Kapitel 4

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„Valentina! " schrie ihre Mutter ihr aus der Küche entgegen. 

Mit einem Augenrollen betrat sie die Küche, wo sie ihre Eltern an der Kücheninsel sitzend vorfand. Sie hatten eine große und gut eingerichtete Küche in einem hellen Grün und Weiß.

Drei dampfende Pastateller standen auf der Platte, in ihrer Mitte ein großer Topf und zwei Weinflaschen. 

„Ich esse also doch mit, oder wie?" fragte Valentina mit hochgezogener Augenbraue und grinste ihre Mutter dabei an. 

„Nur weil ich dir verzeihe und wir wichtige Familienangelegenheiten besprechen müssen." antwortete sie ihr mit einem Schnauben. 

Ihr Vater grinste sie schief an, wurde aber beim Blick seiner Ehefrau sofort wieder ernst. 

„Ich habe endlich die Infos die wir seit Wochen suchen!" sagte Valentina während sie sich setzte. Ihre Eltern sahen sie mit auffordernden Blicken an. 

„Am Freitag wird es eine große Waffenlieferung im Hafen von Ancona geben. Die werden wir natürlich abfangen, die Mexikaner haben genug Stress gemacht." sagte sie und grinste ihren Vater an. 

Dieser lachte böse vor sich hin „Sehr gut. Wir werden ihnen die Waffen stehlen und klarmachen, wer hier in Italien das Sagen hat." 

„Aber was ist mit den Rossi's?" fragte meine Mutter. 

Ach ja die Rossi's. 

Die andere herrschende Mafiafamilie hier in Italien. 

An deren Spitze stand Alessandro Rossi mit seiner Frau Gorgia Conti, welche die Kindheitsfreundin ihrer Mutter Valeria war. 

Trotz der Feindschaft zwischen den beiden Familien war ihre Freundschaft erhalten geblieben und mit Erlaubnis ihrer Ehemänner und strickten Sicherheitsmaßnahmen durften sie sich ab und zu treffen. 

Der Erbe der Familie war Lorenzo Rossi

Schon allein sein Name reichte, um seinen Feinden einen Schauer über den Rücken zu jagen. Er war einer der brutalsten und gefährlichsten Männer der Welt. 

Valentina hatte ihn bisher noch nicht persönlich getroffen, denn sie war eher mit seinen Männern beschäftigt, welche sie einen nach den anderen abschlachtete. Aber sie hatte sich geschworen, dass sie es sein würde, die ihm ein Ende bereiten würde. 

Die Rivalität zwischen den Familien war spürbar. Sie waren die mächtigsten Familien Italiens und kämpften um das gesamte Gebiet zu erobern. Der Norden war ihr Gebiet und der Süden der der Rossi's.

„Was soll mit denen sein?" fragte Valeria mit gelangweiltem Blick „Wieso sollten wir sie fürchten? Sie haben ihren Hauptsitz in Vieste, sie haben sehr wahrscheinlich keine Ahnung von dieser Waffenlieferung und wenn sie davon wüssten, würden sie sich nicht nur für ein paar Waffen in unser Gebiet trauen." 

„Das bedeutet aber nicht, dass du nicht trotzdem vorsichtig sein musst! Organisier ein paar Männer die mit dir mitkommen." sagte ihr Vater in gebieterischem Ton. 

Si, naturalmente padre. (Ja natürlich Vater)" antwortete sie mit zusammengebissenen Zähnen. 

Wie sehr sie es hasste herumkommandiert zu werden. Jetzt musste sie auch noch einige ihrer Männer anheuern mit ihr mitzukommen, wo sie allein viel besser klarkam. 

Aber Befehl ist Befehl, wie sie es die letzten 22 Jahre ihres Daseins eingetrichtert bekommen hatte. 

Nach dem Mittagessen tätigte sie noch einige Anrufe, ging mit ihrem Untergeordneten und ältesten Freund Riccardo und seinen Männern den Plan für den Überfall noch einmal im Detail durch. Riccardo Ferretti war die rechte Hand ihres Vaters und hatte sie seit sie fünf war ausgebildet. 

Nach dem Anruf begab sie sich über die Marmortreppe in das Obergeschoss. Auch hier war alles strahlend weiß. Am Ende des Flurs führte ein Fenster zu einem riesigen Balkon mit Aussicht auf eine wunderschöne Landschaft. Sie bog rechts ab und betrat ihr Zimmer.

