anna.

Waren wir in der Schule aufgeflogen? War etwas mit meiner Familie passiert?

„Ich weiß nicht so genau wie ich anfange soll, ohne dass das blöd klingt...", stammelte Anna und ich merkte, wie sich die Ältere verkrampfte.

„Ann...", sagte ich liebevoll, „Du weißt doch, dass du bei mir alles sagen kannst, ohne Angst vor einer doofen Reaktion zu haben."

Anna guckte mich kurz an und dann schnell wieder weg.

„Okay...", sie atmete tief durch, „In den letzten Tagen oder eher Wochen habe ich über die Zukunft nachgedacht. Ich war bei meiner Mutter und wir haben uns etwas unterhalten..."

Ich erinnerte mich an den Tag, als Anna ihre Familie besuchen wollte. Mir war danach nichts Ungewöhnliches aufgefallen, aber jetzt wo sie so vor mir saß merkte ich, dass Anna sich lange ihre Worte zurecht gelegt hatte.

„Ich bin jetzt fast Mitte 30 und-"

„Anna, du bist 33!", unterbrach ich sie lachend, erleichtert, dass es anscheinend nichts Schlimmes war, was Anna mit mir bereden wollte.

Doch schnell merkte ich, dass Anna heute nicht für diese Art von Scherz in Stimmung war, denn ich kassierte einen bitterbösen Blick.

„Ja genau. Vielleicht verstehst du das nicht, aber..."

Meine Freundin brach ab. Auf einmal kam das komische Gefühl, was mich bereits den ganzen Tag begleitet hatte, mit voller Wucht zurück und vielleicht würde ich bald einen Grund dafür haben.

„Anna Lilienthal, was ist los?"

„Ich wollte mit dir über unsere Zukunft reden. Ich wollte das eigentlich schon mal in Italien ansprechen und dann in Frankreich, aber es war nie der passende Moment. Ich will wissen, wie du dir das vorstellst und was du möchtest. Haus, Kinder, Heirat...", sprudelte es auf ein Mal aus Anna raus.

Für einen Moment guckte ich sie ungläubig an, dann fing ich an zu lachen.

„Achso... Dann bin ich aber erleichtert. Ich dachte, da kommt etwas Schlimmes auf mich zu!"

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