Zurück in die Vergangenheit

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Juliette Streich

„Gestern haben wir festgestellt, dass wir uns kaum noch an unsere gemeinsame Schulzeit erinnern können...", sagte ich beim Frühstück auf dem Balkon und Anna musste bei meiner Wortwahl laut loslachen, „Deswegen helfen wir uns jetzt auf die Sprünge."

„Du willst doch nur wieder hören, wie ich dich im Sportunterricht beobachtet habe", grinste Anna und biss von ihrem Croissant ab.

„Vielleicht...", gab ich zu, „Aber ich glaube es immer noch nicht! Ich habe das nie gemerkt!"

„Das war ja auch der Punkt dabei!", lachte Anna.

„Gut das ich dich jetzt schamlos angucken kann..."

„Ja, das ist wahr. Jetzt kannst du wenigstens unbesorgt auffällig starren", gab Anna immer noch lachend von sich.

„Es war doch gar nicht so auffällig", schmollte ich und zog das >>so<< in die Länge.

„Oh doch! Im Deutschunterricht war es mir sogar manchmal etwas peinlich, weil ich dachte, dass es alle im Raum mitbekommen."

„Was kann ich dafür, wenn dein Shirt jedes Mal hochgerutscht ist, wenn du was an der Tafel geschrieben hast... Oder erst der Ausblick, wenn du dich am Pult gebeugt hast..."

„Und deswegen trage ich jetzt zur Arbeit auch keine T-Shirts mit V-Ausschnitt mehr...", kommentierte Anna mein Gesagtes trocken.

„Das sollte ich mir auch merken..."

„Es sei denn, du möchtest deine Schülerin rumgekommenen", zwinkerte meine Freundin.

„Ich überleg es mir noch", sagte ich gespielt nachdenklich und kassierte dafür einen Klaps auf den Arm, „Nein, das war natürlich nur ein Spaß. Wann war denn das erste Mal wo du es bemerkt hast, dass ich dich so angeguckt habe?"

„Mhm", überlegte Anna „Ich glaube, das war irgendwann in Deutsch. Ihr solltet eine Stillarbeit machen und da ist es mir aufgefallenen, dass du lieber mich anguckst, als das Blatt vor dir."

„Ich dachte immer, dass ich es wirklich gut getarnt habe..."

„Schatz, schnell aus dem Fenster gucken, wenn man dich erwischt hat ist nicht gerade gut getarnt! Hättest du es gut getarnt, hätte ich nicht angefangen dich auch zu beobachten", sagte Anna schulterzuckend.

„Du hast es mir zwar schon erzählt, aber ich kann nur jedes Mal sagen... Das habe ich nie geregt. Du bist definitiv besser im heimlich Beobachten", stelle ich fest.

„Tja, ich habe als Lehrerin auch ein paar mehr Freiheiten. Du musst schreiben und ich habe da vorne nichts zu tun, also konnte ich meine Lieblingsschülerin so lang beobachten, wie sie halt arbeiten musste", grinste Anna, „Weißt du, was ich immer noch liebe?"

„Hoffentlich mich?"

„Ja, dich natürlich auch... Aber ich meinte eigentlich, dass du nach all diesen Jahren dir immer noch auf die Unterlippe beißt, wenn ich dir etwas erkläre."

Ich ließ sofort meine Unterlippe los und probierte ein Lächeln zu verbergen.

„Ja, als ich das damals bemerkt hatte, musste ich mich immer zusammenreißen, nicht die ganze Zeit auf deinen Mund zu starren... Und dann hast auch immer mit deinen Fingern auf dem Tisch gemalt, wenn dir langweilig war und all das hat mich so oft abgelenkt", erzählte Anna weiter und blickte dabei leicht verträumt auf meine Kaffeetasse, die ich mit meinen Fingern umschlossen hatte.

„Wie bin ich nur damals durch mein Abitur gekommen?", lachte ich.

„Gott, ein Segen, dass du es geschafft hast! Noch länger hätte ich es nicht ausgehalten!"

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