Und so saßen sie da.
In angenehmer Stille, als wären sie zwei alte Freunde, die sich schon eine halbe Ewigkeit kannten.
Valentina, die ein Leben lang gelernt hatte, dass Gefühle und Emotionen schwach machten, wusste nicht was sie tun sollte. Sollte sie die Erbin ihrer Mafia sein oder einfach nur Valentina?
Sie entschied sich aus Pflichtgefühl zu ihrer Familie für ersteres, setzte sich plötzlich aufrechter hin, was auch Lorenzo bemerkte.
„Heute werde ich dich, wegen des Balles, nicht umbringen. Doch mach dich darauf gefasst, dass ich zuerst jeden deiner Männer, dann all ihre Familien und dich als letztes umbringen werde. Wenn ich mit dir fertig bin wirst du um deinen Tod als Erlösung betteln." drohte sie ihm eiskalt und sah ihm tief in die Augen.
Ihre eiskalte Fassade bröckelte, als sie auf der Toilette ankam und Wut zeichnete sich in ihrem Gesicht ab.
Sie dachte über den Mann nach, der ihr größter Feind war. Sie versuchte alle Gefühle zu unterdrücken und nur Wut zu verspüren, doch sobald sie an seine Hände dachte, wie sie über ihren Körper wanderten oder seine feurigen Blicke während des Tanzes, konnte sie ihre Emotionen nicht länger ausblenden.
Dieser Mann hatte sie gefesselt und sie hasste sich dafür.
Sie wusste sie spielte mit dem Feuer, denn er war ihr Feind, doch sie kam nicht von ihm los.
Wie um ihre Gedanken loszuwerden schüttelte sie den Kopf und fuhr sich mit dem Lippenstift ihre Lippen nach. Um sich abzulenken, dachte sie an den Mexikaner.
Alejandro Rodriguez.
Dieser Bastard, war ihr nach dem Tanz gefolgt.
Sie hatte es gespürt und hatte absichtlich einen entfernten Raum gesucht. Als er auf dem Balkon zu ihr getreten war und anfing sie mit lächerlichen Komplimenten zu umwerfen, war ihr der Kragen geplatzt.
Und dann hatte er sie auch noch angefasst.
Er musste wirklich noch nie etwas von ihr gehört haben.
Wenn er gewusst hätte, dass sie zwei Tage zuvor eine Waffenlieferung seines Vaters ausgeraubt hatte, hätte er sicherlich nicht so reagiert. Als er ihr dann auch noch androhte sie mit Geld von ihrem Vater zu kaufen, war es mit ihrer Geduld vorbei gewesen.
Wie konnte dieser mascalzone (Schurke) nur denken, dass ihr Vater sie an ihre größten Feinde verkaufen würde?
Und dann hatte sie sein Lachen gehört.
Auch jetzt jagte es einen wohligen Schauer über die Schulter. Das Bild, dass sie vor sich gesehen hatte, wie er vom Mondlicht beschienen, ganz in schwarz an der Wand gelehnt hatte und zu ihr rüber gegrinst hatte, war unvergesslich. Als er sie dann in seinen Armen gehalten hatte und sie sich gegenseitig ihre Masken ausgezogen hatten, hatte sie für einen Moment ihre Kontrolle verloren.
Vor ihr stand ein Gott von einem Mann.
Grüne Augen, dichte Augenbrauen und eine gerade Nase. Seine wilden, ungestylten Locken, die so aussahen, als würde er oft mit seinen Fingern hindurch fahren. Hohe Wangenknochen und ein kräftiger Kiefer prägten sein markantes Gesicht. Sie lies ihren Blick unaufhörlich über sein Gesicht schweifen und versuchte hinter die Fassade dieses Mafiabosses zu blicken.
In seinen Augen fand sie Neugierde, Wut und eine endlose Dunkelheit, die drohte sie zu verschlucken. Sie hatte sich nur unter großen Anstrengungen von ihm abgewandt.
Und nun stand sie da, sah sich im Spiegel und sah diese grünen Augen vor sich.
Sie waren hypnotisierend.
Doch dann kam sie wieder in die Wirklichkeit zurück und sah sich selbst.
Sie wandte den Blick ab.
Wie sehr sie es hasste sich selbst zu sehen. Ihre Hände erinnerten sie an alle Gräueltaten, die sie mit ihnen begangen hatten. In ihren Augen spiegelten sich die Bilder die sie schon ihr Leben lang verfolgt hatten, in ihren Ohren hallten die endlosen Schreie nach. Traurig und von ihren ganzen Emotionen genervt wandte sie sich ab.
Sie hatte schon so lange keine so starken Emotionen wie in den letzten Tagen gehabt und es kränkte sie, dass es ausgerechnet Lorenzo Rossi war, der diese in ihr weckte.
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Mafia Queen
AzioneValentina degli Angeli und Lorenzo Rossi. Zwei Erben der mächtigsten Mafias Italiens. Jahrelanger Hass zwischen den Familien. Was wird geschehen, wenn sie dazu gezwungen sind, zusammenzuarbeiten?