 Es war der einzige Raum des Hauses, der dunkle Möbel beinhaltete. Am liebsten hätte Valentina auch die Wände schwarz gestrichen, doch ihre Mutter hatte ihr gedroht, sie aus der Familie zu schmeißen und so hatte sie nach langen Diskussionen aufgegeben. 

Ihr Zimmer war groß und in der Mitte des Raumes stand ein großes Doppelbett übersät mit schwarz und weißen Kissen. Drei Türen führten zu angrenzenden Räumen. Eine führte in ein großes Marmorbad, eine andere in ein Ankleidezimmer, was hauptsächlich mit schwarzen Kampfklamotten gefüllt war und die dritte Tür führte zu ihrem eigenen Waffenarsenal. 

Wie sehr sie diesen liebte. 

Der ganze Luxus war ihr egal, es gab Zeiten im Leben, da hatte sie nicht einmal ein Hemd besessen, doch dieses Zimmer liebte sie einfach. Hier konnte sie trainieren und fühlte sich wie in ihrer eigenen Welt.

Sie entschied sich dafür, sich ein kaltes Bad einzulassen. 

Es war ein heißer Tag gewesen und beim Töten und Foltern war das nicht von Vorteil. 

Nachdem sie sich ausgezogen hatte legte sie sich in das kalte Wasser und versuchte die verspannten Schultern zu lockern. 

Sie schaute erst gar nicht auf ihren Narbenübersäten Körper. 

Es erinnerte sie an all die Qualen, all den Schmerz den sie durchlebt hatte. 

Zu viele Erinnerungen an die Vergangenheit. Deswegen sah sie sich so ungern im Spiegel an. Sie wusste, dass sie schön war, aber ihre Narben, vor allem die, die man trotz Kleidung sehen konnte, hasste sie. Die an ihren Händen, die zeigten, wie oft sie im Leben schon Menschen geschlagen hatte. Die Armlangen Narben, die ihr unter Folter hinzugefügt worden waren.

 Und das war nur der Anfang. 

So viele Narben. 

Nicht nur körperlich sondern auch in ihrem Inneren. 

Dort konnte man sie zwar nicht sehen und sie versuchte sie hinter ihrer eiskalten Maske zu verbergen, doch manchmal spürten es die Menschen um sie herum. 

Es waren nicht die Narben an sich die sie hasste, sondern die damit verbundenen Erinnerungen, die drohten sie in die Dunkelheit zu ziehen und zu verschlucken.

„Fuck, zu viele Gedanken." schnaubte sie und stieg aus der Wanne. 

Sie zog sich einen weisen Seidenmantel an und setzte sich mit einem Buch auf ihre Terrasse. Wenn jemand wüsste, dass die berühmte Erbin der degli Angeli es liebte Bücher zu lesen, würde sie ausgelacht werden.

Von hier aus hatte sie einen wunderschönen Ausblick auf die Landschaft um Corinaldo. Die Stadt war auf einen Hügel gebaut und ihre Familie besaß eine Villa auf einen gegenüberliegenden Hügel. Somit konnte sie von ihrem Balkon die wunderschöne alte Stadt sehen, dessen Häuser alle aus kleinen Ziegelsteinen bestanden. 

Nach einigen Stunden kam ein Diener rein, der ihr mitteilte, dass es bald Abendessen auf dem großen Balkon geben würde. Eilig zog sie sich schwarze Shorts mit einem dunkelroten Crop Top an und ging auf den Balkon. Mitten auf dem Balkon stand zwischen zwei langen Sitzbänken ein großer weißer Holztisch, welcher bereits gedeckt worden war.

Ihre Eltern, welche bereits auf sie warteten, waren in einem Gespräch verwickelt und flüsterten geheimnisvoll miteinander. 

„Was geht hier vor?" fragte Valentina mit hochgezogener Augenbraue und verschränkte die Arme.

 „Ach tesoro (Schatz), ist doch alles gut, setz dich erst mal!" sagte ihr Mutter in einem schmeichelnden Ton, was sie noch misstrauischer machte. 

Langsam setzte sie sich und sah die beiden mit einem skeptischen Blick an. 

„Kommt schon, spuckt es aus, ich bin nicht dumm, ich merke, dass ihr etwas vor mir verbergt." 

„Also gut...wir wollten die mitteilen..."fing ihr Vater an, wurde aber von seiner Frau unterbrochen. 

„In Rom findet ein großer Ball statt an dem alle bedeutendsten Mafiafamilien der Welt teilnehmen werden!" platzte es aus ihrer Mutter raus.

Mafia QueenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt